Vor Kurzem waren wir für ein Wochenende in Serfaus Fiss Ladis zu Besuch, um uns die dortigen Trails und den Bikepark genauer anzusehen. Außerdem sind wir mit der Idee angereist, einmal einen Sonnenaufgang an einem Gipfelkreuz zu erleben. Die Voraussetzungen in Form des Wetterberichts sollten sehr gut dafür sein.
Inhaltsverzeichnis
Auf Abenteuersuche
Am nächsten Morgen klingelt für uns um kurz vor vier Uhr der Wecker. Wir möchten unsere Idee umsetzen und zum Sonnenaufgang am Schönjoch-Kreuz sein. Wir quälen unsere müden Knochen aus dem Bett, zwingen uns eine Tasse Kaffee und ein Brötchen rein, schwingen uns auf die Drahtesel und rollen mit kleinen Augen zum Ortsausgang von Serfaus. Der Fahrradweg führt uns von Serfaus an der Waldbahn vorbei nach Fiss. Von dort geht es das erste Mal steil bergauf zur Talstation der Schönjochbahn. Diese lassen wir aber rechts liegen – sie hat ohnehin noch nicht offen – und fahren den Weg weiter nach oben.
Während unsere Lungen von Anfang an nach Luft lechzen, fangen unsere blutleeren Beine erst langsam an zu brennen, bis auch endlich der Kreislauf wach geworden ist und wir langsam in einen Trott bergauf kommen. Der asphaltierte Weg findet recht bald sein Ende und wir kämpfen uns auf Schotterwegen und Serpentinen mit unrundem Tritt nach oben. Unterwegs kreuzen immer wieder Kühe unseren Weg, aber auch ein Fuchs schaut mal nach dem Rechten. Kurz vor sechs Uhr morgens und knapp 1.000 Höhenmeter später haben wir im Schatten des Mondes unser Ziel erreicht, das Schönjoch-Kreuz. Während wir mittlerweile hellwach sind, schauen wir auf die verschlafenen Ortschaften unter uns. Der Wind bläst uns um die Ohren und wir werfen uns unsere Jacken über, packen ein zweites Frühstück aus und fiebern dem Sonnenaufgang entgegen. Das ganz besondere Farbenspiel, wenn die Sonne langsam hinter den Bergen der Samnaungruppe und den Öztaler Alpen hervorkommt, ist atemberaubend und entschädigt für die kurze Nacht und die Strapazen des morgendlichen Uphills. Aber wie heißt es so schön: Bilder sprechen mehr als 1.000 Worte…
Als dann auch die ersten Sonnenstrahlen über die Bergspitzen ragen, machen wir uns bereit für die erste Abfahrt des Tages. Über den Frommestrail soll es hinab zum nächsten Cappuccino gehen.
Der Frommestrail bietet auf insgesamt sieben Kilometern und 1.000 Höhenmetern ordentlichen Abfahrtsspaß und ist als roter Trail ausgewiesen, also dem gehobenen Schwierigkeitsgrad zugeordnet. Zunächst schlängelt er sich vom Schönjoch-Kreuz kurvenreich und flowig durch alpines Gelände bis zum Frommeskreuz. Immer wieder laden kleinere Kanten oder Doubles zum Spielen ein.
Und tatsächlich haben wir doch in aller Herrgottsfrühe eine kleine Mutprobe entdeckt…
Kurz nach dieser kleinen Hütte am Wegesrand – die durchaus zum Verweilen einlädt – ändert der Frommestrail etwas seinen Charakter. Führte er bislang über zahlreiche Kurven in offenem Gelände bergab, folgen daraufhin Kurven im Wald, bevor er dann auf den letzten Metern mit Wurzeln und Steinen versehen etwas ruppiger wird und der Frommestrail sich seine rote Markierung auch verdient.
Am Ende des Trails werden wir auf einen Forstweg ausgespuckt. Diesem folgen wir an den Fisser Höfen vorbei nach Fiss zur Talstation der Schönjochbahn.
