Mit dem Scorpion Enduro S und dem Scorpion Enduro R bietet der italienische Reifenhersteller Pirelli MTB-Reifen für die härtere Gangart auf den Trail an. Die Kürzel S und R im Namen verraten dabei den idealen Einsatzbereich. So ist der Scorpion Enduro S der Spezialist für „Soft Conditions“ mit losem und weichem Untergrund, während der Enduro R (rear specific) ein schnelles Profil für das Hinterrad bietet. Beide Reifen haben wir zu Beginn der Saison 2022 mit Pirellis SmartGRIP Gummimischung und der HardWALL Karkasse erhalten und seitdem ausgiebig getestet.

Während des Testzeitraums hat Pirelli dem Scorpion S ein Update auf die neue und weichere Gummimischung namens SmartGRIP Gravity verpasst. Das Profil und die Konstruktion der Karkasse sind aber unverändert geblieben. Die entsprechende Pressemitteilung gibt es hier (link). Beim Scorpion R hat sich nichts verändert.

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Pirelli Scorpion Enduro S und Enduro R – Die Fakten

Pirelli bietet den Scorpion Enduro S und R in vier unterschiedlichen Dimensionen an.  Das hat sich auch mit dem zuvor Update (link) zur Mitte des Jahres 2022 nicht verändert.  Während wir uns für das Vorher- und das Hinterrad für 29 Zoll mit einer Breite von 2,4 entschieden haben, sind beide Reifen auch alternativ in 29×2,6 sowie in 27,5×2,4 und 27,5×2,6 erhältlich.

Der Scorpion S ist mit seinem offenen Profil für „softe“ Bedingungen sowohl auf trockenen als auch auf nassen Trails ausgelegt. Die Stollen sind eher schmal, dafür aber hoch ausgelegt, sodass der Reifen sich gut in lockere Böden eingraben sollte. Für den Grip auf der Kante, setzt Pirelli auf abwechselnd weiter innen- und weiter außenliegende Seitenstollen.

Der Scorpion R ist auf gute Laufeigenschaften ausgerichtet. Das Profil in der Mitte der Lauffläche besteht aus kleineren und deutlich flacher ausgelegten Profilblöcken. Für ausreichend Kurvengrip sorgen auf bei der R-Version deutlich größere Seitenstollen.

Pirelli Scorpion Cycleholix 8331 Cycleholix

Beide Reifen sind mit Pirellis SmartGRIP Mischung ausgestattet. Das Besondere dabei ist, dass Pirelli im Gegensatz zu vielen der Platzhirsche im Reifenbereich auf die Kombination verschiedener Gummimischungen verzichtet und SmartGRIP somit über das gesamte Reifenprofil immer über dieselben Eigenschaften verfügt. Dies soll insbesondere dann von Vorteil sein, wenn Reifen länger gefahren werden, da sich die Eigenschaften des Reifens bzw. der Mischung auch bei fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen nicht ändern sollen.

Wie eingangs erwähnt, wird der Scorpion S mittlerweile nur noch mit der weicheren SmartGRIP Gravitiy Mischung angeboten. Diese verzichtet ebenfalls wie SmartGRIP auf unterschiedliche Mischungen. Sie ist lediglich etwas weicher ausgelegt.

Für Enduro-taugliche Nehmerqualitäten verfügen beide Reifen über eine verstärkte Karkasse namens HardWALL. Diese besitzt eine komplett umlaufende Nylon Lage für besseren Pannenschutz und einen Hartgummieinsatz an der Reifenwulst, der die Karkasse auch bei niedrigem Luftdruck zusätzlich stabilisiert. 

 

Scorpion Enduro HARDWALL
Quelle: Pirelli

Pirelli Scorpion Enduro S & R – Der erste Eindruck

Frisch von der minimalistischen Verkaufsverpackung getrennt, hinterlassen beide Reifen einen sehr guten Eindruck. Ja, Reifen sind eher ein unemotionales Produkt, aber die beiden Pirellis wirken in der Tat sehr hochwertig und sauber verarbeitet.

