Im Sommer 2017 hatte Pivot Cycles sein damals brandneues E-Bike namens Shuttle vorgestellt. Da die Amerikaner aus Arizona stets nach dem Besten streben, haben sie sich Gedanken gemacht, wie sie sehr Gutes noch besser machen können. Herausgekommen ist dabei die nächste Evolutionsstufe des Shuttles. Dabei haben Pivot Cycles nicht nur eigene Erkenntnisse einfließen lassen, sondern sie haben auch verstärkt Kundenrückmeldungen berücksichtigt. Im Rahmen eines Pressecamps wurde uns das Bike vorgestellt und wir konnten erste Eindrücke im Rahmen eines First Rides gewinnen.
Inhaltsverzeichnis
Produktvorstellung
Nicht zuletzt wegen der gleichen Erscheinungsform ist auf den ersten Blick einiges identisch geblieben zum Vorgängermodell. Schaut man aber etwas genauer hin, dann wurde doch an einigen Stellschrauben gedreht, die das Shuttle zu einem noch besseren E-Bike machen sollen. Die auffälligste Änderung ist, dass Pivot nun standardmäßig auf 29“ Laufräder statt 27,5 x 2,8“ setzt. Deshalb wurde das hintere Rahmendreieck überarbeitet, um Platz für die 29“ Räder (bis 29“ x 2,5“) zu erzielen. Der Super Boost Nabenstandard ist geblieben. Außerdem ist nun der Geschwindigkeitssensor in die Kettenstrebe gewandert. Wer lieber mit 27,5+ (bis 3,0“ Reifenbreite) unterwegs sein möchte, kann das Shuttle auch dahingehend umrüsten. Ebenfalls möglich ist die Variante im MotoStyle (vorne 29“, hinten 27,5+). Der Hauptrahmen hat dagegen keine Überarbeitung erfahren und auch die Geometrie ist weitestgehend identisch zum Vorgänger geblieben. Toll ist, dass Pivot Cycles 10 Jahre Garantie auf den Rahmen gewährt.
Ausstattung
Eine weitere große Änderung, die Pivot mit dem neuen Shuttle vollzogen hat, ist, dass es nun zwei Ausstattungsvarianten gibt. Es gibt das Topmodell „Team XTR“ mit einem Gewicht von 20,29 kg in Rahmengröße M für einen Preis von 10.499,00 € und das günstigere „Race XT“ Modell für 7.899,00 € mit einem kleinen Mehrgewicht von 680 g bedingt durch die Ausstattung. Beide haben den gleichen, hochwertigen Carbon-Rahmen, unterscheiden sich aber in der Ausstattung und der Farbe. Das Team XTR wird, wie der Name schon sagt, mit dem neuen Shimano XTR 12-fach Antriebsstrang ausgestattet und zeigt sich in einem Steel blue. Beim Race XT wird dagegen mit der Shimano XT 11-fach geschaltet und es wird in schwarz mit silbernen Akzenten angeboten. Beide Schaltungen werden mit konventionellem Schaltzug betätigt, wohingegen der Vorgänger noch mit der Di2 ausgestattet war. Bei beiden Modellen kommt die Shimano XT Vierkolben Bremse zum Einsatz in Verbindung mit einer 203er Bremsscheibe vorne und 180 mm hinten. Beide Ausstattungsvarianten verbindet, dass das Fahrwerk von Fox kommt. Die Team-Version wird dabei mit einer Fox 36 Factory Fit4 und 44 mm Offset sowie einem Fox Float DPX2 Factory ausgestattet und die Race-Version kommt mit der Performance Line von Fox daher.
Motor
Beim Motor ist man sich treu geblieben und setzt weiterhin auf den Shimano STEPS E8000 beim Topmodell „Team“ und auf den E7000 bei dem preisgünstigeren Modell „Race“. Neben der Schiebehilfe stellt der Motor im Fahrbetrieb drei Stufen der Unterstützung zur Verfügung: Eco, Trail und Boost. Wer möchte, kann die Unterstützung aber auch ausschalten. Der Shimano BT-E8010 Akku mit 504 Wh Kapazität (36 V, 14 Ah) wird in beiden Modellen verbaut, ist weiterhin im Unterrohr integriert und sorgt so für eine schlanke, aufgeräumte Optik. Der Akku selbst wiegt ca. 2,6 kg.