Nach einer kleinen Ruhepause nehmen wir erneut 1.000 Höhenmeter in Richtung Schönjoch in Angriff. Dieses Mal geht es allerdings ganz entspannt mit der Schönjochbahn auf fast 2.500 Meter Höhe zum Fisser Joch. Immer noch früh am Morgen wollen wir den Flüster- mit dem Zirbentrail kombinieren. In Kombination bieten die beiden Trails über vier Kilometer Singletrailvergnügen. Der rot gekennzeichnete Flüstertrail startet direkt an der Bergstation der Schönjochbahn mit einer offenen, aber schnellen Passage, bevor es ein kurzes Stück etwas langsamer über Stock und Stein geht, nur um nochmal bis zum berühmten Heustadel Dorf Fahrt aufzunehmen. Hier lassen wir es uns nicht nehmen und probieren die Hängematten für einen kurzen Moment der Ruhe aus.
Der Flüstertrail geht auf der Höhe der Zirbenhütte fast nahtlos in den Zirbentrail über. Der Charakter ändert sich aber doch deutlich. Beide Trails, wie alle anderen in der Region auch, sind extra angelegte Biketrails. Während der Flüstertrail – wie der Frommestrail auch – sich durch alpines Gelände mit vielen Kurven und natürlichem Untergrund den Weg nach unten sucht, enthält der Zirbentrail einige Northshore-Elemente, Mini-Doubles sowie Tables, die aber alle leicht zu überrollen sind. Die Kreativen unter uns laden sie zum Spielen ein. Aber auch die Umgebung ändert sich und der Trail führt durch wunderbar duftende Waldabschnitte. Alles in allem ist der blaue Trail super flowig zu fahren.
Der Trail führt an der Schöngampalm vorbei und diese urige Hütte lädt uns zu einer erneuten Pause ein. Als besonderes Weidevieh konnten wir Schweine direkt vor der Alm entdecken. Bei leckerem Kuchen, Kaiserschmarrn, Cappuccino und Buttermilch mit Erdbeeren lassen wir die Seele baumeln. Besonders gut schmeckt es, wenn man weiß, dass alle Produkte aus der Region kommen. Und wer einmal in den Genuss kommt, an einem der Grillevents teilnehmen zu können, der sollte dies unbedingt ausprobieren. Anschließend rollen wir ein paar Meter bergab zur Almbahn, die uns auf den fast 2.600 Meter hohen Zwölferkopf bringt. Oben angekommen werden wir von einer überragenden Aussicht empfangen. Aber nicht nur der Weitblick weckt unser Interesse. Auch ein riesiger, schräger Würfel, der von außen komplett verspiegelt ist und die Silhouette der Berge wiedergibt, fängt unsere Blicke ein. Es handelt sich um den Crystal Cube, in dessen Inneren man nicht nur ein Sektfrühstück oder Luxury Lunch zu sich nehmen, sondern auch heiraten kann. Denn es handelt sich dabei auch um eines der höchstgelegenen Standesämter Europas. Wir widmen unsere Aufmerksamkeit nun aber dem Almtrail, der von dort hinab zum Fisser Joch führt. Von dort aus entscheiden wir uns erneut, den Frommestrail nach Fiss hinab zu fahren.
Wer nach dieser Tour noch nicht genug hat, kann dann von Serfaus aus die Komperdell- und Lazidbahn hoch zum Lazid nehmen. Dort oben startet der Scheidtrail. Kombiniert man diesen mit dem Alpkopf- und Högtrail kommt man nochmal auf 8,5 Kilometer Singletrail. Diese drei Trails bieten kaum große Herausforderungen und eignen sich daher sehr gut für Anfänger.
Nach diesem langen Biketag gönnen wir uns noch ein üppiges Abendessen sowie ein kaltes Bier und fallen müde aber glücklich ins Bett.
