Selten wurden wir so oft auf eine Federgabel angesprochen wie auf die SR Suntour Durolux R2C2, welche wir in unserem Enduro Race Bike verbaut haben. Das liegt zu einem großen Teil am attraktiven Preis der Gabel im Vergleich zu dem ein oder anderen Hersteller. Außerdem bietet die Durolux mit der R2C2 Kartusche Einstellungsmöglichkeiten ohne Ende. Aber wie hat sich die Single Crown Gabel fürs Grobe vom Branchenriesen SR Suntour in der Realität geschlagen? Das haben wir für euch herausgefunden.
Inhaltsverzeichnis
Produktvorstellung
Neben dem Luftdruck in der Positivkammer lassen sich sowohl Low- und High Speed Druckstufe als auch Low- und High Speed Zugstufe extern einstellen. Die Negativfeder besteht aus einer echten Stahlfeder. Außerdem lassen sich der Federweg und die Progression mittels Token individuell anpassen. Der Federweg lässt sich in 10 mm Schritten per Spacer im Bereich der Negativfeder von 170 mm auf 150 mm Federweg reduzieren und auch wieder erweitern. Die Kennlinie der Luftfederung lässt sich mit bis zu drei Luftkammervolumen Spacer anpassen. Für eine ordentliche Portion Steifigkeit sollen die mächtigen Standrohre mit einem Durchmesser von 36 mm sorgen. Die Krone wurde entsprechend konzipiert, um der Durolux einen sehr steifen Charakter zu verpassen.
Federweg | 150 – 170 mm (160 mm getestet) |
Einbaustandard | 15 x 110 mm (getestet); 20 x 110 boost ready |
Reifenfreiheit | 29 x 2,6“; 27,5 x 2,8“ |
Bremsaufnahme | Postmount 180, max. 203 mm |
Federung | Luft; Negativstahlfeder |
Dämpfung | R2C2 (getestet); RC2 |
Standrohr | 36 mm |
Gewicht | 2170 g |
Preis | 759,00 € |
Von der Optik her hat uns die Durolux sofort sehr gut gefallen. In dezentem schwarzen Gewand mit blau-weißen Highlights steht die Gabel sicherlich jedem Bike gut. Die 36 mm dicken Standrohre geben ein wuchtiges, aber auch vertrauenserweckendes Erscheinungsbild ab. Auch die Verarbeitung hat einen guten und wertigen Eindruck hinterlassen, was Kratzer und Lackabplatzer zur Mangelware werden lässt.
Erstkontakt
Im Vergleich zum Vorgängermodell hat SR Suntour nach ihren Angaben 70 Gramm an Gewicht eingespart. Dazu haben sie das Design unter Rücksichtnahme der unterschiedlichen Krafteinflüsse optimiert. So ist das Casting auf der Bremsenseite etwas stärker konstruiert, um den dort höher einwirkenden Kräften entgegenzuwirken. An weniger gestressten Stellen konnten sie dagegen Material einsparen. Auf die Waage bringt die Durolux 2170 g (selbst gewogen, ungekürzter Gabelschaft). Ein Wert den wir akzeptabel finden, wenn man berücksichtigt, dass sie auch für den harten Freeride Einsatz gewappnet ist.
Die Einstellrädchen für die Druck- und Zugstufe sind leicht zu bedienen. Farblich voneinander abgehoben, wird deutlich, welches Rädchen für welche Einstellung vorgesehen ist. Und gerade die Beschriftung der Druckstufe macht die Verstellung sehr intuitiv. Ebenso ist die Rasterung der Klicks ausreichend gut definiert.
Die Steckachse war sowohl optisch als auch vom Umgang her zunächst gewöhnungsbedürftig, hat uns aber von der Funktion her nach relativ kurzer Zeit sehr gut gefallen. SR Suntour verzichtet bei der Achse auf ein Gewinde in den Ausfallenden des Castings. Das hat den Vorteil, dass auch kein Gewinde dreckig werden kann, wenn man die Steckachse versehentlich in den Dreck auf dem Trail gelegt hat. Außerdem funktioniert der Mechanismus super schnell. Schneller bekommt man keine Achse eines Mitbewerbers montiert oder positioniert!
