SRAM ein amerikanisches Unternehmen mit einer gehörigen Portion deutscher Ingenieurskunst. Als der 1987 in Chicago gegründete Fahrradkomponentenhersteller SRAM 1997 die Fahrradsparte von Sachs übernommen hat, war das nicht einfach nur eine Übernahme eines Mitbewerbers, so wie man das heute kennt. Nein, SRAM, zu der Zeit noch ein sehr junges Unternehmen, hat dadurch in erster Linie jahrzehntelanges Know-how und Tradition erworben. Denn bereits 1895 wurde von Ernst Sachs und Karl Fichtel das Unternehmen „Schweinfurter Präzisions-Kugellagerwerke Fichtel & Sachs“ gegründet. Damals wurden zunächst Fahrradnaben und Kugellager hergestellt. Ab 1907 baute Fichtel & Sachs dann die ersten Nabenschaltungen.

Das Weltmeisterbike von Loic, dem Papst, empfing uns.
Das Weltmeisterbike von Loic, dem Papst, empfing uns.

Heute nimmt der deutsche Standort nach wie vor eine tragende Säule im SRAM Konzern ein. Denn in Schweinfurt ist das SRAM Entwicklungszentrum für alle Antriebskonzepte beheimatet. Neben dem Entwicklungszentrum ist in dem 14.000 qm großen Gebäude der Sitz des Europa Marketings, Händlerservice, Verkauf und Verwaltung, so wie der Logistik untergebracht.

Als uns Frank Ripper, seines Zeichens PR Koordinator für Europa, zu einer ausgedehnten Stippvisite eingeladen hat, haben wir es uns nicht nehmen lassen, den Ort an dem die Eagle geboren wurde einmal näher anzusehen. Wir hatten einen sehr spannenden Tag und haben euch einige Eindrücke mitgebracht.

Nachdem wir von Frank empfangen wurden, gab es eine Begrüßung in der Cafeteria durch den Geschäftsführer Bernhard Johanni. Er berichtete uns über die Historie von SRAM, respektive Sachs, und auch über die aktuellen Gegebenheiten. Interessant war, dass die Produktzyklen bei SRAM nach wie vor von Eurobike zu Eurobike gelten. Interessant deshalb, da nach unserem Eindruck immer mehr Hersteller ihre Produkte losgelöst von der wichtigsten Bikemesse der Welt launchen. Ein sehr angenehmer Auftakt und dies sollte sich so fortführen, denn der Vormittag war geprägt von spannenden Gesprächen. So hat uns Chris Hilton (Produktmanager u. a. für die SRAM Eagle) eindrucksvoll die Maxime erläutert, welche für neue Produkte gilt: „It has to be better“ – simpel aber wahr.

Danach hat uns der Leiter der Entwicklung, Frank Schmidt, berichtet, wie der Entwicklungsprozess bei SRAM abläuft. Er kann in vier Phasen unterteilt werden. Eine stete Marktbeobachtung bildet die erste Phase. Hier profitieren die Entwickler von Rückmeldungen der OEM Händler sowie Nischenbeobachtungen, d.h. sie schauen, was Bastler und Rennfahrer machen. Oftmals dienen auch eigene Erfahrungen als Ursprung für eine Neu- oder Weiterentwicklung.

Dies führt zur sogenannten Konzeptphase, in der Gedanken gesammelt, erste CAD Konzeptionen werden entworfen und schließlich werden die ersten Prototypen gebaut. Eine wichtige Rolle spielen hier bereits Patente. Einerseits muss darauf geachtet werden, dass keine Patente verletzt werden und andererseits gilt es, eigene Ideen zu schützen. Hat sich eine Idee durchgesetzt, beginnt die Design-/ Konstruktionsphase. Jetzt kommen die Industriedesigner ins Spiel. Sie haben die Aufgabe, die Prototypen marktreif zu gestalten, so dass sie schließlich in die letzte Phase, den Fertigungsprozess, übernommen werden können. Zur Veranschaulichung hatte uns Frank vier XX1 Schaltwerke mitgebracht.

