Santa Cruz Hightower und Megatower – zwei Bikes welche sich optisch und auf dem Datenblatt so sehr ähneln, jedoch laut Hersteller jeweils eine eigene Zielgruppe ansprechen sollen. Beide Bikes verfügen über das neue Rahmendesign des kalifornischen Herstellers, bei welchem der Dämpfer unten liegend im VPP Hinterbau platziert ist. Das Hightower erblickte bereits vor einigen Jahren das Licht der Welt, damals noch mit der alten Dämpferanlenkung am Oberrohr und 135 mm Federweg im Heck. Durch den Trend zu 29″ Laufrädern am Enduro und immer härter werdenden Rennstrecken folgte was folgen musste – eine „Hightower LT“ Version mit 150 mm Hinterradfederung. Nachdem Santa Cruz ihre Bikes ab 150 mm Federweg mit dem aktuellen Rahmendesign und tief sitzender Dämpferanlenkung durch das Sitzrohr ausstattete, stand die Frage nach einem würdigen Nachfolger zum Hightower und dessen Long Travel Version im Raum. Die Antwort ließ bis März 2019 auf sich warten und wurde im ersten Schritt mit dem Megatower beantwortet. 29″, 160 mm Federweg vorn und hinten, neues Rahmendesign. Knapp vier Monate später folgte die zweite Antwort mit dem bekannten Namen Hightower, nun allerdings ebenfalls in neuem Funktionsdesign und optisch mit großer Ähnlichkeit zum Megatower. Auch aus technischer und geometrischer Sicht liegen die Unterschiede eher im Detail statt im Offensichtlichen. Lediglich im Federweg der beiden Räder findet eine merkliche Unterscheidung statt. 140 mm im Heck und 150 mm an der Front wurden dem neuen Hightower zugesprochen und damit laut Santa Cruz die jeweilige Zielgruppe definiert. Selten waren sich zwei Bikes aus theoretischer Sicht so ähnlich, selten oft wurden wir gefragt, für welchen der beiden „Tower“ wir uns entscheiden würden. Diese Frage haben wir uns zum Anlass genommen, je ein Hightower und ein Megatower in die Redaktion zu holen und ausgiebig miteinander zu vergleichen.
Unser Vergleichstest gliedert sich in zwei Artikel:
Inhaltsverzeichnis
Teil 1: Hightower oder Megatower – der Vergleich
Teil 2: Hightower oder Megatower – der Test
Teil 1: Santa Cruz Hightower oder Megatower – der Vergleich
Die Rahmen
Das Hightower
Die gesamte Geometrie des Hightower V2 wurde gegenüber des Vorgängers grundlegend überarbeitet. Der Reach des neuen Hightowers wurde mit bis zu 20 mm deutlich verlängert und somit der Moderne angepasst. Mittels Flip Chip lässt das Hightower nun die Auswahl ob man mit 65,5° moderat unterwegs sein möchte, oder mit einem 65,2° flachen Geschoss über die Trails ballert. Der Federweg im Heck des Hightowers wurde zum Vorgänger um 5 mm erhöht. Somit stehen dem Fahrer nun 140 mm zur Verfügung. Aus unserer Sicht passt die Gabel mit 150 mm sehr gut dazu.
Ein Nachteil des alten Hightowers war der vergleichsweise flache Sitzwinkel, welcher lange Anstiege teils zu einem kraftraubenden Unterfangen machte. Natürlich drehte man bei Santa Cruz auch an dieser Schraube und stattet die neue Version mit zeitgemäßen Sitzwinkeln von 76,8° in der hohen, und 76,5° in der tiefen Flip Chip Position unseres Testbikes in Größe L aus.
In den USA bedeutet „Trailbike“, dass man auch einmal einen Pickup zum Trailhead nimmt und von dort startet. Dafür hat das Hightower am oberen Teil des Unterrohrs einen entsprechenden Protektor bekommen. Auch am unteren Teil ist das Unterrohr mit einem Schoner versehen, welches üblichen Steinschlägen Paroli bieten soll. Es ist beinahe selbstverständlich, dass auch das Megatower auf die gleiche Art und Weise vor Feindkontakt geschützt ist.
Das Megatower
Vergleicht man die Datenblätter des High- und des Megatowers fallen einige nahezu identische Werte auf. Wirklich markante Unterschiede lassen sich im Federweg der beiden Räder ausmachen. 160 mm an Front und Heck lassen erkennen wohin die Reise mit dem 29er geht – und das ist abwärts.
Während das Hightower als „Do it all“ Bike für die breite Masse konstruiert ist, ist laut Santa Cruz das Megatower dafür gemacht um bei harten Enduro Rennen aufs Podium zu fahren. Dafür spricht auch der Lenkwinkel, welcher in der „Low“ Einstellung des ebenfalls vorhandenen Flip Chips sehr flache 64,7° beträgt. Wem das zu flach ist kann in der hohen Einstellung noch immer alles andere als steile 65° auswählen. Der Sitzwinkel des Megatowers ist durch alle Größen hinweg ein wenig flacher als der des kleineren Bruders. In der flachen Einstellung unseres Testbikes in Größe L beträgt dieser 76,3° und in der „High“ Stellung des Flip Chips 76,6°.
