Die britische Bike-Schmiede Saracen hat die Mountainbike-Szene in Europa mitgeprägt. Spätestens seit des Worldcup-Siegs von Manon Carpenter auf dem Saracen Myst oder Danny Harts Erfolgen ist die Marke nicht nur bei Insidern im Downhillsport ein Begriff. Saracen entwickelt sein Portfolio stets weiter wie zuletzt das Ariel. Dessen Vorgänger war im Jahr 2016 noch als klassisches All Mountain mit 150 mm Federweg beworben. Nun kündigt Saracen das neue Ariel mit 165 mm am Heck als Allrounder für Big Mountain, Bikepark und Hometrail an. Was das neue Ariel tatsächlich kann haben wir uns mal genauer angesehen.
Das Saracen Ariel ist in zwei Varianten erhältlich: eine günstige Version aus Alu (Ariel Elite) und eine Highendversion aus Carbon, welche die Bezeichnung Ariel LT trägt. Wir hatten das Glück unsere Beine über das Ariel LT zu schwingen, welches für einem Preis von 5.999 € zu haben ist.
Saracen hat die Geometrie vom Vorgängermodell vollständig überarbeitet. Dabei haben sie dem Ariel mit dem gleichen Hinterbaukonzept des großen Downhill-Bruders Myst mehr Potenzial im Gefälle mitgegeben. Alle Umlenkhebel sind wie bei Danny Harts Downhillmaschine aus Carbon gefertigt und mit groß dimensionierten Lagern bestückt.
Mit diesem Eingelenkhinterbau besitzt der Rahmen nun stolze 165 mm Federweg am Heck, sodass das Ariel nun berechtigten Anspruch auf die Kategorie der Enduro-Bikes hat. Für die Dämpfung am Heck sorgt der Fox Float X2 Factory Dämpfer. Um dem gesamten Bike die nötige Laufruhe in schnellen Downhillpassagen zu geben, wurde der Lenkwinkel auf typische 65° verringert. Den Rest erledigt die Fox 36 Factory mit 170 mm Federweg und sorgt so für Ruhe und Stabilität in ruppigem Gelände.
Der verbaute 1-fach-Antrieb besteht aus einem Mix von Shimano XT und SLX Komponenten: Auf Kommando des SLX-Schalthebels lässt das XT-Schaltwerk die XT-Kette über einen der 11 Gänge der SLX-Kassette laufen. Diese stellt mit ihren 11-46 Zähnen eine ausreichende Auswahl an Übersetzung bereit. Die Kette wird durch eine Kettenführung aus dem Hause MRP auf dem 32er Kettenblatt der XT-Kurbel gehalten.
Auch die Bremsanlage stammt aus der XT-Produktfamilie von Shimano und soll vorne sowie hinten jeweils mit 180 mm Bremsscheiben die gewünschte Verzögerung umsetzen. Als Laufräder kommen die bewährten M1900 Spline 30 von DT Swiss zum Einsatz, bei denen jeweils vorne und hinten Maxxis Minion DHF in 2,3 Zoll Breite den nötigen Grip, vor allem zur Seite, garantieren.
Der Sitzwinkel von 74° und die um 150 mm absenkbare Sattelstütze sorgen für eine gute Sitzposition. Für die kleinste Rahmengröße S ist die Stütze zweckmäßig nur um 125 mm absenkbar. Der dazugehörige Bedienhebel vermittelt keinen sonderlich hochwertigen Eindruck. Dagegen befindet sich dieser an dem bei Briten beliebten 800 mm breiten Carbon-Lenker der Edelschmiede ENVE.
Geschuldet der sehr geringen Rahmenhöhe und des Hinterbaukonzepts lässt das Ariel jedoch dem ambitionierten Enduroracer und Rucksacklosen Feierabendbiker keinen Platz im Rahmen für Accessoires wie z. B. eine Trinkflasche oder Pannenkit.
Das Saracen Ariel LT auf dem Trail
Saracen listet sein Ariel unter der Kategorie „All Mountain“ mit erhöhtem Spaßfaktor bergab, sowohl im Bikepark als auch auf der Feierabendrunde. Dementsprechend haben wir das Ariel LT vor allem auf den vielseitigen Trails der Pfalz und anderen Mittelgebirgsregionen bewegt.
Beim ersten Hochheben und auch beim Aufsitzen wird schnell klar, dass das Saracen Ariel LT nicht zu den Leichtgewichten im All Mountain Carbon-Sektor gehört. Sein massiver und steifer Hinterbau drückt dann doch etwas auf das Gewicht. Die Waage bestätigt diesen Eindruck: 14,5 kg. Und das ohne Pedale. Da der Fox X2 Dämpfer ein alter bekannter ist, ist schnell ein passendes Setup des Fox-Fahrwerks gefunden. Trotz der fehlenden Herstellerempfehlung lieferte uns die verbreitete SAG-Einstellung von 30% am Heck und 25% an der Gabel ein optimales Fahrwerk zum Testen auf dem Trail.
