Neben den ganzen Bikes, die wir bisher testen durften, haben wir natürlich auch privat das ein oder andere Fahrrad im Keller stehen. So kam uns die Idee euch noch mehr an unserer Leidenschaft teilhaben zu lassen und präsentieren unsere Favoriten mit denen wir unterwegs sind, wenn wir nicht gerade ein Testvehikel unter dem Hintern haben.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
Editor: Thomas Kappel
Größe: 1,63 m
Schritthöhe: 74 cm
Gewicht Fahrfertig: 70 kg (variiert ob Tourenrucksack oder Fotorucksack)
Vorlieben: Fährt immer mit vollem Rucksack, man weiß ja nie was passiert.
Vorlieben Trail: Lieber technisch als Jump- oder Flowlines
Bike: Ibis Ripley, Größe M, Customaufbau; 12,5 kg
Das Herzstück
Nach der Erkenntnis, dass ich für meine Hometrails absolut kein Enduro benötige, ging die Suche nach einem geeigneten Trailbike los. Dank des Trends zu immer flacheren Lenkwinkeln, auch bei Trailbikes, war die Suche aber schwerer als gedacht. Da kam mir die Neuauflage des Ibis Ripley genau richtig. War der Vorgänger noch sehr Cross Country lastig, so hat mich die Neuauflage mit seinem 66,5° Lenkwinkel völlig überzeugt. Ein steiler Sitzwinkel für angenehmes Klettern und ein super kurzes Sitzrohr würde mir sogar bei Größe „M“ eine Sattelstütze mit 150 mm Hub ermöglichen. Für mich, dank kurzer Beine, eine absolute Rarität.
Die meisten Schrauber wünschen sich ein geschraubtes Innenlager für eine leichte Wartung und genau das liefert Ibis mit dem Ripley. Am meisten hat mich aber die Zugverlegung überzeugt. Die im Rahmen verlegten Führungshülsen funktionieren Traumhaft. Natürlich muss ich die Bremse dafür trotzdem öffnen, aber die Leitung geht so reibungslos durch den Rahmen, dass es mich gar nicht gestört hat. Das lästige Einziehen von Gummischläuchen um nervtötendes Leitungsklappern im Rahmen zu verhindern entfällt.
Bei einer Körpergröße von 1,63 m habe ich mich für Rahmengröße „M“ entschieden. Das liegt natürlich weder daran, dass es schier unmöglich ist ein Testrad in Größe „S“ zu beschaffen, noch an den häufigen vergleichen meiner Bikes mit den Zweirädern der Firma Puky (hier ein Wink in die Redaktion). Tatsächlich hat meine Rahmenwahl den banalen Grund dass sich Rahmengröße „M“ für meine Vorlieben perfekt anfühlt. Zusätzlich versuche ich meine Bikes möglichst ähnlich aufzubauen, damit die Umgewöhnung weniger stark ausfällt. Da mein Enduro in Größe „S“ nahezu den gleichen Reach wie das Ibis Ripley in Größe „M“ hat, habe ich mich sofort zuhause gefühlt. An dieser Stelle möchte ich jedem interessierten Fahrradkäufer nahelegen das Objekt der Begierde vor dem Kauf Probe zu fahren. Also habe ich meinen eigenen Rat befolgt und bin nach Wiesbaden zu Tri-Cycles gefahren und bin mit dem Ripley zum Gravity Trail gestrampelt. Natürlich könnt Ihr auch zu eurem lokalen Händler für eine Testfahrt.
Wenn ihr euch für einen detaillierten Test meines Kollegen Philipp interessiert, schaut doch mal bei seinem Review vorbei. Mein privates Ripley habe ich übrigens vor unserem Test aufgebaut.
Warum eigentlich 29″ wenn man so groß ist wie ein Hobbit?
Weil die großen Räder einfach besser über unebenes Gelände rollen! Tatsächlich habe ich bei langhubigen 29 Zollern häufig das Problem gehabt, dass ich nach einer Tour einen braunen Bremsstreifen an der Rückseite meiner Hose entdeckt habe, was nicht an einem überraschenden „Oh Shit“ Moment gelegen hat, sondern an fehlendem Abstand meiner „Vier Buchstaben“ zum großen Hinterrad. Interessanterweise habe ich dieses Problem bei dem Ibis Ripley noch nicht gespürt. An Wendigkeit hat es mir durch die großen Räder auch nie gefehlt.
