Biken in Kanada ist für viele Mountainbiker der Traum schlechthin. Als Mekka des Bikens bietet Kanada schier unendlich viele Möglichkeiten unseren Lieblingssport maximal zu erleben. Unsere Leser Miriam und Alex haben diesen Traum wahr werden lassen und mit einem Wohnmobil und ihren Bikes diverse Hotspots dieses faszinierenden Landes bereist. An dieser Stelle schon einmal vielen Dank an unsere beiden Gastautoren Miriam und Alex für den interessanten Bericht.
Es geht los!
Mit Biketasche und Rucksack stehen wir am Frankfurter Flughafen. Neben der ganzen Ausrüstung haben wir auch eine Menge Vorfreude im Gepäck, schließlich geht es in das Bikeland schlechthin: Kanada. Genauer gesagt nach British Columbia. Per Direktflug mit Condor fliegen wir in knapp 10 Stunden von Frankfurt nach Vancouver. Für den Flug muss man je nach Saison zwischen 700 und 900€ rechnen. Der Biketransfer wird pro Flugstrecke berechnet und variiert je nach Fluggesellschaft. Condor ist mit 160€ gesamt recht günstig. Lufthansa verlangt hier ca. 250€ pro Flugstrecke, was das Leihen der Bikes vor Ort wieder interessanter macht. Für ein Leihbike in Whistler muss man um die 100€ pro Tag rechnen, je nach Ausstattung auch mehr. Wenn man mindestens 4-5 Tage biken möchte und vor allem auch Touren in abgelegene Gebiete plant (wo es vielleicht keinen Bikeshop in der Nähe gibt) ist man mit dem eigenen Bike meiner Meinung nach besser beraten.
Die ersten drei Tage verbringen wir in Vancouver. Als Metropolregion umfasst der Großraum Vancouver einige Ortschaften mit einer Gesamteinwohnerzahl von etwa 2,5 Millionen Menschen. Das eigentliche Stadtzentrum befindet sich in Downtown. Vancouver ist eine sehr schöne Stadt in der es einiges zu sehen gibt. Da wäre z. B. der Stanley Park, nördlich der Innenstadt auf einem Landzipfel gelegen, zu nennen. Um den Park führt ein ca. 10km langer Radweg. Man kann sich Fahrräder mieten oder den Park und die Hafenbereiche zu Fuß erkunden. Direkt am Wasser gelegen gibt es natürlich etliche Strände, die speziell in den Abendstunden ein viel genutzter Treffpunkt sind. Zudem kann man in der Hafenbucht Wasserflugzeuge starten sehen. Diese nehmen Touristen mit auf Rundflüge mit oder bringen sie in abgelegene Gebiete. Die großen Kreuzfahrtschiffe liegen am Canada’s Place, Vancouvers Kreuzfahrthafen. Vancouver ist eine typisch nordamerikanische, sehr entspannte Stadt. Die Menschen sind nett und hilfsbereit und sehr interessiert, wenn sie merken, dass man aus Europa kommt. Freundlichkeit und gute Restauranttipps hatte auch die Gastgeberin unserer AirBnB-Unterkunft für uns parat. Zudem bot das Apartment eine grandiose Aussicht auf die English Bay und genug Platz für unser Gepäck und unsere Mountainbikes (eingepackt in die Evoc Biketaschen).
Am Dienstag ging es für uns dann endlich los. Nach Übernahme unseres Wohnmobils heißt es erstmal die Bikes zusammenbauen und Vorräte auffüllen. Lebensmittel und Dinge des täglichen Gebrauchs sind etwas teurer als bei uns, deshalb sollte man Duschgel etc. möglichst mitnehmen. Im Supermarkt lohnt sich der Griff zur Großpackung, zudem gewähren die großen Märkte Rabatte, sofern man eine Kundenkarte hat. Diese kann sich bei einem längeren Aufenthalt eventuell lohnen. Bei allen Einkäufen oder beim Bezahlen in Restaurants muss man beachten, dass zu dem angegebenen Preis noch Steuern hinzukommen (GST: goods and service tax; PST: provincial sales tax). Im Restaurant ist zudem ein Trinkgeld von 10-15% üblich.
