Im heutigen Teil unserer Aufbaustory dreht es sich um die Bremsen. Das Kavenz VHP16 ist ein Bike mit dem es zügig bergab gehen soll. Dies bedeutet, dass eine starke Bremse von Nöten ist, welche sich gleichzeitig punktgenau dosieren lässt. Meine Wahl ist dabei auf die Magura MT7 gefallen.

Magura MT7
Die Magura MT7 für das Kavenz VHP16

Euch erwarten insgesamt 9 Episoden Aufbaustory inklusive einem Dauertest des Bikes am Schluss der Saison.

  1. Der Rahmen
  2. Das EXT Fahrwerk
  3. 77designz Lenker und Vorbau
  4. BikeYoke – Sitzen und Versenken
  5. Die We Are One Laufräder
  6. Magura MT7 – Die Bremsen
  7. Der SRAM GX AXS Antrieb
  8. Der gesamte Aufbau
  9. Das Fazit

Über Magura

Der Firmenname „Magura“ ist sicherlich älter als viele vermuten und eine Zusammensetzung aus den Initialen des Erfinders MAgenwirth Gustav und dessen Herkunft Bad URAch. Bereits 1893 wurde die Firma zur Herstellung von Petroleummotoren, hydraulischen Presspumpen und Wasserdruckapparaten gegründet. Bereits 30 Jahre später fertigte die schwäbische Firma bereits Lenker und Armaturen für motorisierte Zweiräder. Damals war Magura Marktführer und auch heute noch fertigt der Hersteller Produkte für den „Powersport“ Bereich. Traditionsbewusst werden für Oldtimerrestaurationen zum Teil noch immer Komponenten für Fahrzeuge aus der Vor- und Nachkriegszeit nachgefertigt.

Magura
Das alte Magura Logo von 1930

Wer kennt es noch, das alte Firmenlogo? Dieses geht auf einen im Jahr 1930 entwickelten Zahnstangendrehgriff zurück und hat mit Fahrrädern erstmal nichts zu tun. Dieses hatte ganze 80 Jahre Bestand und wurde erst 2010 vom neuen Logo abgelöst, welches nun ein „M“ ist und noch immer die Idee der Zahnstange beinhaltet. Schwäbische Behäbigkeit sozusagen. Die Firma hat heute drei Unternehmensbereiche: Motorrad, Fahrrad und Spritzguss.

Magura MT7
Magura MT7 mit HC3 Hebel und Custom-Decal

Wenn man, wie ich, seit 25 Jahren Mountainbike fährt, ist man in der Zeit nie an Magura vorbeigekommen. Damals, zu Zeiten von Cantilever-Bremsen, war eine Magura HS22 in schickem RaceLine Gelb ein begehrtes Tuningteil. Damit war es zum ersten Mal möglich, an einem Mountainbike eine akzeptable Bremsleistung bei guter Dosierbarkeit zu erreichen – natürlich bezogen auf damalige Verhältnisse. 1999 war ein großes Jahr: Die erste wirklich brauchbare Scheibenbremse kam auf den Markt – die Magura Louise. Natürlich musste ich damals direkt so ein Teil haben – was in drei Rahmenbrüchen eines CycleCraft Rahmens endete, welcher an der Scheibenbremsaufnahme schier das entstehende Bremsmoment nicht abfangen konnte.

Die Magura MT7

Ich mag Tradition und ich mag es, wenn die Entwicklung und Produktion im eigenen Land stattfindet. So finde ich mich bei meiner Bremsenauswahl regelmäßig bei Magura wieder. Die MT7 wurde bereits 2014 auf der Eurobike vorgestellt und hat an sich nur wenige Updates am eigentlichen System erfahren. Die Veränderungen lagen eher verborgen im Detail – und im umfangreichen Zubehör! Neben optischen Schmankerln wie der MT7 Raceline oder einer 1893er Jubiläumsedition betrifft die Evolution in erster Linie ein umfangreiches Portfolio an Bremshebeln. Nachdem die Bremse Ewigkeiten nur mit gefühlten 8-Finger-Hebeln (okay… es waren nur 2 Finger) verfügbar war, ist diese inzwischen lediglich als „Pro“-Version mit dem schlanken HC1 Einfingerhebel erhältlich. Zusätzlich gibt es ein paar Carbon-Versionen und eine worldcuperprobte Variante, bei welcher Loic Bruni seine Finger mit im Spiel hatte. Für unseren Testaufbau stellte Magura eine MT7 Pro Anlage zur Verfügung und sandte zwei HC3 Hebel mit, bei welchen Übersetzungsverhältnis und Ergonomie eingestellt werden können. Außerdem erhielten wir ein Umbauset, mit welchem sich der Hebeltausch superleicht vollziehen ließ.