Das Fahrwerk
Nach dem Verkauf meines 29″ Endurorahmens hatte ich natürlich viele Komponenten für den Trailbike Aufbau über. So wurde als erstes die Fox 36 Factory RC2 recycled. Also ab in ein Paket und ein paar Tage später kam sie von Fox mit 140 mm Federweg statt der vorherigen 160 mm wieder zurück. Auch wenn der Hauptgrund für die Fox 36 darin liegt, dass ich sie einfach hatte, hat sich im Fahrbetrieb herausgestellt, dass mir eine Fox 34 in dem Ripley zu schmächtig wäre. Einige Mitarbeiter von Ibis fahren das Ripley auch mit einer 36er und gehen sogar soweit es als „Mini-Enduro“ zu bezeichnen, aber bei dieser Aussage kann ich nicht mitgehen. Dazu kommt der Hinterbau mit seinen 120 mm Federweg bei harten Schlägen einfach zu schnell an seine Grenzen. Eine Erfahrung, die mir nach einem Tag im Bikepark in Erinnerung geblieben ist.
Auf den Flow- und Jumptrails mit gut geshapeten Landungen und hohen Anliegern war das Ripley voll in seinem Element. Mit ein wenig Pushen schießt man sich förmlich von einer Kurve zur nächsten und wundert sich häufig in der Luft warum man die Landung der Sprünge schon hinter sich gelassen hat, man selber aber noch in der Luft ist. Hier spielt die Steifigkeit der 36er auch ihre Stärken aus. Der Fox DPS Dämpfer, natürlich passend zur Gabel in der Factory Version, sorgt hier immer für immens viel Pop.
Geht man in endurolastiges Gelände ändert sich schnell das Bild. Wo die Gabel die Schläge noch gut pariert, reicht der Hinterbau die Unebenheiten des Untergrundes sehr direkt an den Fahrer (mich) weiter. Will man nicht vom Gas gehen, muss man durchaus solide im Bike stehen und es präzise in die gewünschte Richtung manövrieren. Das Ripley macht solche Ausflüge anstandslos mit, Spaß ist aber was Anderes. Nimmt man ein wenig Geschwindigkeit raus, ist es aber erträglich.
Bremse, Anker oder doch nur Stopper?
Bei der Bremsanlage habe ich auch wieder auf das zugegriffen, was ich noch im Keller liegen hatte. Und das ist der Punkt an dem die Faulheit über den Perfektionismus gesiegt hat. Zum Zeitpunkt des Aufbaus wollte ich die vorhandene Shimano XT Bremse verbauen, was ich am Vorderrad auch getan habe. Am Hinterrad war aber leider die Leitung zu kurz. Anstatt nun eine neue Leitung zu bestellen, habe ich also eine Shimano SLX Bremse am Hinterrad verbaut, die ich noch für den Notfall hatte. Damit wenigstens das Bild am Cockpit passt, hat der SLX Sattel einen XT Griff erhalten. Was nur als kurzes Provisorium halten sollte, wurde bis heute natürlich nicht mehr angefasst, funktioniert ja.
Bis hierher waren wir noch bei Stoppern, da ich aber Anker bevorzuge sind Bremsbeläge und Scheiben von Trickstuff. Die Trickstuff Power Bremsbeläge begleiten mich seit Jahren an meinem Enduro und haben mich in der Zeit nie im Stich gelassen. So war klar, dass ich sie auch am Trailbike verbauen werde. In der Kombination mit den Trickstuff Dächle Bremsscheiben, vorne mit 203 mm und hinten 180 mm, haben sie zu jeder Zeit genug Power. Da kann ich sogar mal auf eine Vierkolbenbremse verzichten.
Die Laufräder
Bei den Laufrädern setze ich auf die Roval Traverse SL, die mich bereits auf meinem Enduro überzeugt haben. Neben dem geringen Gewicht fühlen sie sich auch nicht so verboten steif wie manch andere Carbonlaufradsätze an. Gerade ich als eher leichter Fahrer schätze es, zumindest bei Enduros, wenn die Kombination aus Rahmen und Laufrädern nicht zu steif ist. Ein zu steifes Setup empfinde ich als unkomfortabel und mir fehlt leider die Präzision es richtig in härterem Gelände zu Steuern.