Nachdem die Vorbereitungen getroffen sind, können wir unseren Roadtrip starten. Natürlich sollen einige Bike-Hotspots angesteuert werden, von denen man schon so oft gehört bzw. gelesen hat: Squamish, Whistler, Kamloops – um nur ein paar aufzuzählen. Da es bei unserer Reise aber nicht ausschließlich ums Biken geht, haben wir auch die Wanderschuhe eingepackt und wollen die unglaublich schöne Natur genießen. Für die geplanten rund 2.500 km haben wir knapp zwei Wochen Zeit. Das war absolut machbar und wir hatten zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass wir uns hetzen müssen. Mehr Zeit ist aber natürlich immer gut. Fest gebucht hatten wir nichts, wo es uns gefiel bzw. das Wetter mitgespielt hat, haben wir unser Lager auf einem der zahlreichen Campingplätze aufgeschlagen. Es gibt staatliche und private Campingplätze, die staatlichen (meist in den Nationalparks) sind etwas einfacher aber dafür schöner gelegen. Sanitäre Einrichtungen (Duschen, Toiletten) sind meist aber auch hier vorhanden. Auf den privaten Campingplätzen genießt man etwas mehr Komfort wie z. B. Internetzugang oder Waschautomaten. Wildes Camping ist in der Regel nicht gestattet und kann in den geschützten Nationalparks teuer werden. In Stadtgebieten kann man teilweise die Parkplätze von Supermärkten als Stellplatz nutzen.
Der erste Weg führt uns dann, entgegengesetzt dem Bikemekka Whistler, nach Vancouver Island. Mit der Fähre setzt man über und kann auf der ca. 1 ½ stündigen Überfahrt schon einiges sehen. Wir haben Glück und konnten sowohl bei der Hin- als auch bei der Rückfahrt Buckelwale sehen. Im Voraus hatten wir bereits eine Whale Watching Tour in Tofino gebucht, diese startete freitags morgens und dauerte ca. drei Stunden. Tofino ist eine Küstenstadt direkt am Pazifik. Neben Ausfahrten mit Booten ist es auch ein absoluter Surfhotspot. Je nach Jahreszeit kann man zudem die Wanderung der Lachse beobachten. Wir hatten auf dem Rückweg von Tofino zur Fähre in Nanaimo am Stamp Falls Provincial Park Glück und die Lachse waren bereits angekommen. Man konnte tausende Lachse in dem schmalen Bachlauf beobachten, die die letzte Hürde auf dem Weg zu ihren Laichplätzen am Sproat Lake in Angriff nehmen. Natürlich kann man auch auf Vancouver Island biken, ein Blick auf Trailforks lohnt sich und man findet schnell Trails in der Nähe. Wir nutzten unsere Räder nur für einen Ausflug vom Campingplatz zum Strand. Nach drei Tagen auf der Insel ging es zurück aufs Festland.
Aufgrund der Überfüllung des Campingplatzes haben wir Squamish ausgelassen und sind direkt weiter nach Whistler gefahren. Da der einzige Campingplatz in Whistler (Riverside Camping & RV Resort) ebenfalls voll war, haben wir den RV Parkplatz (P3/ Tipp!) im Ort genutzt, auf dem man für ca. 7€ übernachten kann. Vorteil des Ganzen ist, dass man morgens in fünf Minuten am Lift ist. Schon bei unserem abendlichen Spaziergang durch Whistler ging uns das Herz auf – überall Mountainbikes, unzählige Bikeshops und alles was mit Mountainbiken zu tun hat. Der Skatepark gegenüber dem Parkplatz war per Flutlicht bis 1 Uhr nachts beleuchtet und wir bestaunten die Jungs und Mädels bei ihren Tricks. Am nächsten Morgen sind wir nach dem Frühstück direkt an den Liftschalter und haben uns für umgerechnet je 55€ zwei Bikepässe gekauft. Der Fitzsimmons Express startet im Ort und bringt einen zur Mittelstation auf ca. 1000m, weiter geht es mit dem Garbanzo Express dann auf 1800m. Von hier kann man optional noch mit dem Peak Express ganz nach oben, um den Top of the World-Trail zu fahren, das kostet allerdings extra und die Tickets pro Tag sind limitiert. Während man oben im Sessellift sitzt, kann es durchaus passieren, dass unten ein Schwarzbär durch das Unterholz streift.
Runter geht’s auf den verschiedensten Trails, generell wird in Whistler zwischen Freeride Trails (schnelle, flowige Trails mit Tablesprüngen) und Technical Trails (technische, verblockte Trails mit Wurzeln und Steinfeldern, die eher Downhill-Charakter besitzen) unterschieden. Das vielbenutzte Zitat „Es ist für jeden was dabei“ trifft den Nagel auf den Kopf. Die Strecken sind perfekt angelegt und selbst am Ende der Saison noch gut in Schuss (von ein paar Bremswellen mal abgesehen). Wettertechnisch hatte Whistler alles zu bieten, am ersten Tag Sonnenschein und strahlend blauer Himmel. Weiter oben hat man eine atemberaubende Sicht auf die umliegende Berg- und Gletscherwelt. Am zweiten Tag Regen und Wolken, aber auch dann macht es noch tierisch Spaß die Trails runterzuballern.