Am nächsten Morgen merken wir, dass die zahlreichen Bergab-Kilometer doch ihre Spuren hinterlassen haben und wir fühlen uns müde und gerädert. Die Vorfreude auf einen erneut actionreichen Tag im Bikepark lässt die Müdigkeit aber rasch verfliegen und wir befinden uns schon wieder voller Tatendrang auf unseren Bikes- dieses Mal jedoch mit Verstärkung in Form eines Fullface Helmes und Rückenprotektors.
An der Bergstation der Waldbahn entscheiden wir uns zunächst die blaue Strecke Milky Way zum Einrollen zu nutzen. Die vielen Anlieger machen uns geschmeidig für den Tag. Vorbildlich finden wir, dass die Anliegerkurven weitestgehend „ausgekehrt“ waren, so dass langsamere Fahrer nicht durch loses Geröll steuern müssen. Die rote Strada del Sole, welche wir als nächstes ansteuern, zeugt dann von einem etwas anderen Charakter. Die Strecke bietet auf knapp drei Kilometer Länge zahlreiche kleine und große Sprünge. Die Sprünge sind überwiegend – nicht alle! – als Tables gebaut, so dass man sich wunderbar herantasten kann. Aber auch die ein oder andere größere Hausnummer wartet auf der Strecke.
Und zack- einmal um die Kurve wartet schon der berühmte Hausdrop:
Gut gelöst ist die Selektierung der Strecken über eine Brücke. Die Abfahrt der Brücke auf der rechten Seite (im Bild links) soll mit dem Gap bewusst eine Herausforderung darstellen, da es dort auf die schwarze Strecke Hill Bill geht. Die beiden anderen Abfahrten können entspannt nach unten gerollt werden.
Mit der Zeit kitzelt es uns dann doch und wir wollen nochmal die schwarze Strecke Hill Bill unter die Stollen nehmen. Die erste Mutprobe wartet am Einstieg der Startbrücke. Einmal kurz den Dämpfer komplett komprimiert und die rasante Abfahrt über unzählige Wurzeln kann beginnen. Eindeutig eine der anspruchsvolleren, aber sehr spaßigen Strecken. Wie gesagt warten viele Wurzeln, Drops und Steine auf uns und unsere Fahrwerke. Nach einer rasanten Fahrt über die Wurzelfelder lohnt sich durchaus mal ein Griff an den spürbar warmen Dämpfer.
Der Bikepark Serfaus Fiss Ladis weiß aber nicht nur mit seinen Strecken von einfach bis schwer zu punkten. Auch das Drumherum hat uns sehr gut gefallen. Die Menschen vor Ort sind überaus freundlich und hilfsbereit. Der Shop und die Werkstatt des Bikeparks sind wirklich sehr gut sortiert, da kann sich der ein oder andere Laden eine Scheibe von abschneiden. Und auch Touren-, Guide- und Kursangebote sind zahlreich vorhanden und werden stark nachgefragt. Aber auch Kleinigkeiten, wie ein Trinkwasserspender direkt am Einstieg zum Lift oder der Bottle Boy und noch einiges mehr, wissen schwer zu überzeugen.
Hier findet die ganze Familie ein Leihrad, um die ersten Erfahrungen auf dem Mountainbike zu sammeln.
Fazit
Die Dorfgemeinschaft Serfaus Fiss Ladis hat uns mit ihrem Angebot für Familien und uns Biker ein mehr als tolles Wochenende beschert. Zwar sind alle Trails extra gebaut und haben nicht immer den Charakter eines sogenannten Naturtrails, aber sie wissen mit viel Flow, super gepflegtem Zustand sowie alpinem Gelände und atemberaubender Aussicht zu glänzen. Wer zudem die Herausforderung von Sprüngen oder noch etwas anspruchsvolleren Strecken sucht, der wird im Bikepark Serfaus Fiss Ladis fündig. Neben dem umfangreichen Angebot für uns Mountainbiker sind die Möglichkeiten unabhängig vom Mountainbike fast unendlich, so dass die Region für eine berg- und mountainbikeaffine Familie super interessant ist.