So kurz vor der Mittagspause hatte Michael Schneider den vielleicht schwersten Job, er stellte uns die neue SRAM EX1 Antriebseinheit vor. Mit lebendiger Sprache gelang es ihm, uns bei diesem Thema mitzureißen. Nachvollziehbar führte er uns zunächst vor Augen, welche Herausforderungen die Motoren an Mountainbikes für Schaltwerk, Kette, Kassette und Co. mit sich bringen, um uns letztlich die Antwort, die SRAM EX1, vorzustellen.

Da man bei E-Bikes ein aderes Schaltverhalten an den Tag legt, ergeben sich daraus auch neue Herausforderungen für den Antrieb. Dies erklärte uns Michael sehr anschaulich und präsentierte die neue SRAM EX1, welche die Herausforderung meistern soll.
Da sich die Anforderungen an ein Antriebskonzept für E-Bikes deutlich von den herkömmlichen Antrieben unterscheiden, ergeben sich daraus völlig neue Herausforderungen. Bei einem E-Bike legt man ein ganz anderes Schaltverhalten an den Tag. Weiter gilt es die längeren Lastverweildauern, welche durch das kontinuierliche Drehmoment eines E-Bikeantriebes produziert werden, in den Griff zu bekommen. Dies erklärte uns Michael sehr anschaulich und präsentierte die neue SRAM EX1, welche die Herausforderung meistern soll.

 

Nach der Pause kam dann Bewegung ins Spiel. Das riesige Gebäude wollte unter die Lupe genommen werden. Vorbei an großen Besprechungsräumen und einem Raum der auch als Kino durchgehen könnte, schauten wir im Schulungsraum einer Gruppe über die Schultern, welche gerade Kniffe und Tricks an den SRAM Produkten gezeigt bekamen.

In den hausinternen Schulungsräumen finden regelmäßig Fortbildungen für Mechaniker aus ganz Europa statt
In den hausinternen Schulungsräumen finden regelmäßig Fortbildungen für Mechaniker aus ganz Europa statt

Anschließend ging es zum Händlerservice. Beeindruckende Zahlen wurden uns aufgetischt. 150 Reparaturen pro Tag an jeglichen Produkten von SRAM. Dazu zählen auch Gabel- und Dämpferservices. Und ganz nebenbei trägt jeder Mechaniker ein Headset, um jederzeit ein offenes Ohr für die Anliegen der Händler zu haben. Angefangen haben sie in Deutschland mit drei Mechanikern, mittlerweile setzt sich das Team aus 14 Personen zusammen, bestehend aus 12 Mitarbeitern, einem Azubi und der Chefin Andrea. In der Hauptsaison beträgt die durchschnittliche Durchlaufzeit pro Produkt lediglich 48h.

Mit großen Augen ging es am Think Tank vorbei. Leider können wir euch nicht mehr dazu erzählen, denn diese Tür blieb für Medien und Besucher verschlossen – schade.

Der Eingang zu den heiligen Hallen, dem Think Tank, blieb uns leider verwehrt. Die Uhren ticken hier ein wenig anders, denn die Ingenieure sowie Produktmanager denken sich in dem Bürokomplex Antriebskonzepte von morgen aus.
Der Eingang zu den heiligen Hallen, dem Think Tank, blieb uns leider verwehrt. Die Uhren ticken hier ein wenig anders, denn die Ingenieure sowie Produktmanager denken sich in dem Bürokomplex Antriebskonzepte von morgen aus.

Aber es gab noch mehr zu sehen. Im hauseigenen Messraum, bespikt mit sündhaft teuren Messgeräten, bekamen wir u.a. die nagelneue Koordinatenmessmaschine vorgeführt. Mit ihr lassen sich mittels eines rubinbestückten Messfühlers u.a. Fahrradrahmen bis ins allerletzte Detail (1 µ (Mü))  in drei Achsen vermessen. Neben den Hightechgeräten wie der optischen Messmaschine findet immer noch das gute alte Mikroskop seine Berechtigung.

Aber auch das gute alte Mikroskop findet noch seine Daseinsberechtigung.
Aber auch das gute alte Mikroskop findet noch seine Daseinsberechtigung.

