Neben den ganzen Bikes die wir bisher testen durften, haben wir natürlich auch privat das ein oder andere Fahrrad im Keller stehen. So kam uns die Idee, euch noch mehr an unserer Leidenschaft teilhaben zu lassen. Wir präsentieren euch unsere Favoriten mit denen wir unterwegs sind, wenn wir nicht gerade ein Testvehikel unter dem Hintern haben. In diesem Artikel stellt Thorsten sein LAST Glen vor…
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
Editor: Thorsten Illhardt
Größe: 1,78 m
Schritthöhe: 81 cm
Gewicht Fahrfertig: 84 kg
Vorlieben Bike: Nicht zu viel Federweg, direkt und verspielt
Vorlieben Trail: Flowig bis verblockt. Trails in der Pfalz mit Spitzkehren. Selten Bikepark
Bike: LAST Glen, Gr. L, Custom Aufbau, 14,5 kg
Das Herzstück
Warum LAST? Es müsste so um den Jahrtausendwechsel gewesen sein als Jörg Heydt, heutiger Geschäftführer der Firma LAST, etwas neues zu unserem Homespot „Bolmke“ in Dortmund mitbrachte. Er nannte es Herb und es war der Prototyp eines Downhillbikes. Selbstgedengelt. Ich durfte drauf Platz nehmen und eine Runde auf der Jumpline fahren. Damals machte ich mir noch nicht so viele Gedanken über Fahrräder wie heute, aber Jörg hatte offensichtlich etwas richtig gemacht. Die Bolmke ist längst platt gemacht – LAST gibt es noch immer.
Viele Bikes kamen und gingen wieder, doch irgendwie war bei mir nie ein LAST dabei. Getrieben von ein wenig Lokalpatriotismus und Neugierde sollte es diesmal jedoch soweit sein. Ein LAST Glen musste her.
Das Glen – in Schwarz – lag schon fast im Warenkorb, als der Rahmen auf einmal in Raw verfügbar war. Als Fan der unbeschichteten Rohre gab es nun kein Halten mehr und ich bestellte einen Rahmen in Größe L. Das Glen sollte für mich DAS Alltagsbike werden, welches mich auf Touren im Pfälzerwald, auf engen Trails und auch in den Alpen gleichermaßen begleitet. 140 mm Federweg im Heck sind daher für mich genau das Maß der Dinge für ein solches Trailbike. Der Reach des GLENs mit 457 mm gefiel mir bereits auf dem Datenblatt sehr gut. Gepaart mit dem flachen Lenkwinkel von sehr flachen 64,4° und einem steilen Sitzwinkel von um die 75,5° versprach das Bike gut pedalierbar zu sein und bergab mit Sicherheit zu glänzen. In der Praxis kann ich diese theoretische Annahme voll und ganz bestätigen. Allerdings muss ich dazu erwähnen, dass ich eine Gabel mit 160 mm Federweg fahre und die Geometrie an 150 mm bemessen ist. Damit wird das GLEN ein gutes Stück flacher als angegeben. Um die Winkel wieder ein kleines Bisschen steiler zu bekommen, habe ich eine Offsetbuchse im Dämpfer verbaut, welche die Einbaulänge um 2 mm verlängert. Dadurch wird der Hinterbau ein Stück weiter auseinander gezogen und aufgerichtet (wohlgemerkt in homöopathischen Dosen). Ein positiver Nebeneffekt ist das minimal höhere Tretlager, denn ich habe ein besonderes Talent darin mich mit Pedalaufsetzern bei Highspeed in die Notaufnahme zu katapultieren.
Warum Aluminium? Die letzten Jahre bin ich eigentlich nur Bikes aus Carbon gefahren, unabhängig davon ob eigene oder Testbikes. Prinzipiell ist auch nichts falsch daran, jedoch kam ich letztes Jahr ins Grübeln, nachdem ich einen Riss in meinem Lieblingsbike entdeckte. Ein fetter Steinschlag am Unterrohr machte schon mit einem haarsträubenden Geräusch beim Einschlag auf sich aufmerksam. Der entstandene Schaden hätte lediglich im Lack sein können, beim Abschleifen der Beschichtung an besagter Stelle war schnell klar, dass es sich um einen Totalschaden handelte. Bei einem Alurahmen hätte dieser Einschlag durch eine fette Beule oder einen direkt sichtbaren Riss weniger Interpretationsspielraum erlaubt.