Wissenswert
Am Anreisetag hatten wir uns mit dem Bikepark-Manager Christian Zangerl getroffen, der uns einiges an Informationen mit an die Hand gegeben hat. Christian hat uns auch die restlichen Tage mit Rat und Tat zur Seite gestanden und ist beispielhaft für die wirklich freundliche und hilfsbereite Art aller Mitarbeiter vor Ort zu erwähnen:
Die drei Ortschaften Serfaus Fiss Ladis liegen auf 1.200 – 1.400 Meter Höhe auf einem Hochplateau im Tiroler Oberland, genauer gesagt im Oberinntal. Zusammen haben Serfaus, Fiss und Ladis fast 2.600 Einwohner. Dagegen gibt es insgesamt 15.000 Betten für Touristen. Die Region um die drei Dörfer verfolgt das Motto „we are family“, weshalb Familien ganz klar die Hauptzielgruppe sind. Und dies setzt sie mit einem umfangreichen Angebot um. Es gibt zahlreiche, groß angelegte Themen-Spielplätze, Indoor-Spielplätze und die ein oder andere Sommerrodelbahn, Ziplines oder Klettergärten sowie Themen-Wanderwege, um nur ein paar Angebote zu nennen. Für alle Gäste gibt es die kostenlose Super.Sommer.Card, mit der jeder Fußgänger u.a. alle Gondeln, Busse und die kleinste, höchstgelegene U-Bahn der Welt in Serfaus nutzen kann. Wir Mountainbiker kommen dabei aber ganz sicher nicht zu kurz. Die Region hat im Jahr 2018 ein Wachstum bei Biketransporten von 115% realisiert. So ist es nicht verwunderlich, dass das Angebot an Singletrails für das Jahr 2019 nochmal ausgebaut wurde und auch in den kommenden Jahren noch weiter wachsen soll. Dabei werden alle Trails nach dem Trailbauhandbuch des MTB-Projekt 2.0 vom Land Tirol angelegt. Leider mussten die Verantwortlichen in Serfaus Fiss Ladis feststellen, dass das sogenannte Shared Trail Konzept vor Ort nicht funktioniert hat. Bei fast 12.000 Personen pro Tag am Berg in der Hochsaison ist das nicht ganz verwunderlich, denn da treffen zu viele unterschiedliche Wahrnehmungen aufeinander. Die Region hat aber für sich einen Weg gefunden und verfolgt das sogenannte 4-Wege-Konzept. Demnach gibt es vier Kategorien an Wegen, die ausgebaut und gepflegt werden:
- bestehende und neue Forstwege
- bei neu angelegten Forstwegen wird darauf geachtet, dass diese nicht mehr als 11% Steigung haben
- kinderwagenfreundliche Wege
- Wandersteige
- Mountainbiketrails
Es stehen insgesamt 27 Kilometer Mountainbiketrails zur Vefügung, verteilt auf sieben Singletrails mit drei unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden von grün (very easy) bis rot (medium).
- Frommestrail
- Zirbentrail
- Flüstertrail
- Almtrail
- Scheidtrail
- Alpkopftrail
- Högtrail
Die Trails können bequem mit insgesamt sechs Seilbahnen erreicht werden. Wem die Singletrails nicht ausreichen, der hat auch noch die Möglichkeit, den Bikepark zu besuchen. Hier geht es bequem mit einer weiteren Seilbahn, der Waldbahn, hinauf zu den vier Haupttrails. Diese Strecken bieten nochmal unterschiedliche Variationen, sodass man auf insgesamt neun Strecken kommt. Im Bikepark gibt es neben den drei oben genannten Schwierigkeitgraden auch noch schwarze Strecken, die lediglich für Experten geeignet sind. Alle Preise für den Biketransport findet ihr hier.
Text: Philipp Kargel
Fotos: Thorsten Illhardt
Anmerkung:
Unsere Kosten für die Unterkunft im Hotel sowie die Kosten für die Lifttickets wurden vom Tourismusverband Serfaus Fiss Ladis getragen.
Ihr seid doch nicht rein zufällig doch mit nem Pickup hochgeshuttelt worden?
Immer schön bei der Wahrheit bleiben, Scheporzsfroinde!