Nachdem das Kavenz VHP16 nun eine gesamte Saison über die Trails gejagt wurde, ist es nun Zeit für das Fazit zu unserem Testaufbau. Im Testzeitraum wurde das Bike nicht nur über die Hometrails im Pfälzer Wald und nördlichen Schwarzwald gescheucht, sondern auch nach Portugal, Südfrankreich und einige Male zum Reschenpass entführt. Es musste auf Tour genauso hinhalten wie im eher ruppigen Nauders und im sprunglastigen Evo Bikepark oder in Lac Blanc.

  1. Der Rahmen
  2. Das EXT Fahrwerk
  3. 77designz Lenker und Vorbau
  4. BikeYoke – Sitzen und Versenken
  5. Die We Are One Laufräder
  6. Magura MT7 – Die Bremsen
  7. Der SRAM GX AXS Antrieb
  8. Der gesamte Aufbau
  9. Das Fazit

Das Kavenz VHP16

Nachdem ich den Testaufbau abgeschlossen hatte, ging ich davon aus, das Kavenz VHP16 überwiegend auf alpinen Trails oder im Bikepark zu bewegen. Der „Parkplatztest“ suggerierte mir: Groß, träge, schwer! Doch wie falsch ich damit liegen würde, offenbarte bereits die erste Ausfahrt. Entgegen meinen Befürchtungen fühlte ich mich auf dem Kavenz von beginn an extrem wohl. Die herstellerseitige Empfehlung, das Rad mit einer Semi-Custom Geometrie zu fahren, ging voll auf. Kombiniert wurde ein Reach von 480 mm aus Größe L mit einer Sitzrohrlänge von 420 mm, welcher für Rahmengröße M angedacht ist. Zusammen mit dem kurzen 110 mm kurzem Steuerrohr, passte das Rad von Beginn an wie ein Turnschuh. Diese Größe ist im Übrigen ganz normal bei Kavenz bestellbar.

Kavenz VHP16Shooting Pfalz 8560 scaled Cycleholix

Anpassung der Geometrie gab es meinereseits über den Vorbau, denn ich empfand den kurzen 77Designz 35 mm OnePiece Stem als weniger ideal. Auf langsamen oder ebenen Strecken fand ich das Handling des Bikes als etwas kippelig und auch so richtig viel Druck konnte ich über das Vorderrad nicht generieren. Der Wechsel auf den gleichen Vorbau in 45 mm Länge brachte umgehend die erwartete Abhilfe. Von diesem Moment an habe ich mich extrem gut ins Kavenz integriert gefühlt und das etwas kippelige Gefühl war verschwunden. Im Grunde kann ich sagen, dass ich selten ein Bike gefahren bin, welches mir in Punkto Geometrie so gut getaugt hat. Das VHP16 bescherte mir ein sicheres Fahrgefühl und ohne großes zutun waren meine Strava Zeiten der Fahrten mit meinem eigentlichen Enduro Bike, dem IBIS Ripmo geknackt.

Kavenz VHP16
Der OnePiece Stem in 45 mm Länge passte für mich wesentlich besser zum VHP16

Da für mich die Tourentauglichkeit des Kavenz VHP16 weit oben auf dem Programm stand, war ich umso überraschter, WIE gut das Bike klettert. Damit meine ich, dass es nicht in Relation zu anderen 170/160 mm Bikes gut die Berge hoch geht, sondern auch zu meinem kleinen, leichten IBIS Ripley sehr nah aufschließt. Grund ist dafür maßgeblich die weit nach vorn verlagerte Sitzposition durch den 77,5° steilen Sitzwinkel und das für meine Verhältnisse lange Oberrohr. Der EXT Storia Lok V3 wurde von mir meist offen gefahren, denn selbst ohne zugeschaltete Plattform blieb er im Uphill hoch im Federweg und wippte nahezu gar nicht. Befürchtungen, die Umlenkrolle des VHP Systems könnte zuviel Reibung erzeugen, blieben unbestätigt. Jedoch erfordert der Antrieb stets eine gute Schmierung, denn nach langen Ausfahrten waren schon einige Laufgeräusche der Kette zu spüren. Trockenschmiermittel, welche ich gern verwende, stehen ölhaltigen Schmiermitteln dabei etwas in ihrer Wirkung nach. Nach gut 1000 km auf dem Rad ist die Umlenkrolle noch in dem Zustand, dass ich wohl die aktuelle Saison damit problemlos durchfahren kann.