Nach dem zweiten Tag verabschieden wir uns noch am Abend aus Whistler und fahren ein Stück weiter nördlich nach Pemberton. Am Montagmorgen konnten wir direkt von unserem Campingplatz aus unsere Tour starten, die wir vorher via Trailforks geplant hatten. Über etwas breitere Pfade geht es zum Traileinstieg von Lumpy’s Epic. Von hier aus geht es auf Singletrails hoch und runter durch den Wald, dann entlang des Bergkamms mit grandioser Aussicht weiter zum höchsten Punkt. Oben angekommen stärken wir uns mit ein paar Müsliriegeln, denn das einzige was man in Kanada wohl vermissen wird, ist die ausgeprägte Alm- und Hüttenkultur der Alpen. Es heißt also Brote selbst schmieren. Im Anschluss fahren wir einen abwechslungsreichen Trail Richtung One Mile Lake. Dieser führt durch einen dichten, mystisch wirkenden Wald, über Felsplatten und Wurzelteppiche. Trotz einiger steiler Stellen ist er jedoch sehr flowig zu fahren.
Am Ende des Trails passiert man ein altes Indianerdorf, von dem allerdings nur wenig zu sehen ist. Die Mitglieder dieses Stammes lebten unterirdisch. Sie gruben Erdhöhlen, sodass die Behausungen von außen wie Hügel aussehen. Infotafeln erinnern an die Menschen die hier lebten und schildern die Funktionsweise ihrer Bauten. Das letzte Stück zum See führt über Lumpy’s Connector, einen schmalen, sandigen Trampelpfad. Am See machten wir ebenfalls nochmal kurz Rast, hier gibt es diverse Traileinstiege, wir nahmen eine Kombination, die uns erneut nach oben auf Lumpy’s Epic führte, sodass wir diesen nun nochmal in entgegengesetzter Richtung zurück zu unserem Campingplatz fahren konnten.
Die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten um den One Mile Lake ermöglichen Touren von ein, zwei Stunden bis zu Halbtagestouren. Nach einer weiteren Nacht auf dem Nairnfalls Campingplatz verlassen wir Pemberton und fahren weiter Richtung Norden. Die Bikes haben jetzt erstmal Pause, denn die National Parks Mount Robson, Jasper Nationalpark und Banff National Park werden wir zu Fuß erkunden. Wir verbringen eine Nacht auf dem Campingplatz am Fuß des Mount Robson, dem höchsten Berg der kanadischen Rockies, bevor es über Jasper, Banff und Lake Louis weiter in den Glacier National Park geht. Aufgrund des Nebels sehen wir bei unserer Abfahrt leider nur wenig vom Mount Robson, dem höchsten Berg der kanadischen Rocky Mountains, und können den Gipfel nur erahnen. In den Nationalparks bieten sich etliche Möglichkeiten, von Wandertouren über Reitausflüge bis Kayaktouren ist alles dabei. Natürlich gibt es auch hier Mountainbikestrecken, allerdings ist der komplette Icefields Parkway ein absoluter Tourismushotspot und man muss mit jeder Menge anderer Trailnutzer rechnen.
Umso besser geeignet ist hierfür unser nächster Stop: Revelstoke. Es gibt in und um den Ort insgesamt 3 große Bikegebiete mit unzähligen Trails. Leider zeigte sich das Wetter als kein guter Verbündeter und so haben wir aufgrund anhaltenden Starkregens unsere Zelte nach einer Übernachtung abgebrochen und sind weiter nach Kamploops gefahren. Das sollte sich auszahlen und wir hatten zwei wunderschöne Biketage zum Abschluss. Den ersten Tag verbrachten wir am Pauls Lake, hier fuhren wir den Ket-R-Done Uphill. Dieser schlängelt sich sanft ansteigend den Berghang entlang, immer wieder ermöglichen baumfreie Stellen grandiose Aussichten. Auf dem Trail findet man einige Überbleibsel alter Holzbauten früherer Strecken. Während man anfangs durch einen gemischten Wald fährt, wird dieser im oberen Teil wie so häufig zum reinen Nadelwald. Nach ca. zwei Stunden haben wir den Traileinstieg erreicht und gönnen uns eine kurze Pause.