Bei den Reifen vertraue ich seit Jahren auf die Magic Mary von Schwalbe am Vorderrad. Egal ob feucht, nass oder trocken, die Mary hat sich über die Jahre als „für mich“ bester Allrounder erwiesen. Der Rollwiderstand ist für mich zweitrangig und immerhin verzichte ich bei dem Ripley auf die Super Gravity Karkasse.
Am Hinterrad bin ich mit dem Hans Dampf tatsächlich mal neue Wege gegangen. Die alte Version hatte mich damals nicht überzeugt, die Neuauflage hatte sich weder an Testbikes noch an einem meiner Bikes widergefunden und bevor ich das Geld in den Sand setze bin ich lange den Rock Razor gefahren. Am Ibis Ripley habe ich mich dann aber doch einmal getraut und es bisher nicht bereut. Der Hans Dampf fühlt sich ausgewogener an und zwingt mich nicht immer das Rad direkt auf die Seitenstollen zu legen, wie es der Rock Razor getan hat. Legt man den Hans Dampf auf die Seitenstollen, sieht man allerdings relativ schnell Abnutzungserscheinungen. Der höhere Rollwiderstand des Hans Dampf gegenüber des Rock Razor ist völlig zu vernachlässigen, weil das Ibis Ripley mit jeder Kurbeldrehung einfach verdammt sportlich vorwärts geht.
Der Rest
Beim Antrieb habe ich nichts anbrennen lassen und auf die SRAM X01 Eagle Schaltgruppe gesetzt. Die Schaltperformance und vor allem die Haptik des Triggers sind mir dort den Aufpreis zu einer günstigeren Variante von SRAM allemal Wert. Lediglich bei der Kassette habe ich auf eine günstigere Variante gesetzt, weil ein höherer Preis lediglich das Gewicht drückt. Da mein Schrank noch eine nagelneu X1 Carbonkurbel beherbergt hat, wurde diese natürlich gleich verbaut. Das sie noch in ein GXP Innenlager gesteckt wird hat mich dabei nicht gestört.
Das Cockpit besteht aus jahrelangen Begleitern und hier habe ich auch keine Lust auf Experimente. So besteht die Lenkzentrale aus dem Syntace Megafoce 2 Vorbau mit 40 mm Länge und den Syntace Vector Carbon High 10 Lenker, der Standardmäßig meine Wunschbreite von 760 mm hat. Auf den Lenkerenden stecken zu guter letzt die Ergon GD1 Griffe.
Ein weiterer „Bruch“ im Aufbau ist die Fox Transfer, die zwar hervorragend zu den Fox Federkomponenten passt, aber eben nur schwarz und nicht gülden ist. Auch hat sie „nur“ 125 mm Hub, obwohl ich im Ripley eine Stütze mit 150 mm fahren könnte, doch sehe ich es nicht ein mir eine neue Stütze zu Kaufen, solange die Alte noch gut ist. Darauf montiert ist der Pro Falcon Sattel, den ich anfangs nur wegen seiner sehr flachen Bauform gekauft habe, mit den Jahren aber zu lieben gelernt habe.
Fazit
Das Ibis Ripley ist genau das Bike, was ich schon immer gebraucht, aber nie auf dem Schirm gehabt habe. Enduros mussten es sein, obwohl das Gelände vor meiner Haustür gar nicht wild genug ist, um diese Kategorie Bike sinnvoll zu bewegen. Und das Ripley? Es gehört genau hierher, auf die Vielzahl an Flowtrails mit Anliegern und kleinen Sprüngen, die den Fahrer dank des Pop direkt bis in die nächste Kurve wirft! Enge Spitzkehren? Her damit.
Wenn ich richtig masochistisch unterwegs bin geht’s auch mal auf etwas ruppigere Trails mit dem Ripley, aber das ist doch eher die Seltenheit. Da fliege ich doch lieber mit offener Bremse von Anlieger zu Anlieger.
Text & Bilder: Thomas Kappel
Redaktion: Robin Krings
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