Das Fahrwerk
Ich habe mich bei meinem Custom Aufbau für einen FOX Float DPX2 im Heck entschieden. Es hätte genauso gut ein Produkt einer anderen Marke werden können, jedoch habe ich mit dem Teil in meinem anderen Bike bereits sehr gute Erfahrungen sammeln können. Die Verwendung des Dämpfers war allerdings anfänglich nicht ganz unkompliziert. Durch ein kleines Missverständnis entschied ich mich, den DPX2 im Standard Tune zu erwerben. Das Resultat war ein störrischer Hinterbau, welcher trotz demontiertem Volumenspacer den Federweg kaum nutzen konnte. Die Federung fühlte sich trotz offener Druckstufe bei halb genutztem Federweg holzig und unnachgiebig an. Im anfänglichen Federwegsbereich jedoch wippte das Rad bei jedem Tritt. Die Rücksprache mit LAST klärte es: Im Glen muss ein FOX DPX2 mit der Custom Tune ID DY6C verwendet werden. Für die Fachleute: Bei diesem Tuning wird ein Shimstack mit der Bezeichnung CEC001 im Dämpfer verbaut. Dieses ist in der Druckstufe insgesamt etwas straffer als das Standard-Shimstack, aber dafür über den gesamten Bereich linear. Das Shimstack aus dem Aftermarket Dämpfer ist hingegen progressiv ausgelegt. Das heißt, dass die Druckstufendämpfung bei höherer Kolbengeschwindigkeit stark zunimmt. Progressives Shimstack + progressiv ausgelegter Rahmen? Das kann nichts werden. Mit dem Wechsel durch die Serviceabteilung von FOX auf das lineare Tune ist das Wippen beim Pedalieren nun verschwunden und der Federweg kann komplett genutzt werden. Der Hinterbau arbeitet nun aktiv und nimmt Schläge gut auf. Einen solch großen Unterschied hätte ich nicht erwartet.
Eines ist jedoch klar – eine Sänfte ist das LAST Glen nicht. Der Hinterbau generiert genug Traktion und bügelt die meisten Hindernisse mühelos platt, dabei gibt es stets genug Feedback an den Fahrer weiter. Mir gefällt es sehr, nicht vollkommen entkoppelt vom Untergrund unterwegs zu sein. Wer sich übrigens bei LAST ein Glen mit diesem Dämpfer ordert bekommt natürlich ab Werk das passende Tuning. Das LAST Glen überrascht als außerordentlich poppiges und lebendiges Trailbike. Da das GLEN durch die Hinterbaukinematik sehr gut für Stahfederdämpfer geeignet ist, werde ich dieses Jahr bestimmt auch einmal einen entsprechenden Test wagen. Ich verspreche mir dadurch ein etwas sensibleres Ansprechen auf Unebenheiten und ein satteres Fahrgefühl.
In der Front des LAST Glen werkelt bei meinem Aufbau eine FOX 36 Grip2 Gabel mit 160 mm Federweg und 51 mm Offset. Da ich der Überzeugung bin, dass ein Rad mit einer Gabel eines anderen Herstellers wie des Dämpfers unfahrbar ist, war dies eine logische Konsequenz. An der Stelle der Hinweis, mich in dem Fall nicht zu ernst zu nehmen ;-)
Die Grip2 Kartusche ist für mich der ideale Partner wenn es um Feinabstimmung der Dämpfung geht. Ich mag die Gabel – und irgendwie auch Kashima.
Die Stopper
Bei den Bremsen bin ich seit einiger Zeit in Schwaben gelandet. Genauer gesagt bei Magura und deren MT7. Meiner Meinung nach ist die Bremse in Punkto Dosierbarkeit und Bremsleistung ungeschlagen. Allerdings ist die Bremse auch eine Diva, welche gern gut entlüftet und penibel ausgerichtet ist. Für mich hat sich nach dem Shooting die Möglichkeit ergeben, Bremsscheiben von Jagwire zu testen. Die Scheiben haben den Vorteil, dass sie sich durch den zweiteiligen Aufbau nicht aufschwingen können und dadurch nicht zum „Singen“ neigen. Etwas, was ich der MT7 mit allen Mitteln und Tricks wie beispielsweise peniblen Ausrichten, zentrieren der Bremsscheibe und säubern der Bremskolben bisher nie abgewöhnen konnte. Vorn verwende ich eine Scheibe mit 203 mm Durchmessern und hinten 180 mm.
Die Jagwire Pro LR1 Bremsscheiben in 203 und 180 mm Durchmesser bedinden sich gerade zum Testen am GLEN.
Die Laufräder
Die großen 29″ Laufräder vorn und hinten sorgen für ein unglaublich gutes Überrollverhalten des Bikes. Zwar hat LAST das Glen gerade erst in einer „Mullet“ Ausführung mit 27,5″ Hinterrad gelaunched, doch die Notwendigkeit dafür verspürte ich bislang persönlich nicht. Das LAST Glen ist das erste 29″ Bike bei welchem mein Hintern bisher nur sehr selten Bekanntschaft mit dem Hinterrad gemacht hat. Auch beim Punkt Wendigkeit lässt das GLEN für mich bisher nichts vermissen. Dennoch werde ich bestimmt einmal den neuen „MX“ Link von LAST bestellen und ein 27,5″ Laufrad im Heck verbauen. Dieser neue Link sorgt für eine unveränderte Geometrie bei Verwendung des kleineren Hinterrades.