Magura MT7
Die Magura MT7 Pro, der HC3 Hebel und das Werkzeug zum Umbau

Die Magura Bremshebel bestehen aus Carbotecture SL Material. Dieses ist ein Polyamid, welcher mit Carbonfasern versehen, im Spritzgussverfahren hergestellt wird. Weiteres erklärt die Magura Webseite:

„Wir sehen uns als Architekten unserer Werkstoffe: So entstand unser Grundmaterial Carbotecture®, eine Begriffskombination aus Carbon und Architektur. Ein Gemisch aus Hightech-Polymeren und Carbon- bzw. Glasfasern wird in mehreren aufwändigen Prozessen zu einem Kunststoffgranulat verwandelt. Während des Verarbeitungsprozesses von diesem Granulat bis zum fertigen Bauteil werden die Carbonfasern optimal auf die Belastungsanforderungen ausgerichtet. Mit diesem Carboflow Verfahren kann aus dem Granulat im Spritzgussverfahren jede gewünschte Form realisiert werden. Im Vergleich zum klassischen Leichtbaumaterial Aluminium bietet unser Carbotecture® wesentliche Vorteile: Bei identischer Zug- und Bruchfestigkeit von Aluminium ist Carbotecture® 50 % leichter, wiegt also nur die Hälfte! Carbotecture® ist ein Traummaterial, jedoch nur durch unsere hochentwickelten Maschinen und Prozesse: glatte Oberflächen in allen komplexen Formen sind möglich. So entstehen unsere steifen und gleichzeitig leichten Bremsgriffe. Auch BMW setzt bei seinen Motorrädern auf die besonderen Eigenschaften von Carbotecture, so ist auch der Kupplungsgeber der BMW GS aus diesem Material.“ Quelle

Magura MT7
Royal Blood genanntes Mineralöl als Bremsmedium

Mir ist bewusst, dass über Magura Bremshebel nicht immer nur gutes berichtet wird. Das Material wird als „Plastik“ verschrien und als wenig haltbar tituliert. Ich persönlich kann besten Gewissens sagen, dass in 6 Jahren MT7 an verschiedenen Bikes in unserem Haushalt keine Probleme mit dem Bremshebeln auftraten. Lediglich eine geplatze Membran eines Ausgleichsbehälters, welche zur Anfangszeit auf geringe Erfahrung beim Entlüften der Bremse zurückzuführen ist. Auch Druckpunkt, Ergonomie und Bremsleistung machten für mich die Bremse immer zu einem gern gesehenen Produkt. Die MT7 lässt viel Raum für Individualisierung, denn neben den gelben Blenden in den Bremszangen können auch die Decals am Hebel getauscht werden – letztere lassen sich sogar mit einem eigenen Design versehen.

Der Umbau

Der Umbau der Bremshebel geht extrem leicht von statten. In einem „How-To“ haben wir den Prozess schon einmal beschrieben. Grundlegend hat sich bis heute nichts daran geändert, außer dass es inzwischen ein Werkzeug Set für einen noch leichteren Hebeltausch gibt. Dieser besteht aus einer Matrize, in welche der Bremsgriff hineingelegt wird, und einem passenden Durchschlag um den Befestigungsbolzen aus- und eintreiben zu können.

Magura MT7
1. BAT Schraube entfernen und Aufkleber abziehen
Magura MT7
2. In die richtige Seite der Matrize einlegen (Durchgangsbohrung unterhalb des Befestigungsbolzens des Bremshebels
Magura MT7
3. Mit Austreiber und beherzten Hammerschlägen den Bolzen entfernen
Magura MT7
4. Hebel abziehen, neuen einstecken, Bremsgriff auf die linke Seite der Matrize legen und Bolzen vorsichtig eintreiben
Magura MT7
5. Aufkleber wieder drauf, BAT Schraube montieren
Magura MT7
5. Nice!

Die Montage

Der Kavenz VHP16 Rahmen verfügt über intern verlegte Züge. Bei dem Alurahmen befinden sich keine einlaminierten „Tunnel“, wie es bei vielen Carbonrahmen typisch ist. Erfahrungsgemäß ist es daher zwar leicht, die Züge in den Rahmen einzulegen, wohl aber umso schwerer, diese am anderen Ende durch die winzigen Öffnungen herauszufischen.

Magura MT7
Das Jagwire Routing Tool

Hier kommt das Jagwire Routing Tool wie gerufen, welches wir euch in einem vorherigen Beitrag vorgestellt haben. In die bremshebelnah abgeschnittene Bremsleitung wird ein kleiner Zugdraht mit magnetischem Ende eingeschraubt. So wird die Leitung durch den Rahmen gefädelt und am Ende mit der magnetischen „Angel“ des eigentlichen Werkzeuges herausgefischt. Die Montage war damit so einfach, dass wir vor Begeisterung vergessen haben, den Schritt beim Durchziehen durch den Hauptrahmen zu fotografieren :-P

Magura MT7
Mit dem Routing Tool einfach den Zug aus dem Rahmen „angeln“

Bei internen Führung der Leitungen im Alurahmen ist herstellerabhängig mit Klappern auf dem Trail zu rechnen. Das VHP16 wäre kein Kavenz, wenn der Entwickler nicht vorgesorgt hätte. Zum einen befinden sich im Lieferumfang des Rahmens Gummischläuche, welche man vor dem Einziehen in den Rahmen über die Leitungen fädelt. Zum anderen werden die Züge an den entsprechenden Austrittstellen oberhalb des Tretlagers sicher gespannt. Ob das in der Praxis wirkt erfahrt ihr im Fazit zum Abschluss des Tests.

