Das die Engländer schnell bergab fahren können ist unbestritten, aber dass sie auch verdammt schnelle Bikes bauen ist hierzulande noch eher unbekannt. Dem wollen wir hier entgegen wirken und haben uns die ehemalige Racewaffe von Manon Carpenter, mit dem sie World Champ wurde,  in die Redaktion geholt, das Saracen Myst.

Saracen Myst
Edel ausgestattet mit Tuning Fahrwerk

Produktvorstellung

Als „Traum aus Carbon“ präsentiert sich uns das Myst. Rahmendreieck, Hinterbau und Dämpferanlenkung, alles aus feinster Kohlefaser. Dabei spart das Material nicht nur einiges an Gewicht zum Alu Vorgänger, sondern macht auch einen sehr edlen Eindruck. Vor allem bei Sonnenschein ist die UD Carbon Oberfläche mit feinem Klarlack eine Augenweide. Für ein sauberes Gesamtbild sind natürlich alle Leitungen im Rahmen verlegt.

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Ready for Action

Der deutsche Vertrieb MRC Trading hat den Aufbau des Saracen Myst übernommen und hat es sich nicht nehmen lassen, das eh schon edel ausgestattete Bike noch mit den Tuning Federelementen von Fast Suspension und ND Tuned aufzuwerten. Klartext: Vorne kommt eine RockShox Boxxer mit Solo Air Einheit und der FAST Suspension CO3 Kartusche und am Heck der ND Tuned DH 2XRC3 Dämpfer, der mit dem Einbaumaß 241 x 76 gute 203 mm Federweg bereitstellt zum Einsatz. Exklusiver kann ein Fahrwerk damit kaum sein. Der Dämpfer wird nämlich komplett personalisiert ausgeliefert und dabei auf das Fahrergewicht, Können und Rahmen abgestimmt. Profi Feeling für Jedermann! Wer sich den Traum vom personalisierten Bike erfüllen möchte, muss allerdings ein wenig tiefer in die Tasche greifen. Die Topausstattung des Myst mit Fox Fahrwerk liegt bei 6499,- €. Der Custom Aufbau, wie wir ihn getestet haben, kann aber auch genauso bei MRC Trading bestellt werden. Den Preis gibt es dann auf Anfrage, er sollte sich aber grob an dem Preis der Topausstattung orientieren.

Die Geometrie zeigt sich mit einem 445 mm langen Reach (bei Rahmengröße L) modern, wem das noch nicht ausreicht hat die Möglichkeit über den mitgelieferten Offset Steuersatz weitere ± 5 mm heraus zu kitzeln. Auch der Vorbau aus dem Hause Gamut erlaubt eine Verstellung um ± 5 mm bei einer nominellen Länge von 50 mm. Wir haben diese Möglichkeit dankend angenommen und die Reichweite des Lenkers ganz nach der Vorliebe des Testers um 10 mm verkürzt.

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Quelle: Saracen Bikes

Auf dem Trail mit dem Saracen Myst

Das Fahrwerk lässt wohl ziemlich jeden Rennfahrer und Technikverliebten das Herz höher schlagen. Über die RockShox Boxxer mit CO3 Kartusche haben wir ja bereits Berichtet und auch in dem Saracen Myst arbeitet sie auf höchstem Niveau.

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Lädt zum spielen ein

Dank Luftfeder und der Verwendung von Bottomless Tokens lässt sich die Gabel kinderleicht auf das Fahrergewicht und Vorlieben einstellen. Wir haben mit 60 PSI in der Gabel und einem verbauten Token begonnen. MRC Trading hat als Grundsetup empfohlen bei allen Einstellungen in der Mitte zu starten. Nach den ersten Abfahrten haben wir daran gar nicht viel ändern müssen und landeten letztlich bei 16 von 35 Klicks an der Zugstufe, 23 von 54 Klicks bei der Low Speed Druckstufe und 15 von 20 Klicks bei der High Speed Druckstufe, alles von komplett geöffnet. Bei der sehr feinen Rasterung der LSC macht es Sinn für die grobe Einstellung immer zwei Klicks zu nutzen und für die Feineinstellung dann jeweils einen Klick.

Der DH 2XRC3 Dämpfer steht der Gabel in Sachen Einstellbarkeit in nichts nach. Er ist mit 386 Gramm (ohne Feder) nicht nur der leichteste Stahlfederdämpfer auf dem Markt, sondern wartet zusätzlich mit einer sehr feinen Rasterung der HSC, LSC und Zugstufe auf, sodass jeder sein ideales Setup finden sollte. Bei einem Fahrergewicht von 66 kg wurde uns eine 300 LBS Feder für den Dämpfer empfohlen, was in ca. 30 % SAG resultierte. Auch hier starteten wir wieder mit einer mittleren Einstellung und sind letztlich bei 21 von 48 Klicks an der Zugstufe, 10 von 32 Klicks an der LSC und 0,5 von 1,5 Umdrehungen an der HSC angekommen. Wir haben ürsprünglich mit einem etwas strafferen Setup gestartet. Aufgrund der vielen Tage sind wir jedoch schnell bei diesem weicheren Setup gelandet, um die Arme ein wenig zu schonen.

