In der letzten Zeit haben wir einige Rucksäcke mit integriertem Rückenprotektor vorgestellt und getestet. Natürlich darf der Urvater aller Protektorenrucksäcke hier nicht fehlen; der Deuter Attack 20. Als erster seiner Art gewann er bei der Einführung 2005 den Eurobike Innovation Award.
Produktvorstellung
Seit 2005 wird der Attack nahezu unverändert produziert. Hier und da gab es leichte Anpassungen aber im Großen und Ganzen hat er sich kaum verändert.
Wie so oft beginnen wir mit dem ersten Eindruck und dieser lautet schwer. Bei 1,7kg Leergewicht ist der Deuter Attack 20 der bis jetzt schwerste Rucksack in unseren Tests. Mit entsprechend gemischten Gefühlen ging es zur ersten Anprobe und da kam der „aha“-Effekt: bequem, verdammt bequem. Und das hohe Gewicht? Fällt gar nicht auf. Bis dato galt für uns der Evoc Enduro Blackline als bequemster Rucksack im Test. Diesen Rang hat ihm der Attack abgelaufen. Wie von Deuter Rucksäcken gewohnt, spielt er in Sachen Tragekomfort in einer anderen Liga.
Das Außenmaterial besteht aus Deuter-Super-Polytex und HexLite 210. Die Kombination beider Materialen ist gewichtsreduzierend und trotzdem abrieb- bzw. reißfest. Eine genaue Beschreibung beider Materialien ist auf der Deuter Homepage zu finden. >>LINK
An den Seiten befinden sich neben Kompressionsriemen dehnbare Taschen, in denen wunderbar eine Regenhaube oder Verpflegung für den Schnellzugriff verstauen werden kann.
Der Attack ist in drei große Fächer unterteilt. Nah am Rücken teilen sich der TÜV/GS geprüfte PSA-Rückenprotektor aus visko-elastischem SC 1 Schaum und die Trinkblase ein Fach. Der Protektor ist herausnehmbar und die Trinkblase wird mit einem Klett fixiert.
Das Hauptfach ist zwar tief aber dafür recht schmal. Bei gefüllter Trinkblase und vollem Werkzeugfach, verringert sich der Stauraum drastisch. Zwar reicht er immer noch aus, um genügend Gepäck für eine Tagestour zu beherbergen, jedoch können Beladung und Entnahme „fummelig“ werden.
Das Werkzeugfach befindet sich an der Außenseite und lässt sich dank großzügigem Reißverschluss weit öffnen. Zu diesem Zweck müssen die Befestigungsflaps geöffnet werden. Im Deckel befinden sich drei große Fächer, in denen Minitool und Ersatzteile Platz finden. Das Werkzeugfach ist erneut unterteilt und bietet zwei Laschen für Luftpumpen, für z.B. eine Reifen- und eine Dämpferpumpe.
Mit unserer typischen Testausrüstung beladen wiegt der Attack 6,2kg. Ein starker Griff erleichtert den Transport des Rucksacks, sollte er einmal nicht auf dem Rücken getragen werden. Apropos Tragen. Ein kompakter Sitz des Rucksacks wird durch extra breite Hüftflügel am Hüftgurt und weit innen liegendem Ansatzpunkt realisiert. Die gut gepolsterten Schultergurte verteilen das Gewicht angenehm, ohne dabei trotz ihrer geringen Breite einzuschneiden.
Praxis
Fluch und Segen zugleich: Aufgrund seiner V-Form deckt der Attack von der Wirbelsäule bis zum Steißbein alle empfindlichen Körperteile ab und bietet dem Fahrer dennoch große Bewegungsfreiheit. Er lässt sich dadurch jedoch unkomfortabel beladen. Der Rucksack bleibt schlichtweg nicht stehen, egal ob alleine oder irgendwo angelehnt. Ständig fällt er um.
Das Hauptfach lässt sich nicht weit öffnen, was nicht nur das Beladen erschwert, sondern auch die Entnahme von z.B. einer Regenjacke. Spätestens wenn sich noch weitere Accessoires wie Ersatzhandschuhe o.ä. im Hauptfach befinden. Schön hingegen ist die Unterbringung der Trinkblase in einem separaten Fach. So kann diese unabhängig von der Beladung entnommen und wieder eingesetzt werden.