VHP16
Diese Saison hält die Rolle noch durch

Was mich extrem begeistert hat ist die Ruhe, mit welcher das VHP16 über die Trails gleitet. Kettenschlag ist kaum hörbar gewesen. Ruppige Trails wurden akkustisch lediglich durch den (in meinen Ohren unsäglich) lauten IndustrieNine Freilauf und das schlürfende Geräusch der Federung untermalt. Das Kavenz verhät sich in engen Passagen wendig genug, um auch enge Spitzkehren nicht zum Kraftakt werden zu lassen. Dabei nimmt der Hinterbau kleine Unebenheiten auf, ohne den Fahrer dabei gänzlich vom Untergrund zu isolieren. Richtig in seinem Element ist das VHP16 allerdings erst, wenn es richtig scheppert. Subjektiv legt das Bike an Souveränität und Sicherheit zu, umso schneller man unterwegs ist und umso mehr man dem Bike vertraut. Es fühlt sich so an, als könne man den Hinterbau nicht wirklich an die Grenzen bringen, welche man bereitwillig immer weiter auslotet. Der EXT Dämpfer erzeugt richtig viel Grip am Hinterrad und verschenkte den Federweg nicht unnötig. Das Hinterrrad glitt sprichwörtlich wie auf Schienen über den Trail und hielt das Heck am Boden. Bei Absprüngen benötigte das Rad allerdings etwas Nachdruck um in die Luft zu gehen.

Kavenz VHP16 8958 scaled Cycleholix
Kettenstrebenschutz war einmal – wird Zeit für den neuen von KAVENZ

Das Fahrwerk

Selten ist es für mich so schwierig gewesen, ein Fahrwerk zu beurteilen. Am besten lässt sich der Test mit dem Satz zusammenfassen: „WENN das EXT Fahrwerk funktioniert ist es grandios“. Ich möchte damit nicht zu negativ auf die EXT Federungskomponenten blicken, doch stach die gesamte Testreihe nicht unbedingt durch besondere Zuverlässigkeit hervor. Aber der Reihe nach:

Optisch sind meiner Meinung nach die Federelemente von EXT ein absoluter Eyecachter. Auch wenn man die Produkte während einem Service einmal von innen sieht, bestechen diese durch ein extrem hochwertiges Design. Nicht dazu passen will, dass der Versteller der LSC der Gabel nur mit viel Kraft betätigt werden kann und man dazu sicherheitshalber besser anhält, denn man muss den Versteller der HSC dafür festhalten.

CHX 25 CycleholixSchon nach den ersten Fahrten war mir klar, dass mir die EXT ERA V2 viel zu straff ist. Nach diversen Telefonaten mit Schnurrtech, einigen Abstimmungsversuchen meinerseits und „Extremeinstellungen“ wie üppige 30% Sag, beide Luftkammern mit gleichem Luftdruck und Druckstufen ganz offen, schaffte ich es noch immer nicht, den gesamten Federweg zu nutzen. Egal wie ich mich anstellte, es blieben grundsätzlich 5-6 cm Federweg an der Front unangetastet. Beim Überrollen kleinerer Hindernissen blieb die Gabel hinter den an sie gestellten Erwartungen und ihrer gelobten „Small Bump Compliance“ zurück, denn hier sprach sie nahezu überhaupt nicht an. Erst das schnelle Überfahren größerer Hindernisse brachte erst geringe Bewegung ins Spiel. Daraus resultierten dicke, zugelaufene Unterarme nach bereits 2-3 Minuten Trailtime und schmerzende, müde Hände. Auch ließ sich so kein ausgewogenes Setup zwischen Gabel, und hervorragend arbeitendem Hinterbau erzeugen.