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Überall „bling, bling“, feinste Kohlefaser und der ND Tuned DH 2XRC3 Dämpfer

Bei dem Großteil der Strecken hat sich diese Einstellung als guter Mittelweg gezeigt. Lediglich auf Flowlines mit hohen Anliegern und daraus folgend starken Kompressionen hätten wir uns trotz recht weit geschlossener LSC ein wenig mehr Gegenhalt vom Dämpfer gewünscht. Mit dem Tausch auf eine etwas straffere Feder hat sich das aber schnell gelegt. Die stärkere Feder macht das Myst zusätzlich an Absprüngen ein bisschen lebhafter und verleiht ihm mehr Pop. Das Verhalten in der Luft bleibt dabei immer stabil und ausgewogen.

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Auch in der Luft macht das Myst eine gute Figur

Nach dem Einrollen auf den Flowlines ging es in gröberes Geläuf, wo der 63° flache Lenkwinkel und die 437 mm langen Kettenstreben für Laufruhe sorgten. Nach ein Paar Runden war klar, das Myst will es hart und dreckig und ist damit der perfekte Begleiter für jegliche Downhillstrecke. Zentral im Rad stehend, bringt es sehr viel Vertrauen mit und animiert den Fahrer die Bremse bei jeder Runde ein wenig mehr offen zu lassen. Drops, Sprünge oder Highspeed, das Myst fühlt sich überall wohl, wo es grob zur Sache geht. Dabei bleibt es immer angenehm ruhig, so dass sich manch einer erschrecken kann, wenn man plötzlich hinter ihnen auftaucht. Steuert man enge Kurven an, ist durch den langen Radstand allerdings eine gute Linienwahl und etwas Körpereinsatz gefragt, um mit Schwung herum zu kommen.

Eine Eigenart des ein-Gelenk-Hinterbau´s  ist, dass er beim Anbremsen auf Bremswellen spürbar straffer wird. Das kann zu Traktionsverlust führen und wenn man darauf nicht vorbereitet ist zum verlassen der Ideallinie. Nach kurzer Eingewöhnung schult es aber die Fahrtechnik im gewissen Sinn, dass man sich angewöhnt rechtzeitig vor Bremswellen den Anker zu setzen und ohne Verzögerung durch zu rollen. Beherrscht man seine Bremsen, saugt sich der Hinterbau förmlich an den Boden und animiert, ganz wie für ein Racebike typisch, immer mehr Geschwindigkeit aufzunehmen. Ein weiterer Vorteil in steilem Gelände: wenn man bremst geht der Hinterbau in die Federung wodurch der Lenkwinkel flacher wird und man wiederum mehr Kontrolle an steilen Hängen bekommt.

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Mit offener Bremse saugt sich das Myst förmlich an den Boden

Jenseits des Fahrwerks wird auf die über allen Zweifel erhabene Shimano Saint Gruppe vertraut. Sei es der schnelle Gangwechsel oder das Verzögern aus Racegeschwindigkeit, die Shimano Saint liefert! Mit 203 mm ICE-TEC Bremsscheibe an Front und Heck kann man sich beruhigt in die längste Abfahrt stürzen ohne das Öl in den Bremsleitungen zum Kochen zu bringen. Damit die Bremskraft auch am Boden ankommt wurden Maxxis High Roller 2 in der klebrigen Super Tacky Mischung verbaut. In Kombination mit den DT Swiss FR 570 Felgen auf Shimano Saint Naben hat man einen bombensicheren Laufradsatz.

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Der Shimano Saint Antriebsstrang

Während unseres Tests konnten wir zwar keine Ausfälle verzeichnen, dennoch würden wir uns einen Unterrohrschutz zum Schutz des schicken Carbonrahmens wünschen.

Mit gerade einmal 16,2 kg ohne Pedale stößt das Saracen Myst in Regionen vor, die vor ein Paar Jahren noch von den Enduros besetzt war und dabei ist sogar noch stabiler Kram (Saint und Laufräder) verbaut! Eine erfreuliche Entwicklung die nicht nur das Bike, sondern auch das Handling erleichtert.

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Gerade einmal 16,2 kg bringt das Myst auf die Waage

Fazit

Im Laufe unseres Test haben wir mit dem Saracen Myst einiges an Tiefenmetern vernichtet. Die meiste Zeit wurde es dabei auf schnellen, verblockten Strecken bewegt und hat uns mit seiner herrlichen Laufruhe überzeugt. Weniger verspielt aber dafür umso schneller ist das Myst ein idealer Begleiter für Racer. Wer nach Sekunden Jagd bekommt mit dem Saracen Myst und dem feinen Tuning Fahrwerk eine absolut heiße Racewaffe.


Text: Thomas Kappel
Bilder: Michael Klasen, Thomas Kappel
Weitere Informationen: Saracen Bikes, MRC Trading

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