Wichtiger als das Be- und Entladen ist das Tragegefühl eines Rucksacks. Genau hier glänzt der Deuter heller als andere Wettbewerbsprodukte. Das höhere Gewicht fällt kaum bis gar nicht auf, da es dank der Kombination aus Schulter-, Brust- und Hüftgurt mit breiten Flügeln sowie dem in Abfahrtsposition gebogenen Rückenteil perfekt verteilt wird. Sobald der Rucksack korrekt eingestellt ist, verschmilzt er mit dem Körper und gerät in Vergessenheit.
Ein weiteres Highlight ist die Trinkschlauchführung. Als einziger Hersteller führt Deuter den Trinkschlauch durch die Schultergurte, was das Innere vor Einflüssen, wie einem leichten Regenschauer, bestens schützt. Der obere Teil beider Schultergurte (der Schlauch kann beidseitig geführt werden) ist dabei zweigeteilt und wird mit einem Klett verschlossen.
Wer auf einer Tour seine Wertsachen oder einen MP3 Player verstauen möchte, der wird sofort das fehlende Wertsachenfach vermissen. Zwar hat sich zu diesem Zweck ein Netzfach im Hauptfach bewährt, optimal ist dies allerdings nicht.
Protektorentransport, eine der Kernkompetenzen eines Rucksacks dieser Kategorie. Der Attack bedient neben dem MTB auch den Winterspot. Auf der Rückseite befinden sich universelle Hyperlon-Befestigungsflaps, mit denen nicht nur Protektoren für uns Biker befestigen lassen, sondern auch SKI, Stöcke bis hin zu Snowboards.
Etwas lieblos in einem der Fächer findet man das Helmnetz. Hier würden wir uns eine ähnlich clevere Lösung wünschen, wie z.B. beim Deuter Compact EXP, der das Helmetz in einer kleinen Tasche an der Außenseite beherbergt. Am Attack wird das Helmnetz in dafür vorgesehene Ösen auf den Befestigungsflaps eingesetzt. Es lassen sich sowohl Fullface-, als auch Halbschalenhelme mit ihm transportieren.
Dank des großen Ausschnitts am Rücken, ist der Attack kompatibel zu Neckbraces wie dem Leatt DBX 5.5. Neckbraces mit sehr breiten Schulterauflagen hingegen dürften nicht durchpassen.
Einsatzgebiet
Wo liegt in unseren Augen das Einsatzgebiet und was kann vom Deuter Attack erwartet werden. Er ist gewiss kein reiner Tourenrucksack. Allein aufgrund des Gewichts und der Art der Fächeraufteilung dürften reine Tourenfahrer irgendwann unglücklich werden. Wir sehen den Attack hauptsächlich auf den Rücken von Enduro-Rennfahrern, Parkbesuchern, Alpen-Crossern mit Gepäckshuttel oder bei Besuchen in Gebieten wie Portes du Soleil.
Fazit
Auch wenn der Urvater aller Protektorenrucksäcke in die Jahre gekommen ist, kann er es mit den Jungspunden von heute aufnehmen. Aus Sicht der Tourentauglichkeit bzw. dem Handling würde ihm ein Facelift in Sachen Gewicht, Fächeraufteilung und Beladungskomfort gut stehen, was aber auch die einzigen Kritikpunkte bleiben.
Die unverbindliche Preisempfehlung von 159,95€ ist gerechtfertigt und liegt im üblichen Rahmen.
Seine Vorzüge liegen klar auf der Hand: unglaublich bequem zu tragen, massig Bewegungsfreiheit trotz Wirbelsäulen- und Steißbeinschutz und clevere Trinkschlauchführung. In Gegenden wie Portes du Soleil, wo man dank einer Unzahl von Liften einen Berg nach dem anderen befahren kann, bietet er neben der Trinkblase genügend Stauraum für Regenjacke, Werkzeug und Ersatzteile.