Was wir wirklich schick finden, ist das im Lieferumfang enthaltene Schutzblech. Dies lässt sich mit Hilfe von vier Schrauben schnell montieren und demontieren. Zudem fügt es sich sehr harmonisch in das Erscheinungsbild der Durolux, aber auch ins Gesamtbild des Bikes ein. Klasse!
Setup
Da die Durolux standardmäßig mit 170 mm Federweg ausgeliefert wird, haben wir diesen zunächst, passend auf unser Testbike, einem Trek Slash, auf 160 mm reduziert. Das ist ein recht simples Procedere und geht schnell von der Hand. Wie das genau funktioniert, haben wir euch im Rahmen unserer Aufbaustory des Enduro Race Bikes bereits gezeigt. Aber auch SR Suntour selbst bietet dazu eine Anleitung per Video auf ihrer Homepage an.
Im Lieferumfang der Durolux liegt unter anderem eine Bedienungsanleitung bei. Darin wird für einen Federweg von 160 mm ein SAG zwischen 20 und 25 % empfohlen. Eine Hilfestellung für ein Grundsetup der Druck- und Zugstufe ist leider nicht enthalten. Wir haben den Negativfederweg zunächst mit 25 % und die Dämpfung der Low Speed Zugstufe so eingestellt, dass das Vorderrad nach dem Ausfedern gerade so nicht den Boden verlässt. Die High Speed Zugstufe haben wir wie die Low und High Speed Druckstufe zunächst unberührt gelassen, also keine Dämpfung eingestellt. Aus der Positivkammer haben wir alle drei standardmäßig mitgelieferten Volumen Spacer entfernt.
Mit diesem Grundsetup ging es nun auf den Trail und ein Marathon an Abstimmen, Experimentieren, Ausprobieren, Verwerfen und wieder von vorne Anfangen nahm seinen Lauf.
Auf dem Trail
Wie wir es auch schon von anderen Federgabeln kennen, die eine Negativfeder aus Stahl besitzen, konnte die Durolux mit einem sehr geschmeidigen Ansprechverhalten überzeugen. Selbst bei langsamen Geschwindigkeiten bergauf folgte das Vorderrad stets dem Untergrund und so ließ es sich jederzeit kontrolliert steuern. Erst wenn man aus dem Sattel geht, fängt die Durolux etwas an zu wippen. Eine Lockout oder Plattform Funktion bietet die Durolux für diesen Fall nicht.
Bergab überzeugte uns die Durolux zunächst mit einem geringen Losbrechmoment und einem feinen Ansprechverhalten auch bei langsamen Geschwindigkeiten. Jedoch haben wir schnell die Erfahrung gemacht, dass wir immer recht viel Federweg genutzt haben. Also haben wir zunächst die Druckstufendämpfung (Low Speed und High Speed) erhöht. Wir haben festgestellt, dass man bei den wenigen Klicks für die High Speed Druckstufe bei jedem Klick eine Veränderung spürt, während man bei der Low Speed Druckstufe ruhig mal 2-3 Klicks nutzen kann, um auch eine Veränderung an der Dämpfung zu spüren.
In langsamen, technischen Abfahrten hat uns die Anpassung der Dämpfung weitergeholfen. Wurden die Trails schneller und die Schläge vom Untergrund härter, war der Federweg wieder schnell am Ende. Jedoch wollten wir die Druckstufendämpfung nicht bis zum Anschlag drehen. Also haben wir uns mit Volumen Spacern geholfen.
Am Ende sind wir bei zwei Spacern gelandet und folgender Druckstufendämpfung.
Low Speed Compression: 7 / 16 Klicks (von zu nach auf)
High Speed Compression: 2 / 5 Klicks (von zu nach auf)
So abgestimmt ist die Durolux für unsere Verhältnisse zwar ziemlich straff, aber wir konnten ein gleichmäßigeres Dämpfungsverhalten erzielen und verschenkten nicht zu schnell zu viel Federweg. Die Low Speed Zugstufe haben wir fast so gelassen, wie bei unserem Garagensetup und sind damit gut gefahren. Der High Speed Zugstufe haben wir dafür etwas mehr Dämpfung geschenkt, um harte Schläge kontrolliert abfangen zu können und damit wir nicht durch das Ausfedern härtere Impulse an den Lenker übermittelt bekommen, als durch den eigentlichen Schlag.