Der Akku selbst kann nun mittels Quick Release aus seiner Befestigung gelöst werden, wodurch zwei Schrauben eingespart wurden. Dennoch sind, bevor der Akku tatsächlich entnommen werden kann, acht Schrauben der Akku-Abdeckung zu entfernen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung von Pivot, denn die Abdeckung des Akkus wird als Teil der Rahmenkonstruktion genutzt. Somit können sie auf dünnere Wandstärken setzen, ohne dass die Steifigkeit oder Haltbarkeit darunter leidet. Zum Laden des Akkus bietet Pivot eine Schnittstelle am Rahmen, so dass dieser nicht entnommen werden muss. Lediglich wenn man auf dem Trail einen Wechsel der Energiequelle vollziehen möchte oder im Fahrradkeller keine Steckdose vorhanden ist, findet das aufwendige Schraubenthema eine Bedeutung.
Beim Rahmenmaterial verwendet Pivot Cycles wie eh und je Carbon und zwar sowohl beim Hauptrahmen als auch beim Hinterbau. Apropos Hinterbau, hier setzt Pivot, wie bei all ihren Bikes, auf den DW-Link mit 140 mm Federweg, der jedoch für die besonderen Anforderungen eines E-Bikes optimiert wurde. Gleiches gilt für den Fox Float DPX2 Dämpfer. Dieser ist mit einer speziell auf das höhere Systemgewicht abgestimmten Ölmenge versehen, um auch bei langen Abfahrten eine gleichbleibende Performance zu gewährleisten.
Geometrie
Wie bereits erwähnt, hat sich die Geometrie nicht großartig verändert. Die Kettenstrebe ist von 437 mm auf 438 mm gewachsen. Der Lenkwinkel ist um 0,6° flacher geworden im Vergleich zum Vorgängermodell und beträgt nun 65,2°. Das Tretlager ist um 1,5 cm höher gelegen als beim ersten Shuttle.
First Ride
Im Rahmen des Pressecamps in Winterberg sind wir das Shuttle in der Ausstattungsvariante „Team“ gefahren. Neben einigen Variationen im örtlichen Trailpark haben wir auch verschiedene Strecken des Bikeparks Winterberg genutzt, um einen ersten Eindruck vom neuen Shuttle zu bekommen.
Uphill
Da sich am Motor und der Motorsteuerung nicht wirklich etwas geändert hat gegenüber dem alten Shuttle, können wir euch hier eigentlich keine Neuigkeiten erzählen. Es gab aber auch keinen Grund, hier entscheidend etwas zu ändern, denn der Shimano Motor läuft nach wie vor tadellos. Im Eco Modus unterstützt er dabei ganz seicht und ermöglicht ein gechilltes Dahingleiten. Leichte Anstiege haben wir ebenfalls mit Hilfe des Eco Modus absolviert.
Erst als es etwas steiler und technischer wurde oder uns die anderen aus der Gruppe davon gefahren sind, haben wir in den Trail Modus geschaltet. Ein kurzer Klick nach oben am neuen Modishifter und zack stand uns auf angenehme Weise deutlich mehr Unterstützung zur Verfügung. Schaltet man zudem noch einen Gang herunter und erhöht die Trittfrequenz, dann kann man es schon sehr sportlich bergauf angehen, ohne dass die Power unkontrolliert weitergegeben wird und der Reifen durchdreht.
Nun ja und möchte man den Hang wie Michael Knight und K.I.T.T. hinauffliegen, dann schaltet man eben in den Boost Modus. Mit diesem Modus verschieben sich die Grenzen des Unmöglichen bergauf doch schon gewaltig nach oben. Hier und da haben wir uns erwischt, wie wir doch tatsächlich bergauf die Kurve anbremsen mussten.
Neben den Uphill-Challenges hat sich der Boost Modus auch bewährt, als wir innerhalb kürzester Zeit noch eine schnelle Runde am Nachmittag drehen wollten. Bergauf haben wir da immer die volle Unterstützung gewählt, waren damit schneller wieder am Traileinstieg als mit dem Lift und ganz nebenbei haben wir sogar geschwitzt.