Während das Hightower mit 433 mm langen Kettenstreben auskommt, lässt sich deren Maß beim Megatower von 435 auf 445 mm verlängern. Dieses markante Feature lässt eine Anpassung auf persönliche Vorlieben oder Streckengegebenheiten zu und unterstreicht somit dessen „racigen“ Gene.
Aufgefallen ist uns, dass die Eingänge für die Züge vorn am Steuerrohr beim Megatower weiter hinten als beim Hightower angeordnet sind. Dies sorgt dafür, dass Schalt- und Bremszüge teilweise ihr Spuren im Lack hinterlassen. Santa Cruz erklärte uns, dass dies in Zukunft behoben sein soll und die Rahmen künftig dem entsprechend angepasst sind.
Materialien
Wie gehabt gibt es das Santa Cruz Hightower aus drei verschiedenen Rahmenmaterialien. Für den vergleichsweise schlanken Geldbeutel gibt es eine Version aus Aluminium. Die größten und beliebtesten Rollen spielen wohl allerdings die beiden Versionen aus Carbon.
Die Carbon „C“ Variante der Santa Cruz Rahmen ist genauso haltbar wie die Topversion Carbon „CC“, weicht durch die Verwendung anderer Carbon Fasern jedoch im Gewicht leicht ab. Gemeinsam haben die beiden Varianten aus dem Kohlefaser Werkstoff einlaminierte Rohre für sämtliche Leitungen und Züge, was High- und Megatower gleichermaßen zu klapperfreien Bike macht. Auch das Einziehen neuer Leitungen wird somit zu einem absoluten Kinderspiel. Wer übrigens eines der Bikes als Rahmenkit für einen individuellen Aufbau erstehen möchte, kann bei beiden Rädern lediglich die „CC“ Version kaufen. Das etwas günstigere „C“-Carbon ist generell an ein Komplettbike gebunden. Sparfüchse können das Hightower Rahmenkit auch in der Alu-Version beziehen. Dieses weicht außer in Punkto Material, Gewicht und dem Verzicht auf einlaminierte Rohre fürs Kabel-Routing nicht von den anderen Varianten ab. Das Megatower ist nicht aus Aluminium verfügbar. Alle Rahmen, egal ob Alu oder Carbon, sind mit Flaschenhaltern auf dem Unterrohr ausgestattet.
Wie auch in allen anderen Modellen von Santa Cruz befinden sich die Lager des Hinterbaus nicht im Carbon, sondern ausschließlich in den Aluminium-Links des VPP-Systems. Dies macht ein Ausschlagen der Lagersitze im Carbon unmöglich, sodass an der Stelle keine Defekte auftreten können. Besonders wartungsfreundlich zeigen sich auch die Achsen der Gelenke: Diese werden nur so fest angezogen, dass das axiale Spiel im Gelenk eliminiert ist. Im Anschluss wird in das bedienseitige Ende der Achse ein Konus eingeschraubt, welcher die Achse verklemmt und gegen ein unbeabsichtigtes Lösen kontert. Durch diese Konstruktion werden unzulässige Axialkräfte aus den Lagern herausgehalten, was deren Lebensdauer erhöhen dürfte. Sollte dennoch einmal ein Lager verschleißen, greift für Erstkäufer eine lebenslange Garantie auf Lager. Man erhält kostenlos neue.
Geometrie
Santa Cruz Hightower
Santa Cruz Megatower
Ausstattung
„R“
Entscheidet man sich zu einem Komplettbike aus dem Hause Santa Cruz hat man sprichwörtlich die Qual der Wahl. Für ein Hightower in der günstigsten Carbon „C“ Version muss man mindestens 4.699 € für die R-Ausstattungslinie auf die Ladentheke legen. Dafür erhält man einen Ausstattungsmix aus Sram NX Eagle Schaltgruppe, Rock Shox Yari RC und FOX Float Performance DPS Luftdämpfer. Das vergleichbare Modell des Megatowers kostet 100 € mehr und unterscheidet sich in Details wie dem Rock Shox Super Deluxe Select und der Reifen.
„X01“
Möchte man auf den hochwertigen „CC“ Rahmen setzen, sind mindestens 7.399 € für das High- und 7.499 € für das Megatower fällig. Für den Preis erhält man in der von uns getesteten X01-Ausstattungslinie einen hochwertigen und sinnvollen Komponentenmix. Gemeinsam haben die beiden Räder die namensgebende X01 Eagle Schaltgruppe, die AVID Code RSC Bremsen und die RaceFace ARC Laufräder inklusive DT350 Naben.