Magura MT7
Hier nicht auf dem Schlauch stehen – der rote Gummischlauch gegen klappernde Züge im Rahmen
Magura MT7
Der Bremszug wird an der Austrittstelle mit einem Kabelbinder gespannt.
Magura MT7
Hier wird der Zug am Hinterbau geklemmt

Etwas fummeliger hingegen war die Montage des Bremssattels im Rahmen. Der Grund ist, dass der Sattel nicht auf der Druckstrebe montiert wird, sondern zwischen Druck- und Kettenstrebe „im“ Rahmen seinen Platz findet. Es war hier etwas kompliziert, die obere Befestigungsschraube des Bremssattels mit dem richtigen Werkzeug zu erreichen. prinzipiell wäre ein Inbus mit Kugelkopf ganz nett, jedoch verbietet sich mit diesem das nötige Anzugsmoment aufzubringen. Korrektur des Sattels auf dem Trail mit Minitool? In meinem Fall chancenlos.

Magura MT7
Die Montage des Bremssattels ist….
Magura MT7
…im Falle des Kavenz VHP16 etwas fummelig.

Der Rahmenhersteller gibt an, dass nicht jede Bremse für den Hinterbau geeignet ist. Eine Shimano Bremse passt laut Angabe nicht! Auch ist es lediglich möglich, eine Bremsscheibe mit 203 mm im Heck zu fahren – es gibt Schlimmeres, aber man muss es wissen.

Zug kürzen und entlüften

Magura MT7
Prüfen der benötigten Leitungslänge

Um die benötigte Leitungslänge der Bremse festlegen zu können, muss der Bremshebel in die finale Position gebracht werden. Damit die restliche Leitung nicht leer läuft und dadurch Luft in den Hebel gezogen wird, verschließe ich diese zuvor mit einem kleinen Gewindestück aus dem Set des Jagwire Routing Tools. Prinzipiell verrichtet eine kleine Holzschraube oder ähnliches einen vergleichbaren Dienst.

Magura MT7
Alle Teile zum Verpressen der Stützhülse vorbereiten.

Hand aufs Herz – wer hat vom dem Verpressen der Stützhülse nicht auch schon die Gummitülle vergessen? Wie hier zu sehen, immer zuerst drauf schieben! Im Anschluss folgen Überwurfmutter, „Olive“ und Stützhülse.

Magura MT7
Der Needle Driver von Jagwire

Zum Verpressen der Stützhülse gibt es meiner Erfahrung nach kein besseres Werkzeug als den Needle Driver von Jagwire. Diesen haben wir ebenfalls bereits vorgestellt. Dieser darf in keiner Werkzeugkiste fehlen.

Das Entlüften der Bremse ist bei Magura sehr leicht und es gibt dazu ein super Video des Herstellers:

Magura MT7
Die Magura MT7 arbeitet mit Mineralöl. Das Entlüften ist kinderleicht.

Wichtig ist, beim Entlüften nicht hastig zu sein. Vorbereitung ist alles – so müssen die Bremsbeläge aus dem Sattel entfernt, und durch einen Bleedblock ersetzt werden. Vergisst man erstgenanntes, ist die Gefahr groß sich die Beläge mit einer minimalen Menge Bremsflüssigkeit zu versauen. Vergisst man den Bleedblock, drückt man mindestens einen Kolben aus dem Bremssattel und hat am Schluss mehr Arbeit als gewünscht.

Magura MT7
Unbedingt die Bremsbeläge ausbauen und durch einen Bleedblock ersetzen.

Zum Schluss werden noch die Bremsscheiben montiert. Hier habe ich auf die neuen MDR-C Scheiben von Magura gesetzt. Diese empfinde ich nicht wirklich als schön, bin aber gespannt wie sich diese in Punkto Geräuschentwicklung gegenüber älterer Modelle verhalten.

Magura MT7
So langsam kann man erkennen wo die Reise hin geht. Was fehlt? Der Antrieb.

Fertig montiert kommt der Aufbau einem Fahrrad immer näher. Im nächsten Teil der Aufbaustory wird die Schaltung montiert. Zuletzt stelle ich den gesamten Aufbau vor um das Bike dann die Saison über zu testen.


Test: Thorsten Illhardt
Fotos: Fred Krämer, Thorsten Illhardt
Weitere Infos: Magura.com

 

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