Ebenfalls angenehm aufgefallen ist uns, dass wenn man über die 25 km/h hinauskommt, man nicht das Gefühl hat, gegen eine Wand zu fahren.
Generell kann man sagen, dass sich das Shuttle sehr angenehm pedalieren lässt. Wer möchte, kann auf der Ebene ohne Probleme die Unterstützung ausschalten. Die Position auf dem Bike war sehr ausgewogen und wir mussten erst recht spät den Oberkörper nach vorne beugen, um ein steigendes Vorderrad zu verhindern.
Auch das hohe Tretlager in Kombination mit den 170 mm langen Kurbeln ist hier angenehm aufgefallen, so hatten wir kaum Pedalaufsetzer zu verzeichnen, was in unseren Augen bei technischen Anstiegen wichtig ist.
Das Fahrwerk verhielt sich bergauf sehr unauffällig und wir sind es die ganze Zeit im offenen Modus gefahren. Ein nerviges Wippen war nicht zu vernehmen und dennoch war der Hinterbau sensibel und aktiv und hat eine tolle Traktion generiert.
Die neue Shimano XTR 12-fach Schaltung funktioniert tadellos und sorgt für knackige, aber reibungslose Gangwechsel.
Downhill
Bergab ist das Shuttle schon eine echte Granate. Es liegt sehr satt auf dem Trail, stellt jederzeit bereitwillig den Federweg zur Verfügung, ohne das Gefühl zu vermitteln, dass das Bike durch den Federweg rauscht. Im Gegenteil, es ist jederzeit ein gewisser Gegendruck und somit Feedback vorhanden. Außerdem bieten der Hinterbau und die Gabel genügend Pop, um über Wellen zu pushen oder an kleineren Hindernissen abzuziehen.
Das Shuttle lässt sich sehr agil durch Kurven navigieren, spielerisch über Hindernisse bewegen und dennoch legt es eine angenehme Laufruhe und einen hohen Grundspeed an den Tag, so dass selten das Gefühl aufkommt, dass man gerade auf einem E-Bike mit knapp über 20 kg unterwegs ist (was leicht ist für ein E-Bike in dieser Klasse).
Erst wenn es mit Geschwindigkeit auf Kurven zugeht, muss beherzter in die Bremsen gegriffen werden, denn das Bike schiebt dann spürbar geradeaus. Die Shimano XT Vierkolbenbremsen machen hier einen sehr guten Job und sind auch sinnvoll gewählt. Die 140 mm Federweg fühlen sich super potent an.
Angesichts des kurzen Testzeitraums haben wir tatsächlich nur eine Kleinigkeit gefunden. Leider sorgt die Kettenführung im Zusammenspiel der Kette für ein wahrnehmbares Klappern.
Als absolut sinnvolle Anpassung hat sich unseres Erachtens der Wechsel auf die 29“ Räder herausgestellt. Das Überrollverhalten ist gegenüber den dicken 650b Schlappen nicht schlechter geworden. Dafür hat sich aber der Rollwiderstand verringert. Entscheidend für uns ist, dass sich das Shuttle nun viel präziser und direkter steuern lässt.
Fazit
Mit dem Shuttle ist Pivot 2017 ein großer Wurf gelungen, mit dem sie gleich in die Topliga der E-Mountainbikes vorgedrungen sind. Kein Wunder, dass das neue Modell keine außergewöhnlichen Änderungen erfahren hat. Dennoch sind die kleineren und größeren Veränderungen sehr sinnvoll gewählt und machen das Shuttle weiterhin zu einem der interessantesten E-Mountainbikes auf dem Markt. Der Shimano Motor weiß mit seiner unkomplizierten, seichten und bei Bedarf auch kraftvollen Unterstützung zu überzeugen. Das Shuttle macht eine sehr ausbalancierte Figur mit dem es sich gut und leicht bergauf klettern lässt. Bergab vermittelt es nicht das Gefühl, dass man auf einem E-Bike unterwegs ist, so agil und handlich lässt es sich steuern. Die Komponenten sind in beiden Ausstattungsvarianten sinnvoll gewählt. Bleibt einzig der Wehrmutstropfen mit dem Preis.
Text und Redaktion: Philipp Kargel, Thomas Kappel
Fotos: Stephan Peters Design
weitere Informationen: Pivot Cycles