Gerade bei Laufrädern für Endurobikes findet man sich oftmals recht schnell im bekannten Teufelsdreieck wieder. Auf der einen Seite müssen sie möglichst leicht sein, da die rotierende Masse entscheidend dafür ist, wie gut ein Bike beschleunigt. Auf der anderen Seite müssen die Laufräder aber auch unheimlich stabil und steif sein, denn sie sind allen Hindernissen auf dem Trail unmittelbar ausgesetzt und sollen die vorgegebene Richtung entsprechend einschlagen. Zu allem Überfluss sollen die Laufräder auch noch bezahlbar bleiben. Genau vor dieser Gretchenfrage standen wir ebenfalls und haben uns für den Tune Endurorider Laufradsatz entschieden. Ob wir damit gut gefahren sind, klären wir in diesem Test.
Inhaltsverzeichnis
Wie ist der Endurorider Laufradsatz aufgebaut?
Die Basis bilden die Tune King Boost (vorne) und Tune Kong Boost (hinten) Naben. Die beiden Naben sind mit ca. 115 g (vorne) beziehungsweise ca. 210 g (hinten) sehr leicht. Das ist wichtig, da die Naben als Funktionseinheit im Laufrad auch einen Teil der ungefederten Masse darstellen, welche möglichst gering gehalten werden sollte. Der mittlerweile etablierte Boost Standard sorgt für weit abgestützte Lager und der breitere Flanschabstand soll in Verbindung mit 32 Speichen für die notwendige Steifigkeit der Laufräder sorgen. Die Tune Hinterradnaben besitzen bei einer vollen Umdrehung 27 Klicks. D.h. sie verfügen über eine „27 Zähne“ Verzahnung mit drei Sperrklinken. Daraus resultiert ein Einrastwinkel von 13,3°. Bei den Lagern greift Tune auf speziell abgestimmte Normlager zurück, welche den Anforderungen der Schwarzwälder gerecht werden. Was heißt das? Grundsätzlich handelt es sich bei den Lagern um genormte Präzisions-Rillenkugellager. Das Innenleben der Lager wurde jedoch optimiert. So wird einerseits ein Spezialfett als Füllung genutzt, womit die Reibung minimiert werden soll. Für eine lange Lebensdauer hat Tune seine Lager mit einem deutlich höheren Fettfüllgrad (50 %) ausgestattet. Als vorübergehender Ersatz kann aber auch ein Standardlager verwendet werden.
Wie gesagt, wurden unsere Laufräder mit dem Boost Standard und Centerlock Bremsscheibenaufnahme aufgebaut. Es gibt aber die Naben auch noch in allen anderen gängigen Achsstandards und Einbaubreiten. Beim Freilaufkörper hat man die Wahl zwischen dem Shimano und dem SRAM XD-Freilaufkörper. Der nachträgliche Wechsel des Freilaufs ist ebenfalls möglich. Wer keine Centerlock Bremsscheibenaufnahme möchte, kann selbstverständlich auch auf die klassische 6-Loch Aufnahme zurückgreifen, dies ist aber selbstverständlich nicht nachträglich machbar ?
King Boost | Kong Boost | |
Körper | Aluminium | Aluminium |
Freilauf | Aluminium | |
Achse | Aluminium | |
Sperrklinken & Verzahnung | Titan | |
Herstellverfahren | CNC-gedrehter, einteiliger Körper, eloxiert, gelasert | CNC-gedrehter, einteiliger Körper, Freilauf, eloxiert und gelasert |
Lochzahlen | 32 | 32 |
Einbaubreite | 110 mm | 148 mm |
Scheibenbremsaufnahme | Centerlock | Centerlock |
Lagerung | 2 Rillenkugellager | 4 Rillenkugellager |
Dichtung | doppelt schleifend gedichtet | doppelt schleifend gedichtet |
Spannmethode | Steckachse | Steckachse |
Freilauf | 11-fach Shimano/SRAM, 10-fach Shimano/SRAM, XD SRAM, Campagnolo | |
Lochkreis | 55,5 mm | 55,5 mm |
Flanschabstand von Nabenmitte (ND/D) | 27,4/ 37,0 mm | 36,3 mm / 24,1mm |
Standardmäßig wird der Endurorider mit 32 D-Light Speichen von Sapim aufgebaut. Wir haben uns aber für das Upgrade auf die CX-Ray Speichen entschieden. Diese sind in der Summe knapp 30 Gramm leichter gegenüber den D-Light bei sehr hoher Haltbarkeit und Langlebigkeit und vor allem sind sie nochmal deutlich stärker im beanspruchten mittleren Bereich der Speiche (1600 N / mm²). Eingespeicht werden die Speichen klassisch 3-fach gekreuzt.
Komplettiert wird der Laufradsatz durch die von Ryde speziell für Tune produzierte Aluminium Felge. Diese ist asymmetrisch aufgebaut. Dadurch erhält man auf der linken und rechten Seite den gleichen Winkel und damit die gleiche Speichenspannung, was wiederum zu einem steiferen sowie stabilerem Laufrad führt. Die Felge besitzt eine Innenweite von 29,8 mm wodurch der Reifen breit abgestützt wird und dadurch mit etwas weniger Luftdruck gefahren werden kann, was wiederum in mehr Grip resultiert. Gewichtsmäßig bringt die Felge 560 g auf die Waage.