Wir kamen mit zwei Kanadiern ins Gespräch, die kurz nach uns oben ankamen und unterhielten uns über die Unterschiede der Trails in Europa und Kanada. Dann ging es auf die Abfahrt – Nate’s – ein technischer Trail durch dicht bewachsenen Wald. Teilweise warteten Steinplatten und enge Kehren auf uns bevor es zum Ende flowiger wurde. Zwischendrin hielt die Strecke ein paar natürliche Sprünge und Absprungkanten bereit sodass man auch etwas Airtime sammeln konnte.
Am zweiten Tag tobten wir uns in dem Pineview-Gebiet, südwestlich von Kamloops aus. Die Landschaft zeigt sich hier komplett verändert. Sie ähnelt etwas mehr einer Steppen- oder Sandlandschaft, so wie man es zum Teil aus Berichten über Kamloops kennt. Pineview bietet eine große Zahl an Up- und Downhills, wobei das Höhenniveau zwischen 200-300 Höhenmetern variiert. Man muss also nicht so lange hoch, hat aber auch kürzere Downhillpassagen. Sehr zu empfehlen ist die Iron Mask-Runde. Eine ca. 7km lange Endurorunde, die man beliebig erweitern kann. Wir fuhren ebendiese Iron Mask, am höchsten Punkt hat man eine schöne Aussicht über die umliegenden Täler. Zu guter Letzt fuhren wir den unteren Teil des Mine-Trails bevor es zurück zum Auto ging.
Gerade hier in Kamloops ist es Wahnsinn, wie viele unterschiedliche Möglichkeiten man hat. Von dunklen, engen Waldtrails bis zu flowigen, sandigen Trails in offenem Terrain. Und das alles in direkter Nachbarschaft zu Wohngebieten, wie z. B. besagter Pineview Bikepark, welcher sich am Ende einer Sackgasse befindet und wo sich vormittags die Mütter zu einer MTB-Runde treffen während die Kinder in der Schule sind. Für uns war es leider der letzte Bikestop und auch fast das Ende unserer Reise. Nachdem die Bikes grob gereinigt waren fuhren wir mit einem weiteren Zwischenstopp am Cultus Lake zurück nach Vancouver. Hier gaben wir mittwochs unser Wohnmobil zurück und dann ging es in unser flughafennahes Hotel. Wir nutzten den restlichen Tag dazu durch Vancouver zu bummeln und noch einige Einkäufe zu erledigen. Aufgrund des günstigen $-Kurses kann man das ein oder andere Schnäppchen machen. Da unser Rückflug erst Donnerstag am frühen Abend ging, konnten wir auch am Vormittag noch einen Ausflug in die Innenstadt unternehmen um ausgiebig zu frühstücken (im Hotel wird ein in Nordamerika übliches Continental Breakfast angeboten. Dieses besteht aus Kaffee/ Tee sowie diversen Teilchen und etwas Obst). Gegen 15 Uhr wurden wir von einem Hotelbus zum Flughafen gebracht und um 19 Uhr startete unser Flieger Richtung Frankfurt. Kanada ist ein traumhaft schönes Land und hat speziell für uns Mountainbiker einiges zu bieten. Wir können es jedem nur empfehlen, der gerne in der Natur ist. Nicht an vielen Orten hat man die Möglichkeit eine artenreiche Tierwelt (Bären, Elche, Wale und viele weitere) so hautnah zu erleben. Die perfekte Jahreszeit für eine Reise nach Kanada hängt von den persönlichen Planungen ab. Einige Bikeparks können Mitte/Ende September bereits geschlossen sein. Whistler z. B. schließt die oberen Bereiche Mitte September, die Fitzsimmons Zone ist bis Anfang Oktober geöffnet. Wenn man den Fokus weniger auf Bikeparkbesuche legt kann man sich auf Ende September/ Anfang Oktober konzentrieren, da das Wetter dann immer noch sehr angenehm ist und man den Indian Summer erleben kann. Zu empfehlen wäre dann ein Besuch in Whistler direkt am Anfang (wenn man als Mountainbiker schon mal in Kanada ist sollte man sich Whistler auf jeden Fall ansehen). Außerdem sind dann die Touristenmassen verschwunden (speziell an Hotspots wie dem Icefields Parkway von Jasper nach Banff mit etlichen landschaftlichen Highlights), zudem sind in der Nebensaison die Kosten für Wohnmobile oder Unterkünfte deutlich günstiger. Für uns war es eine absolute Traumreise und aufgrund unserer bevorstehenden Hochzeit so etwas wie eine vorgezogene Hochzeitsreise. Nicht umsonst haben wir eine Nacht auf dem Campingplatz am Honeymoon Lake verbracht.
Text: Alexander Mattern
Fotos: Alexander Mattern und Miriam Wille
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