Kavenz VHP16
Wertiger kann ein Federbein kaum aussehen

Dies resultierte dann in einem Hausbesuch bei Schnurrtech, während welchem die Gabel nicht nur einen kompletten Service erhielt, sondern auch mit einer leichten Druckstufendämpfung ausgestattet wurde. Mit diesen vielversprechenden Arbeiten ging es erneut auf die Trails – ohne einen wirklichen Unterschied zu spüren. In der Zwischenzeit, nach drei Monaten im Bike, erforderte auch der EXT Storia Lok V3 einen kompletten Service. Zuerst wurde die Dämpfung bei Erwärmung des Stahlfederdämpfers unwirksam. Auf sprunglastigen Trails (Evo Bikepark) war am Traileinstieg noch alles okay, während nach ein paar Minuten Jumpline die Dämpfung stark nachließ. Zum einen rauschte der Storia durch den Federweg, katapultierte mich bei den Absprüngen aber auch unangenehm heraus. Bei einem Körpergewicht von rund 82 Kg und 400er Feder musste ich generell die Zugstufe gänzlich geschlossen fahren, sodass hier eine schnelle Anpassung auf dem Trail auch keine Lösung war. Mit der 400er Feder, erreichte ich mittels 2 Umdrehungen Vorspannungen exakt 30% Sag. Kurz darauf fing der Dämpfer so stark an zu quietschen, dass nur ein Service eine einwandfreie Funktion wiederherstellen konnte. An der Stelle die Frage: Wieso ist die Plastikscheibe auf dem Dämpferkolben nicht fixiert? Sie klappert bei der Fahrt wild herum, was nur durch Ankleben an den Anschlagpuffer, ebenfalls auf dem Dämpferkolben, gelöst werden kann. Bei einem solch teuren Produkt finde ich einfach keine Antwort dazu.

VHP16
Die Plastikscheibe auf der Kolbenstange klapperte nervig herum. Bei einem solchen HighEnd Produkt Pain in the arse!

Nach weiteren Telefonaten und Troubleshooting war die Lösung des Problems der Era eingegrenzt – die innere Reibung, verursacht durch zu enge Gleitbuchsen, muss zu hoch sein. Die Gabel ging erneut zu Schnurrtech und das Casting wurde testweise getauscht. Und siehe da: Von dem Moment an kam Leben in die Bude! Bei meinem Gewicht von 82 Kg fuhr ich in der primären Luftkammer (+) 65 PSI und in der sekundären (++) 90 PSI. Die HSC hatte ich je nach Trail nur 4-6 Klicks geöffnet und die LSC recht weit zu. Eine genauere Aussage kann ich dazu nicht treffen, weil der Versteller keine wirklichen Klicks zu erkennen gibt. Nach dem Service war die Performance der Era wirklich sehr gut und wer eine Gabel sucht, welche sehr hoch im Federweg steht und diesen nur freigibt wenn er wirklich benötigt wird, ist hier goldrichtig. So hatte ich ein sehr sicheres Gefühl mit dem VHP16 immer genügend Federweg zur Verfügung zu haben und an Steilstufen, wie auf dem bekannten Heideralm-Trail am Reschenpass nicht abzutauchen. Die Era fährt sich eher straff, aber dafür sehr erhaben. Mir persönlich war die Zugstufe etwas zu teigig. Dazu muss ich erwähnen, dass ich generell ein eher schnelles Low Speed Rebound fahre, und den High Speed Rebound ein gutes Stück schließe. Dies ermöglicht mir sehr hoch im Federweg zu bleiben und nach harten Landungen nicht durch die ausfedernde Gabel „abgeschossen“ zu werden. Warum EXT bei den hochpreisigen Produkten, welche ausdrücklich für Racing entwickelt wurden, keine externe Verstellung des High Speed Rebounds anbietet, kann ich nicht nachvollziehen. Dies würde die Möglichkeit zur individuellen Anpassung deutlich erweitern.