Aufgebaut habe ich die Laufräder selbst. Zur Verwendung kamen einmal mehr meine geliebten King und Kong Naben von TUNE. Zu meiner MTB-Anfangszeit waren die Produkte der Marke einfach nicht mit meinem Taschengeld kompatibel – heute kann ich sie mir leisten. Kombiniert habe ich die Naben mit DT SWISS EX511 Felgen. Für mich sind diese Rundlinge der Inbegriff von Haltbarkeit bei einer ordentlichen Innenweite von 30 mm. Der Gedanke an Carbonfelgen entstand für mich gar nicht, da ich die daraus resultierende Steifigkeit eher als unangenehm empfinde. Ausserdem ist es so, dass auch wir Redakteure unsere eigenen Teile – entgegen der landläufigen Meinung – in der Regel selbst kaufen. Finanziell standen Carbonfelgen für mich nicht zur Debatte.
Bei der Reifenwahl habe ich mich für eine Magic Mary vorn, und einen Hans Dampf hinten aus dem Haus Schwalbe entschieden. Beide in der Addix Soft Mischung und in 2,35″ Breite. Für mich bietet der Vorderreifen guten Grip bei verschiedenen Bedingungen und ist stets berechenbar. Der Hinterreifen sorgt für einen akzeptablen Rollwiderstand, allerdings könnte die Haltbarkeit der Seitenstollen besser sein. Entgegen vieler anderer Fahrer nutze ich nicht die Super Gravity Karkasse. Hier siegt mangelnde Fitness über Downhill Performance.
Der Rest
Beim Antrieb des LAST Glen setze ich auf eine Kombination aus SRAM Eagle Schaltgruppen. Schaltwerk, Shifter und Kassette stammen aus der GX Gruppe. Hier kommen die Faktoren Geld und Preis/Leistung ins Spiel. Klar ist eine X01 oder XX1 Gruppe ziemlich heiß, aber finanziell ist mir das persönlich den Aufpreis nicht wert. Eine inzwischen uralte X0 Carbon Kurbel – noch mit GXP Standard – sollte zeitnah einmal gegen etwas neues abgelöst werden. Ich bin überzeugt davon, dass eine minimale Kettenführung wie die Freesolo V2 von 77Designz nur Vorteile bildet. Zwar sind abspringende Ketten dank ausgeklügelter Zahnprofile inzwischen Vergangenheit, dennoch sind mir die wenigen Gramm die zusätzliche Sicherheit wert. Goldkettchen? Na klar – ist doch ein Ruhrpottbike.
Beim Lenker bin ich seit einiger Zeit beim Wunderbar von TUNE gelandet. Mir passt die Geometrie mit 9° Back- und 5° Upsweep sehr gut, ausserdem ist er schön schlicht. 800 mm Breite sind mir etwas zu viel. Bei Gelegenheit werde ich auf beiden Seiten 10 mm kürzen. Bei einem Teil mache ich seit Jahren keine Kompromisse mehr – und das sind Lenkergriffe. Schon ewig begeistern mich die ERGON GD-1 Griffe durch ihre recht dünne Auflage, den konischen Aufbau und den Teller auf der Innenseite.
Als Sattelstütze verwende ich privat Produkte von BikeYoke. Im Glen überzeugt mich eine Revive, welche sich als nahezu unverwüstlich darstellt. Diese hat einen Hub von 160 mm und stammt noch aus dem vorherigen Bike. Durch das niedrige Sitzrohr würde locker eine Version mit größerem Hub passen, aber aktuell vermisse ich nichts.
Fazit
Das LAST Glen ist für mich ein sehr gutes Trailbike mit guten Klettereigenschaften und viel Potenzial bergab. Das Schöne an meiner Custom Ausstattung ist, dass diese meinen persönlichen Vorlieben zu 100 % entspricht und damit viel Freude bereitet.
Text: Thorsten Illhardt
Fotos: Jakub Reichhart, Thorsten Illhardt
Hi! Fahre ebenfalls ein Glen mit 160er Gabel und denke über eine Offset Buchse nach um den Lenkwinkel etwas steiler zu machen.
Welche Buchse fährst du denn (Marke / Maße)? Hast du sie oben oder unten montiert?
VG
Hallo Jan,
ich bin das Glen mit 1 mm Offset Buchsen oben und unten gefahren.
Viele Grüße, Thorsten
Was für eine Vorbaulänge fährst du an deinem GLEN?
Hallo Markus,
ich fahre generell an allen Bikes einen Vorbau mit 50 mm Länge. So auch am GLEN.
Grüße, Thorsten
Klasse Bericht über deinen Custom Aufbau des Last Glen!!! Das Bike wirkt sehr puristisch und aus einem Guss, einfach fein anzuschauen und wahrscheinlich auch top zu fahren.
Kannst du deine Erfahrungswerte als Tester weitergeben, wie sich dein Last Glen im Vergleich zu einem Specialized Stumpjumper oder Santa Cruz Hightower fährt? Vorab Vielen Dank für dein Feedback! Grüsse.
[…] aus dem Ruhrpott sind seit je her bekannt für Rahmenbau aus Aluminium. Egal ob Clay, Coal oder Glen – hier findet jeder eher abfahrtsorientierte Biker sein Gerät. Doch was ist das? Carbon? […]