Als nächstes ging es zum Prototypenbau. Dort stehen acht Mitarbeitern zahlreiche Dreh- und Fräsmaschinen, sowie jede Menge Spezialwerkzeuge zur Verfügung, um das, was sich die Ingenieure in CAD-Daten ausgedacht haben, in Prototypen umzusetzen. Dies schaffen sie, je nach Objekt, in wenigen Stunden oder vier Wochen. Beeindruckend war, wie sauber es dort zuging. Definitiv hätte man hier vom Boden essen können.

Wenn wir schon beim Dealer Service von beeindruckenden Zahlen gesprochen haben, welches Superlativ sollen wir dann für die Zahlen verwenden, die uns Andre Gläser vom Testlabor präsentierte? In Schweinfurt arbeiten 20 von insgesamt 80 global verteilten Mitarbeitern im Versuchslabor. Allein am deutschen Standort werden 1700 Tests im Jahr auf 62 Prüfständen durchgeführt. Dabei werden 200 m Kette im Monat verschlissen, Tendenz steigend. Dabei ist die Kette nicht einmal das eigentliche Testobjekt. Da es kaum Normen für Tests von Komponenten gibt, müssen diese selbst eruiert werden. Die Belastung der Produkte auf dem Prüfstand ist dabei meist höher, als im reellen Gebrauch auftreten würde. Zudem werden die meisten Testmaschinen und die passenden Programme/ Software selbst entwickelt. Diese Apparate können Momente zwischen 0,04 Nm und 800 Nm messen. Neben den Tests im Labor setzt SRAM auf umfangreiche Feldtestfahrten. Die Dokumentation wird im Hause SRAM dabei sehr groß geschrieben!

Das Testalbor
Das Testlabor
The Rolling Chains - 200 m Kette pro Monat (Tendenz steigend) werden für diverse Tests benötigt.
The Rolling Chains – 200 m Kette pro Monat (Tendenz steigend) werden für diverse Tests benötigt.

Last but not least, die Marketingabteilung. Und da stand er, von weitem schon erkennbar, einer der heimlichen Stars von SRAM – Der Event Truck. Mit Zahlen haben wir euch schon genug zugeschmissen, deshalb nur wenige Worte zu dem rollenden Service-Center: Der Truck ist mit einer Werkstatt ausgestattet, die jedem passionierten Schrauber den Puls in die Höhe treibt und die Endorphinproduktion zum Glühen bringt. Todd Anderson, der Herr des Hauses, zeigte uns nicht nur jede Schublade, sondern ließ uns auch am Steuer Platz nehmen. Außerdem präsentierte er uns die Küche sowie den Gemeinschaftsraum mit Sitzecke und Flatscreen. Als wenn das nicht schon alles genug wäre, bekamen wir von Carsten Wollenhaupt noch einen Reverb Service im Truck gezeigt.

Ob Sam seinen Dämpfer bereits vermisst?
Ob Sam seinen Dämpfer bereits vermisst?

Außer dem Truck gab es noch einige Workstands und zahlreiche Hochregale zu bestaunen. Da von Schweinfurt aus alle europäischen Profis und Teams sowie Medien betreut und mit Komponenten ausgestattet werden, waren diese bis unters Dach gefüllt mit vielen tollen Sachen, die das Biken schöner machen.

Viel zu schnell neigte sich ein sehr langer, aber super spannender Tag dem Ende zu. Bei all den Höhepunkten fällt es schwer, ein Highlight hervorzuheben. Imponiert hat uns der Enthusiasmus, den jeder einzelne Mitarbeiter versprüht hat und auch der Umgang untereinander sowie mit uns war eindrucksvoll. An dieser Stelle möchten wir ein herzliches Dankeschön aussprechen und auch wenn wir Redakteure eine gewisse Neutralität wahren müssen, sind wir auch nur Menschen, Liebhaber unseres Sports sowie Bikenerds und werden von Emotionen geleitet. So hatte ein jeder von uns am Ende des Tages das Bedürfnis sofort einen neuen SRAM Antrieb an sein Rad zu schrauben.

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