Felgendaten
Höhe | 20,5 mm |
Außenbreite | 34,0 mm |
Innenbreite | 29,8 mm |
ERD | 553 mm (650b), 591 mm (29“) |
max. Reifenluftdruck | 45 psi / 3,0 bar |
Reifenbreiten | 2,2 – 2,8“ |
Gewicht (+- 5%) | 525 g (650b), 560 g (29“) |
Gewichtsmäßig brachte unser Laufradsatz inklusive Tubelessband und Ventil 1860 Gramm auf die Waage, wobei 880 Gramm auf das vordere und 980 Gramm auf das hintere Laufrad fallen. Preislich ruft Tune eine UVP von 884,00 € auf.
Montage
Verbaut haben wir den Laufradsatz in unserem Trek Slash. Am Vorderrad haben wir die Magic Mary von Schwalbe in 29 x 2,35“ aufgezogen und am Hinterrad den Hans Dampf – ebenfalls in 29 x 2,35“. Die Montage der Reifen ging leicht von der Hand und mit Hilfe des Tire Boosters von Schwalbe sprangen die Reifen leicht in die gewünschte Position. Mit einer Innenbreite von 29,8 mm befindet sich die Felge in guter Gesellschaft und fällt nach heutigen Idealen im Endurosport normal aus. Der Reifen wird dadurch schön breit abgestützt, so dass sich die Gefahr des sogenannten Burpings deutlich verringert.
Wie schlägt sich der Endurorider auf dem Trail?
Getestet haben wir den Endurorider nicht nur unsere Hometrails in den nahegelegenen Mittelgebirgen, sondern auch in Nauders, Latsch und den Dolomiten. Auch den ein oder anderen Renneinsatz musste der Endurorider über sich ergehen lassen. Der Testzeitraum betrug knapp zehn Monate. Gerade im Renneinsatz trifft man im Eifer des Gefechts nicht immer die sauberste Linie und ein Defekt an den Laufrädern ist meist nur aufwendig zu beheben. Deshalb war für uns die Haltbarkeit für unser Enduro Race Bike ein wichtiges Kriterium. Was dies anbelangt, konnte uns der Endurorider Laufradsatz überzeugen. Lediglich die Felgen musste ein, zwei Dellen wegstecken, was im Rennsport schon fast zum guten Ton gehört. Die beiden Dellen haben aber bislang keine negativen Auswirkungen gehabt. D.h. der Reifen, welcher tubeless montiert wurde, hält nach wie vor die Luft. Während am Vorderrad kein Seiten- oder Höhenschlag festgestellt werden konnte, läuft das Hinterrad leider etwas unrund. Dies lässt sich aber auf dem Zentrierständer wieder beheben.
Wer oftmals technische Singletrails bergauf fährt, wird bei dem Laufradsatz ein gewisser „Leerlauf“ auffallen, bevor der Impuls der Kurbel in Vortrieb (Kraftschluss) umgemünzt wird. Auch beim Antritt aus dem Startgate sollte man sich dessen bewusst sein und die Kurbelstellung so wählen, dass man sich direkt am Einrastpunkt befindet – für Racer eigentlich obligatorisch.
Die Kombination aus Carbon Rahmen, Carbon-Lenker und zu steifen Laufrädern kann auch schnell anstrengend und ermüdend werden, was bei langen Stages oder Tagestouren von Nachteil ist. Dennoch muss der Laufradsatz eine gewisse Steifigkeit aufweisen, um die angesteuerten Linien mit Präzision zu treffen. Den Spagat zwischen Präzision und Komfort hat Tune mit dem Endurorider gut gemeistert. So ist der Laufradsatz steif genug um die Lenkimpulse zielstrebig und präzise umzusetzen. Gleichzeitig nimmt er in hartem Geläuf einige Kraftspitzen auf.
Dank der breit abgestützten Laufräder ist sowohl bergauf als auch in Kurven sehr guter Grip gegeben. Einen plötzlichen Luftverlust in schnellen Kurven konnten wir nicht verzeichnen.
Fazit
Die Eingangs gestellte Gretchenfrage zwischen Leichtbau, Haltbarkeit und Stabilität hat Tune mit dem Endurorider sehr gut beantwortet. Mit 1860 g ist der 29“ Laufradsatz mit Aluminiumfelge einer der leichteren Sorte. Dennoch mussten wir im Laufe der (Renn-) Saison keinen Ausfall quittieren und haben lediglich zwei Dellen davongetragen, die aber bislang keine weitere Auswirkung auf die Performance hatten. Und auch mit der Steifigkeit des Laufrades waren wir sehr zufrieden. Einen negativen Flex, der das Bike schwammig anfühlen lässt, konnten wir nicht feststellen. Lediglich der Einrastwinkel von 13,3° könnte nach unserem Empfinden etwas direkter sein. Ansonsten ist der Endurorider mit seinen Features, wie der Innenweite oder der Bremsscheibenaufnahme absolut up to date und muss sich mit einer UVP von 884,00 Euro nicht hinter anderen High-End Produkten verstecken.