Kavenz VHP16Doch leider ließ auch hier ein Problem nicht lange auf sich warten: Die Performance der Gabel nahm nach harten, schnellen Trails sporadisch spürbar ab. Dies lag diesmal nicht an den „Innereien“ der Era, sondern die Demontage des Vorderrades gab Aufschluss: Nach dem Öffnen der mit dem nötigen Drehmoment von 13 Nm angezogenen Konterschraube der Steckachse zogen sich die Enden des Castings schlagartig zusammen. Offenbar scheint bei meiner Gabel die Klemmung den seitlichen Kräften der Nabe nicht standzuhalten, sodass sich das Casting successive auseinander dehnt und über die Steckachse wandert. Die EXT Era ist mit Ausfallenden für SRAM Torque Caps ausgestattet. Ich persönlich nutze diese nicht (und kenne nur sehr wenige die dies tun). Dafür wird die Montage des Vorderrades aber umso fummeliger. Gegebenenfalls verstärken diese Kappen das Gabel/Laufrad-System in dem Maße, dass die Achse sich, wie in meinem Fall, nicht wie beschrieben herausarbeitet. In dem Test konnte ich keine Erfahrungswerte dazu sammeln.

Shooting Pfalz 8711 scaled CycleholixAuch die nächsten Themen des EXT Storia Lok v3 ließen nicht lange auf sich warten. Zuerst fing die verbaute 400er Feder an bei jeder Bewegung hässlich zu knarzen. Nach einem Tausch auf die ebenfalls vorhandene 450er Feder dauerte es nicht lange, bis auch diese mit den gleichen Geräuschen auf sich aufmerksam machte. Per Hand lassen sich die Federn auf dem Federteller radial herumschieben und sich das Geräusch somit nachstellen. Dabei war es für mich unerheblich, ob ich testweise keine, oder gar sechs Umdrehungen Vorspannung gewählt habe. Ein weiterer Punkt welchen ich an dem EXT Fahrwerk leider kritisieren muss, ist das jeweilige für das Kavenz gewählte Tune. Um den Rebound von Gabel und Dämpfer ins Gleichgewicht zu bringen, war die Zugstufe der Era gänzlich geöffnet, während die des Storia am geschlossenen Anschlag justiert war. Da wir die Gabel direkt von EXT erhalten haben und den Dämpfer von Kavenz, gehe ich davon aus, dass hier einfach die Tunes nicht auf einander abgestimmt waren. Diese Tunes können im Übrigen bei SchnurrTECH auf Kundenwünsche angepasst werden, sodass jeder ein Fahrwerk nach persönlichen Vorlieben erhält.