Der Hinterbau arbeitet aufgrund seiner Progressivität sehr feinfühlig bei leichten Schlägen und wird gegen Ende des Federwegs härter. Nahezu schwebend rollt man damit über Wurzelteppiche. Durchschläge konnten wir beim Fahrwerk des Ariels so nicht feststellen. In längeren Uphillpassagen ist die Druckstufendämpfung des Float X2 in jedem Fall zu erhöhen, damit das spürbare Wippen unterdrückt werden kann. Dies geht dank des X2-Switchs, welcher die Low Speed Compression blockiert leicht und unkompliziert. In steilen Uphills gilt es relativ früh der bergab orientierten Geometrie entgegenzuwirken, um ein Steigen des Vorderrads zu verhindern.
Das Saracen Ariel ist aber dann schnell in seiner Welt, sobald es bergab geht. Bei niedrigen bis moderaten Geschwindigkeiten beweist es sich als ein sehr feinfühliges Enduro, da Hinterbau und Gabel sehr gut harmonieren. Lässt man es dann aber etwas mehr krachen, erhält der Fahrer in Highspeed Sektionen deutliches Feedback, sodass man sich schwer tut die Schläge über den Hinterbau zu kompensieren. Wohl bedingt durch seine massive Auslegung der Streben und Lager besitzt das Enduro-Bike eine subjektiv etwas zu hohe Steifigkeit. Ein geringes Maß an Flex für den Fahrer wäre durchaus wünschenswert.
Auf dem Trail bergab schenkt die flache und bergab orientierte Geometrie dem Fahrer sofort ein angenehmes Gefühl auf dem Bike. Selbst in steilen Passagen vermittelt die Fox 36 stets Sicherheit. Sind diese verblockt, lädt die Forke den Fahrer ein die direkte Linie über Steine zu wählen und über kleine als auch große Hindernisse das Bike hinweg zu drücken oder zu heben.
Wer gern die Ruhe und Stille im Wald genießt, hat sich mit dem Ariel einen lauten Partner ausgesucht. Bei starkem Geholpere ist das Schlagen der Kette gegen die ungeschützte Kettenstrebe trotz Shadow-Plus-Standard des XT-Schaltwerks deutlich hörbar. Für Fahrer, die es heutzutage gewohnt sind, ohne Kettengeräusche bergab zu fahren, ist dies definitiv etwas Neues. Hier lohnt es sich einen Kettenstrebenschutz nachzurüsten. Neben den Kettengeräuschen haben und zusätzlich die klappernden Züge im Rahmen etwas irritiert.
Auch die vorne verbaute Bremsscheibe ist mit ihrem vergleichsweise kleinen Durchmesser (180 mm) gewöhnungsbedürftig. Nicht unbedingt wegen der unmerklich verringerten Bremsleistung, als vielmehr wegen des erhöhten Geräuschpegels: die Vorderradbremse unseres Testbikes hat bei längeren Abfahrten oft zum Quietschen geneigt.
Was das Saracen Ariel in jedem Fall mag, sind Kurven. In die kann der Fahrer das Bike dank der relativ kurzen Kettenstreben und flachen Geometrie spielerisch reindrücken und auch Richtungswechsel entspannt vorgeben. Das Ariel lässt sich so auch ohne Weiteres auf das Hinterrad ziehen. Dem Fahrer wird ein sehr angenehmes und sicheres Gefühl vermittelt, wenn er das Ariel über kleine Bodenwellen in die Luft zieht. Es macht dem Fahrer sogar Lust auf Mehr, wenn der Trail ein Feuerwerk aus Kurven und Bodenwellen bietet. Ganz so wie es Saracen angekündigt hat. Nur zu holprig sollte es bei den geraden Passagen nicht werden, sonst werden Bike und Fahrer wie beschrieben schnell nervös.
Fazit
Die britische Bikeschmiede Saracen verpasst nun dem bekannten Spaßbike den Titel Enduro-Bike. Besonders in Abfahrten liegt der Spaßfaktor ganz weit oben, wenn es durch Kurven und Bodenwellen gedrückt wird. Sein einfaches Handling und seine Stabilität in der Luft machen es zu einem idealen Begleiter für Bikepark und leichte und steigungsarme Enduro-Touren. Mit dem getesteten Saracen Ariel LT bekommt der Käufer für 5.999 € ein exotisches aber solides Bike, dessen Ausstattung nahezu keine Wünsche offenlässt. Für Käufer, die einen preiswerteren Exoten besitzen möchten, gibt es die Alu-Version für ca. 4.199 €.
Text: Martin Riedle
Bilder: Thomas Kappel
Redaktion: Robin Krings
weitere Informationen: Saracen Bikes, MRC Trading