Alternativ kann die Durolux auch mit 20 % SAG gefahren werden und einem Volumen Spacer weniger. In der Variante hat sie mehr Support im mittleren Federwegsbereich, verliert aber dafür etwas an Sensibilität.
Uns war diese Einstellung auf langen Stages etwas zu anstrengend. Außerdem empfanden wir, dass die Durolux mit 25 % SAG, zwei Token und etwas mehr Druckstufendämpfung etwas gleichmäßiger und vorhersehbarer reagierte.
Kommen wir zu etwas, was wir nicht verschweigen können, da es unüberhörbar war und das ist die Lautstärke der Durolux. Diese ist außergewöhnlich laut und hat uns doch etwas irritiert. Einerseits hörten wir ein mehr oder weniger typisches, aber sehr lautes Schlürfen durch den Ölfluss, wenn die Gabel nach einer Kompression wieder ausfedert.
Aber leider auch ein metallisches Schlagen. Das metallische Geräusch stellte sich als eine lockere Negativfeder heraus. Nachdem diese wieder fixiert wurde, konnte dieses laute Geräusch gebannt werden.
Worüber wir uns nicht beschweren können, ist die Spurtreue der Durolux. Sowohl in offenen als auch in Anliegerkurven sowie in Stein- und Wurzelfeldern konnte uns das steife Casting voll und ganz überzeugen. Erfreulicherweise knackt und knarzt auch nach fast einem ganzen Jahr unter teilweise widrigen Bedingungen nichts an der Verbindung vom Schaft zur Krone.
Wie bereits erwähnt, sind wir von dem im Lieferumfang enthaltenen Schutzblech total begeistert. Nicht nur die Montage und Demontage geht einfach von der Hand. Es fügt sich auch toll ins Erscheinungsbild ein und das wichtigste, es überzeugte uns auch in der Funktion. Dadurch, dass das Schutzblech auch noch ein gutes Stück vor die Gabelbrücke führt, bekamen wir bei Abfahrten mit starkem Regen oder Schmutz, der durch die rotierenden Reifen aufgewirbelt wird, so gut wie nichts ins Gesicht oder auf die Brille. Bietet die Durolux grundsätzlich massig Reifenfreiheit an, muss man aber leider auch erwähnen, dass diese durch das Schutzblech etwas eingeschränkt wird.
Ein weiterer Pluspunkt ist die Wartung der Durolux, denn diese geht sehr leicht von der Hand. Ab Werk ist im Casting kein Schmieröl enthalten, was es zu einer sauberen Angelegenheit macht, wenn man die Gabel öffnet, um beispielsweise den Federweg zu reduzieren oder die Staubdichtungen zu kontrollieren, ggf. zu reinigen und neu mit Slick Kick zu schmieren. Wer aber beispielsweise die Serviceintervalle etwas verlängern will, der kann über zwei Abschmiernippel im Casting 2-3 ml 10W oder 7,5W Schmieröl einfüllen. Mehr sollte aber nicht eingefüllt werden, was bei mehrfacher Nutzung dieser Funktion zu beachten ist.
Fazit
Mit der Durolux R2C2 stellt SR Suntour eine Federgabel zur Verfügung, die uns mit einem tollen Ansprechverhalten, einem steifen Casting, vielseitigen Einstellungsoptionen und schicken Erscheinungsbild zu einem fairen Preis überzeugen konnte. Die vielen Einstellmöglichkeiten machen die Durolux gerade für erfahrene Fahrer empfehlenswert. Anfänger könnten sich ohne vollkommene Anleitung etwas überfordert fühlen und nichts ist schlimmer als ein schlecht eingestelltes Fahrwerk. Als Alternative bietet SR Suntour die RC2 Kartusche für die Durolux an. In unseren Augen ist die laute Geräuschkulisse leider eher irritierend und passt nicht zum Trend immer leiser werdender Bikes. Was uns dagegen sehr gut gefallen hat ist die sehr leichte Wartung und natürlich das mitgelieferte Schutzblech. Alles in allem bekommt man für eine UVP von 759,00 € eine wirklich gut funktionierende Federgabel.
Text: Philipp Kargel
Redaktion: Robin Krings
Fotos: Michael Klasen, Jakub Reichhart