Kavenz VHP16
In der zwischenzeit hielt ein Fox Float X2 Einzug

Wärend der Wartezeiten auf Reperaturen und Service der EXT Federelemente kaufte ich eine passende Fox 38 Factory (170 mm, Factory, Grip2) und einen Float X2 Factory Dämpfer. Letzterer wurde mit dem passenden Tune für das Kavenz VHP16 ausgestattet. Leider verlor der Float X2 bereits nach der ersten Ausfahrt Öl aus einem RVS Einsteller der Dämpfung. Nach einer binnen 5 Werktagen bearbeiteten Reklamation war das Problem nachhaltig behoben. Da ein Test der Fox Federelemente in dieser Aufbaustory keine übergeordnete Rolle spielen soll, kann ich lediglich sagen, dass der Luftdämpfer dem Kavenz eine ganz neue Dynamik einhaucht. Auf der positiven Seite steht eine erhöhte Poppigkeit und auf der negativen Seite – nichts! Mit dem Float X2 lässt sich das Bike spielerisch in die Luft bewegen und fühlt sich sprichwörtlich ein paar Kilo leichter an. Meiner Meinung nach passt die Luftkennlinie extrem gut zu dem Kavenz VHP16. Hinweis an Kavenz: Lasst doch die Plattform des Float X2 etwas straffer abstimmen, denn der Dämpfer wippte geschlossen deutlich mehr als der EXT Storia. Ich gehe schwer davon aus, dass Luftfederelemente anderer Hersteller, wie der EXT Aria, ebenfalls sehr gut mit dem Hinterbau harmonieren. Ein Vergleich EXT Stahlfeder vs. Fox Luft wäre daher in diesem Fall nicht fair. Die Fox 38 ist eine der Referenzprodukte in dem Segment, und auch wenn sie eher zu der straffen Sorte zählt, enttäuschte sie nicht. Im Vergleich zur Ext Era sprach die 38 etwas sensibler an, stand aber nicht so schön „supportive“ im Federweg. An steileren Stufen, wie in der letzten Sektion des Schöneben Trails in Reschen stellte sich im 1:1 Test die Era als souveräner heraus. Zur Verteidigung der Fox Gabel möchte ich jedoch abschließend erwähnen, dass ich die Anzahl der Volumenspacer nach der Lieferung nicht geändert habe und auch die Druckstufen nach drei Tagen hartem Geballer in der Region am Ende eher komfortabel als „racig“ abgestimmt waren.

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Passend zum Float X2: In der front eine Fox 38

Eine Kaufempfehlung fällt mir im Punkt Fahrwerk sehr schwer. Biker die es auf dem Trail richtig stehen lassen und gleichzeitig über den nötigen Support des Herstellers/Distributors verfügen, erhalten mit ERA V2 und Storia Lok V3 ein Fahrwerk, welches eine überragende Performance liefert. Pro-Rider, oder die die sich dafür halten, werden Spaß an den vielfältigen Einstellmöglichkeiten der Federelemente finden und gern nach jedem Run wieder an den Knöpfen herumschrauben. Wenn man mit seinem (zuverlässigen) Fahrwerk ein Grundsetup finden möchte um dann ohne viel Gedanken daran „einfach nur Biken“ will, wird meiner Meinung nach bei anderen Herstellern glücklicher.

Shooting Pfalz 8547 scaled Cycleholix

Die Bremsen

Nachdem ich in den letzten Jahren mit Magura Bremsen nicht immer nur gute Erfahrungen gemacht habe, lassen die Exemplare im VHP16 keinen Anlass zur Kritik. Der Druckpunkt der Magura MT7 bleibt auch nach längeren Abfahrten stabil und die Scheiben schleiffrei. Beachtet man, die Bremszylinder beim Belagwechsel mit Druckluft aus der Dose (sollte in keiner Werkstatt fehlen) abzublasen bevor man die Zylinder zurück drückt, fahren diese auch im Nachhinein im großen und ganzen synchron aus. Die montierten HC3 Bremsgriffe fassen sich sehr gut an und lassen sich auch auf ruppigen Trails sicher mit einem Finger bedienen. Mit dieser Bremse habe ich meine Zuneigung zur MT7 neu entdeckt und bin froh, diese Bremse am Rad zu fahren.

Kavenz VHP16
Die Magura MT7 stellte sich als sehr zuverlässig dar und ist in Sachen Bremsleistung überragend

Schaltung

Im Rahmen der Kavenz VHP16 Aufbaustory kam ich zum ersten Mal mit einer elektronischen Schaltung in Berührung. Zu wenig habe ich an Schaltungen mit herkömmlichem Schaltzug vermisst, als dass ich mich ernsthaft mit AXS oder Di2 auseinandergesetzt hätte.