Dem Namen entsprechend zeigt sich die Karkasse sehr robust und die Verstärkung über der Reifenwulst ist deutlich zu spüren.  Dass es sich nicht um leichte XC Schlappen handelt, zeigt auch der Blick auf die Waage. Hier bringt es der Scorpion Enduro S in 29×2,4 auf selbst gewogene 1.044 Gramm. Der Scorpion Enduro R legt für das Hinterrad mit 1.081 Gramm, ebenfalls in 29×2,4, noch ein paar Gramm drauf. In Anbetracht der stabilen Karkasse inklusive Hartgummieinsatz, geht das absolut Ordnung.

 

SCORPION ENDURO S
Pirelli SCORPION ENDURO S – S steht hierbei für „SOFT conditions“

Der hervorragende Qualitätseindruck bleibt auch bei der Montage erhalten. Auspacken, Aufziehen, Aufpumpen… fertig.

Beide Reifen haben sich ohne Probleme mit einer normalen Pumpe auf einen Satz Crankbrothers Synthesis Felgen aufziehen lassen und selbst ohne Dichtmilch lange den Druck gehalten. Das ist mir so mit sämtlichen anderen Reifen in den letzten Monaten nicht gelungen. Die Pirellis hielten die Luft mit Abstand am längsten und standen direkt absolut gerade und gleichmäßig auf den Felgen. Dichtmilch habe ich selbstverständlich vor der ersten Ausfahrt hinzugefügt. In meinem Fall zwei Tage nach dem ersten Aufziehen als die Reifen immer noch prall gefüllt waren.

PIRELLI SCORPION ENDURO R
Pirelli SCORPION ENDURO R – der Scorpion für das Hinterrad. R für „REAR specific“

Auf dem Trail

Für die erste Ausfahrt, habe ich die Scorpions auf meinen zuletzt bevorzugten Luftdruck von rund 23 psi vorne und 26 psi hinten (ca. 1,5 und 1,7 bar) aufgepumpt. Damit komme ich (85 kg Körpergewicht plus Ausrüstung) normalerweise auf meinen Hometrails mit vergleichbar verstärkten Enduro-Reifen am besten klar. 

Auf den ersten Metern fällt unmittelbar auf, wie gut die Pirellis rollen. Beim Design des Hinterreifens verwundert das auch nicht, aber meiner Meinung nach hat die Gummimischung hier eine entscheidende Rolle, denn trotz der höheren Stollen des Scorpion S rollt das Gesamtpaket sehr gut.

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Auf langen Ausfahrten lassen sich mit den Pirelli Scorpion, dank des niedrigen Rollwiderstandes, ein paar Körner sparen.

Hierzu passt auch der eher runde Querschnitt der Scorpions und die damit verbundene, etwas kleinere Kontaktfläche zwischen Reifen und Trail. Lenkbewegungen und kleine Richtungswechsel gehen sehr leicht von der Hand und lassen damit fast vergessen, dass die Reifen zusammen mit ihrer verstärkten Karkasse rund 2,1 kg auf die Waage bringen.

Neben den Roll- und Lenkeigenschaften war aber auch zu spüren, dass die Reifen sich sehr hart und unkomfortabel angefühlt haben. Auch der Flex der Karkasse war im Vergleich zu meinen zuletzt gefahrenen Maxxis und Specialized Reifen bei vergleichbarem Luftdruck geringer. Und das ließ sich ebenso auf den Grip übertragen. Die Pirellis wirkten recht steif, passten sich nicht ausreichend dem Untergrund an und fühlten sich regelrecht „holprig“ an.

Lange Rede kurzer Sinn: Da musste Luft raus.

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Mit weniger Luftdruck rollen die Reifen sehr satt über den Trail ohne dabei an Seitenstabilität zu verlieren.

Mit 3 psi weniger in Front und Heck funktionierten die Reifen wesentlich besser und rollten jetzt auch satter über den Trail. Das Lenkverhalten ist dabei erfreulicherweise immer noch sehr leichtgängig. Ich hatte ganz offensichtlich Pirelli’s HardWall Karkasse unterschätzt. Denn auch mit weniger Luftdruck stehen die Scorpions formstabil auf der Felge und sind weit davon entfernt, ein schwammiges Fahrgefühl zu hinterlassen oder die Felgen zu gefährden.

Der Grip der Reifen verbesserte sich mit dem gesenkten Luftdruck deutlich.