Unverständlich ist für uns, dass das Hightower durchweg mit 180er Bremsscheiben kommt. Zumindest an der Front gehören Scheiben mit einem Durchmesser von 200 mm an ein Bike dieser Gattung. Bremsleistung und Temperaturmanagement sind durch das Plus im Durchmesser deutlich standfester.
Beim Fahrwerk kommt es bei den beiden Bikes zu größeren Unterschieden, egal ob Hightower oder Megatower. Im Hinterbau werkeln ab der X01 Ausstattungslinie die gleichen Rock Shox Super Deluxe Ultimate Luftfederbeine, wohin beim Megatower optional die Stahlfederversion erhältlich ist. Im Hightower gibt es diese Option nicht – auch nicht zum Nachrüsten. Es passen lediglich schlanke Luftfederbeine wie der Super Deluxe oder ein Fox DPX2. Daraufhin ist auch die Übersetzung des Hightowers etwas linearer gestaltet und ergänzt sich somit perfekt zur progressiven Luftfeder- Kennlinien. Der Tunnel im Sitzrohr welcher die Federung beherbergt ist beim Megatower erheblich üppiger gestaltet, sodass auch Stahlfederelemente oder große Luftfederbeine wie ein Fox Float X2 hindurch passen.
An der Front gehen die Unterschiede weiter. Die hochwertigen Hightower Modelle sind mit einer Rock Shox Lyrik Ultimate mit 150 mm Federweg ausgestattet. Diese Wahl ist recht ungewöhnlich, da in Trailbikes meist eher eine Pike zu finden ist. Wir begrüßen das Upgrade sehr, da es der Downhill Performance des Bikes in die Karten spielen dürfte. Im Megatower hingegen wird vorn auf 160 mm Gabeln von Fox gesetzt. Im Falle der X01 Ausstattungslinie kommt eine 36 Float Performance Elite zum Einsatz, welche sich lediglich durch schwarze Standrohre von der Kashima-Variante aus den XTR und XX1 Linien unterscheidet.
Wir entschieden uns in unserem Test für die X01 Version, da diese für uns am sinnvollsten erschien. Santa Cruz ließ sich nicht bitten und verpassten dem Hightower und Megatower ein „Reserve Upgrade“. Somit kommen beide Räder mit den identischen Laufrädern, bestehend aus hauseigenen Carbon Felgen mit 30 mm Breite und DT370 Naben. Der empfohlene Verkaufspreis der Räder klettert somit auf schwindelerregende 8.599 €, bzw 8.699 €
„D“
Wer ein Hightower fahren mag aber mangels Budget befürchtet das Nachsehen zu haben, kann für 3.399 € die günstigste Aluminium Version erstehen. Wer sich dafür entscheidet muss mit Komponenten aus der absoluten Einsteigerklasse vorlieb nehmen. Eine Sram SX Eagle gehört genauso dazu wie eine Rock Shox 35 Gold RL als Federgabel. Das Gewicht des Trailbikes klettert somit auf heftige 15,8 kg und stellt den ambitionierten Fahrer unter Umständen schnell an die Grenzen.
Die Zielgruppe
Santa Cruz bewerben das Hightower als Trailbike für alles. Agiler als das Megatower, souveräner als das „kleinere“ Tallboy. Das Hightower soll dort punkten, wo die Trails lang und fordernd sind und steile Anstiege mit echten Abfahrten belohnt werden. Das Megatower hingegen geizt weder mit seinem Namen, noch seiner Beschreibung an Superlativen. Es soll das leistungsfähigste Endurobike der Produktpalette sein, über unübertroffene Traktion und Progression verfügen und ideal für die Zähmung längster Abfahrten und gröbster Schläge sein.
Hightower oder Megatower – verhalten sich die beiden Bikes so brüderlich wie sie sich augenscheinlich geben? In Teil 2 erfahrt ihr ob die Unterschiede größer sind als eine Differenz von 20 mm Federweg und wem wir welches der beiden Räder empfehlen würden.
Gebe hier meinem Vorredner Recht. Toller Vergleich danke dafür!
Habe allerdings eine Frage? Ist es Möglich eine 160mm Gabel am Hightower zu verbauen oder würdet ihr sagen dass dies der Geo schaden würde?
Hi Oliver, ich habe das „alte“ Hightower, also das LT für Enduro Rennen mit einer 160er vorne aufgebaut. Das war von der Geo überhaupt kein Problem, selbst 170 wäre laut SC kein Problem gewesen. Getestet haben wir es am aktuellen Hightower nicht, da spricht in meinen Augen aber nichts dagegen. Würde ich mir ein aktuelles HT privat aufbauen, dann würde wieder eine 160mm Gabel rein kommen.
Toller Vergleich zwischen dem Santa Cruz Hightower und dem Megatower. Ich habe viele wertvolle Informationen zu den Bikes erhalten. Vielen Dank