Kavenz VHP16
Im Laufe des Tests musste das Schaltwerk einige Treffer einstecken. Auch wenn ein Schaltauge getauscht werden musste, blieb das Schaltwerk unversehrt.

Die Montage der SRAM GX AXS war superleicht und dank Verzicht auf mechanischen Schaltzug, mussten keine Hüllen durch den Rahmen gefädelt werden. Zugegebenerweise wäre dies beim Kavenz VHP16 durch die großen Öffnungen im Rahmen kein erweiterter Aufwand gewesen. Zu beachten ist, dass die Justage des AXS Schaltwerkes grundlegend anders funktioniert als bei mechanisch angesteuerten Versionen. Die Anschlagschrauben werden lediglich am Ende des Einstellprozesses als eine Art Sicherheit justiert. Absolut maßgeblich für die einwandfreie Funktion der AXS Eagle ist die korrekt bestimmte Kettenlänge und das „Chaingap“, also der Abstand zwischen oberer Schaltwerksrolle und dem Ritzelpaket. Wie das genau funktioniert, verrät SRAM in einem detaillierten Video:

Die Einstellung der Schaltung stellte im Falle des Kavenz keine Schwierigkeiten dar. Einmal justiert, laufen Gangwechsel sehr zuverlässig über einen extrem langen Zeitraum. Da fortschreitende Zuglängung, bei ebenfalls progressierender Stauchung der Zugaußenhülle naturgemäß ausbleibt, musste ich die gesamte Saison nicht einmal nachstellen. Selbst wenn, wäre dies mittels „micro-adjust“ direkt vom Schaltgriff aus, sogar bei der Fahrt einfach zu bewerkstelligen. Insgesamt habe ich die AXS durch die knackigen Schaltvorgänge lieben gelernt. Die Geräusche, welche der Stellmotor beim Gangwechsel macht, erinnert irgendwie an einen Science Fiction Film und macht süchtig. So süchtig, dass ich auch an einem anderen Bike kurzerhand auf eine AXS wechselte.

Kavenz VHP16
Der Verschleiß machte sich vor allem optisch bemerkbar.

Der Verschleiß des Antriebsstranges hielt sich in Grenzen, wobei die wunderschöne kupferfarbende Kassette aus der teuren XX1 Gruppe in den meistgefahrenen Gängen nach und nach die Beschichtung einbüßt. Das Absolut Black Kettenblatt , welches ich aus Gründen der Kompatibilität montiert habe, wird mit dem gesamten Antrieb Ende der Saison getauscht.

Kavenz VHP16
„Verkaufe neuwertig, nur minimale Gebrauchsspuren“ ;-)

Einige fette Macken haben die Tretkurbeln abgekriegt. Alu macht eben sorglos – so habe ich mich nicht sonderlich dafür interessiert, ob ich mal irgendwo anstoße. Obwohl die Kurbeln nur 165 mm lang sind, empfand ich sie nicht als zu kurz. Anfangs etwas ungewohnt, fiel mir bald nicht mehr auf, dass die Kurbelarme einen Zentimeter kürzer sind als an meinen anderen Rädern. Wie die Teile wohl bei 175 mm Länge ausgesehen hätten?

Kavenz VHP16
Alu macht sorglos

Die Laufräder

Ein absolutes Wunderwerk der Technik scheinen die We Are One Laufräder zu sein. Die leichten Carbonlaufräder machen auf dem Trail einen extrem guten Eindruck. Deren Steifigkeit habe ich als genau richtig empfunden, denn sie erlauben schnelle Kurven, ohne dabei gefühlt nachzugeben. Sie sind auch nicht so steif, dass sich das Fahren mit den Kohlefaserfelgen unangenehm anfühlt. Es gab innerhalb des Testzeitraumes einige Situationen, in denen die Felgen einen harten Durchschlag mit einem lauten „Klong“ vermittelten. Trotz dieser Liebesgrüße vom Untergrund blieben die Felgen frei jeglichen Schadens!