Trotz des akzeptablen Rollwiderstand, entwickelt der Scorpion S am Vorderrad jetzt ordentlich Grip. Die Voraussetzung ist allerdings, dass man sich auf Trails bewegt, die dem beworbenen Einsatzbereich – SOFT – entsprechen. Ist dies der Fall, kann sich das spitz zulaufende Profil gut im Boden verankern und Brems- und Lenkkräfte effektiv übertragen.

In Kurven überzeugt der Scorpion S mit Grip über das gesamte Profil. Der Übergang in die Schräglage fühlt sich ist sehr gleichmäßig an. Die „allerletzte“ Kante des Scorpions deutet sich daher aber eher langsam und nicht so deutlich an, wie bei vergleichbaren Reifen mit größeren Stollenabständen zwischen den Mittel- und Seitenstollen.

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Verlässt man das ideale Einsatzgebiet des Scorpion S und ist vermehrt auf festen oder steinigen Trails unterwegs verschieben sich die Grenzen ein wenig. Die Reifen glänzen zwar immer noch mit dem guten Handling und dem niedrigen Rollwiderstand und auch die höheren Stollen des Scorpion S bleiben stabil und knicken nicht weg. Das Grip-Limit ist dennoch deutlich früher erreicht.

Sobald sich das Profil nicht im Boden eingraben kann, wünscht man sich eine weichere Gummimischung, da die gut rollende und sehr haltbare SmartGrip Mischung einfach weniger am Boden „klebt“ als weichere Mischungen es könnten. Entsprechend kann ich – ohne die neue Version gefahren zu sein – Pirellis Entscheidung durchaus begrüßen den Scorpion S nur noch mit der weicheren SmartGRIP Gravity Mischung anzubieten.

Abgesehen von der Gummimischung, möchte ich aber noch einmal deutlich erwähnen, dass der Scorpion S ausdrücklich für softe Böden empfohlen wird und Pirelli mit dem Scorpion M auch eine Version für „mixed conditions“ im Angebot hat.

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Während der Scorpion S gut auf losen Böden funktioniert, kann die R-Version beim Bremsgrip nicht mithalten.

Wie der Pirelli Scorpion S, ist auch der Scorpion R mehr Spezialist als Generalist. Er glänzt mit einem sehr niedrigen Rollwiderstand und dem gleichmäßigem Übergang auf die kräftiger ausgelegten Seitenstollen. Der Brems-Grip geht in Ordnung, sofern man den Luftdruck entsprechend niedrig wählt und sich auch die stabile HardWALL Karkasse verlässt. Kurz zusammengefasst: ein schnell laufender Reifen für trockene Bedingungen mit sehr gutem Pannen- und Durchschlagschutz. Werden die Trails feucht oder locker, ist man mit einem Scorpion S oder einem Scorpion M am Hinterrad sicherlich besser unterwegs.

Fazit

Die Pirelli Scorpion Enduro S und Enduro Scorpion R sind pannensicher, schnell rollende und sehr langlebiege Reifen, die unter bestimmten Bedingungen ausgezeichnet funktionieren. Der Scorpion S glänzt auf weicheren Böden mit gutem Grip, der gleichmäßig über die gesamte Lauffläche vorhanden ist. Auf harten Böden fällt der Scorpion S leicht hinter die Konkurrenz zurück, was sich dank der robusten Karkasse und dem damit möglichen niedrigen Luftdruck etwas ausgleichen lässt. Mit der jetzt verfügbaren weicheren SmartGRIP Gravity Gummimischung sollte der Scorpion S noch ein paar Pluspunkte sammeln.

Der Scorpion R ist ein kompromisslos schneller Hinterreifen, der dank der HardWALL Karkasse auf steinigen und wurzeligen Trails nicht in die Knie geht. Wird es richtig nass, kommen beide Reifen ihrer auf Langlebigkeit ausgelegten Gummimischung ans Limit. Stimmen die Bedingungen und möchte man nicht alle paar Monate seine Reifen wegen abgefahrenen Stollen wechseln, sind die Pirelli Socrpion Enduro sicherlich einen Blick wert.


Text: Robin Krings
Fotos: Michael Klasen, Robin Krings
Mehr Informationen: pirelli.com

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