 

Kavenz VHP16
Trotz dicken Kratzer – die Felge hält!

Auch die Industry Nine Hydra Naben machen nach wie vor einen guten Job. Nicht ganz mein Fall ist deren Geräuschkulisse, erzeugt durch 115 Zähne und 6 Sperrklinken im Freilauf. Wer darauf steht, gefühlt von einem Schwarm extrem zorniger Bienen verfolgt zu werden, ist hier genau richtig. Meiner Meinung nach würde ein nahezu geräuschloser Freilaufkörper besser zu dem ansonsten flüsterleisen Bike passen. Dies ist keine Kritik, sondern einfach eine subjektive Vorliebe! Etwas nervig haben sich zeitweilig die Messerspeichen aufgeführt. Gelegentlich haben sich die Speichen des Hinterrades, trotz passender Speichenspannung, beim Pedalieren und Bremsen gegeneinander minimal verwunden. Dies machte sich gelegentlich durch leise Knarzgeräusche bei Lastwechseln bemerkbar.

 

Sonstiges

Weitere Komponenten verhielten sich im Testzeitraum absolut unauffällig. Wie soll man einen Steuersatz beurteilen, welcher nach der Montage fast in Vergessenheit geriet? Oder die BikeYoke Revive, welche einfach in jedem Testbike dominiert und einfach das tut was sie soll? Sehr gut gefallen, und inzwischen an jedem meiner Bikes montiert, hat mir der Sagma Sattel, ebenfalls von BikeYoke. Dieser befand sich bereits im Einzeltest.

Kavenz VHP16
Absolut unauffällig: Der Hellbender 70 Steuersatz von Cane Creek

Fazit

Um es kurz zu machen: Das Kavenz VHP16 hat mir während des Testzeitraumes so gut gefallen, dass ich es kurzerhand gekauft habe. Meiner Strava Statistik nach ist es das Rad, welches ich innerhalb des letzten Jahres am meisten gefahren habe, sogar auf Touren, auf welchen ich sonst mein 13 Kg Trailbike genutzt habe. Das Kavenz VHP16 ist ein erstaunlich guter Allrounder mit sehr guten Klettereigenschaften, und noch viel besseren Fähigkeiten auf dem Downhilltrail. Ich bin persönlich vom vielfältigen Einsatzbereich des Rades erstaunt, und dass obwohl es mit 14,9 Kg (ohne Pedale) eher gewichtiges Mittelmaß ist. Bergauf geht es nicht nur „irgendwie“, sondern sogar mit Spaß. Auf dem technischen, fiesen und harten Trail bergab ist es jedoch absolut in seinem Element. Insbesondere mit dem Fox Fahrwerk lässt es sich ideal von Ideallinie zu Ideallinie „poppen“ und man muss wenig Rücksicht auf die Beschaffenheit des Landepunktes nehmen. Ausgestattet mit dem 45 mm langem Vorbau, passend zum Gabeloffset, lässt sich das VHP16 neutral steuern, und man findet schnell eine Komfortposition. Das Bike versprüht viel Sicherheit und Sorgenfreiheit, denn selbst größere Steinschläge lassen das Rahmenmaterial – Aluminium – völlig kalt. Das Kavenz VHP16 ist ein absoluter Tipp!


Text: Thorsten Illhardt
Fotos: Philipp Kargel, Thorsten Illhardt

Herstellerlinks (alphabetische Reihenfolge):
77Designz
BikeYoke
Extreme Racing Shox
Kavenz VHP16
Magura
schnurrTECH
SRAM
We Are One Components

 

1 Kommentar

  1. Danke. Jetzt brauche ich auch eins 😅. Und Scheisse, sieht da geil aus. Artikel las sich wunderbar 👍. Schön detailliert wie es sich für ein Hobby gehört, bzw in dem Fall Beruf.

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