Ende der 90er begann ein regelrechtes Wettrüsten der Antriebshersteller. Zum Schluss war bis zu 3×10 alles möglich. Auf Rückmeldung vieler Fahrer und vor allem Athleten, hat SRAM den 1×11 Antrieb entwickelt. Kurze Zeit später ist SRAM den letzten Schritt gegangen und hat die Eagle 1×12 Gruppe auf den Markt gebracht. Wie sich die Eagle in einem X01 / Descendant Mix schlägt, klärt unser Test.

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Der 1×12 Antrieb macht sich an jedem Bike gut

Der 1×11 Antrieb ist ein großer Trend. SRAM hat dank des Feedbacks vieler Käufer und der eigenen Athleten erkannt, dass ein Großteil effektiv nur 11 Kombinationen des 2×10 Antriebs nutzen. Bei einer sinnvollen Abstufung der Kassette sind diese Kombinationen mit nur einem Kettenblatt realisierbar. Neben vielen Vorteilen wie aufgeräumten Cockpit, Gewichtsersparnis und weniger Verschleiß, können Rahmenhersteller z.B. den Drehpunkt des Hinterbaus optimal auf ein Kettenblatt abstimmen oder kürzere Kettenstreben verbauen. Aus diesem Grund haben wir uns die Frage gestellt, warum jetzt 1×12?

Auch wenn die 11 Gänge von 1×11 sinnvoll abgestuft sind, bleibt es stets ein Kompromiss. Entweder ist die Kombination aus Kettenblatt und Kassette oben“ oder „unten“ zu kurz. Auf den Punkt gebracht fehlt entweder an steilen Bergen ein leichterer oder bergab ein schwerer Gang. Auch dies ist ein Feedback vieler Fahrer und Athleten. Genau hier setzt das Eagle Konzept an und erweitert die Kassette um ein zusätzliches Blatt mit 50 Zähnen, was die Bandbreite im Vergleich zu 11-fach von 420 % (10-42) auf 500 % (10-50) anhebt.

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Die 1×12 Kassette mit wahnsinnigen 500% Bandbreite

Erstkontakt
Aktuell ist die Eagle Gruppe in zwei Varianten verfügbar. Die ultraleichte XX1 Eagle richtet sich ganz klar an Rennfahrer im XC Umfeld. Mit der immer noch sehr leichten X01 Eagle hat SRAM den 1×12 Antrieb mit Nehmerqualitäten ausgestattet und an den Enduro bzw. Trail Sektor adressiert. Der komplette Antrieb besteht aus der 1x Carbon-Kurbel, dem 1x X-Sync Kettenblatt, dem Eagle Schaltwerk und Trigger, der Kassette mit 500% Bandbreite und der 12-fach Kette.

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Auch die Descendant Kurbal kann als Leichtgewicht betitelt werden

Unser Eagle X01 Testmuster unterscheidet sich zur X01 Gruppe in der Kurbel. Wir fahren den Antrieb mit einer Descendant Carbon-Kurbel, welche noch einmal mehr Nehmerqualitäten mitbringt, als die X01 Kurbel ohnehin schon hat. Anstelle des 32er X-Sync Kettenblatts setzen wir auf das 34er, da wir so, im Vergleich zu unserem alten 2-fach Antrieb mit 24/36 Kettenblättern und 11-34er Kassette, eine leichtere Übersetzung mit dem 50er und eine schwerere mit dem 10er Ritzel erreichen. Beim Einsatz des 32er wären uns sowohl der größte, als auch der kleinste Gang zu leicht gewesen.

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Schönes Stück Carbon

Montage
Antrieb bleibt Antrieb. Hast Du einen montiert, hast Du alle montiert. So auch bei der Eagle. Eine großartige Unterstützung ist das SRAM Video „SRAM Eagle Montage“ (>>Link). Eine Besonderheit ist uns beim Einstellen der Endanschläge aufgefallen. Während das Schaltröllchen wie gewohnt mit dem größten Ritzel der Kassette mittig fluchten muss, wird am kleinsten Ritzel die Mitte des Schaltröllchens auf den äußeren Rand des Ritzels ausgerichtet.

Aus unseren Erfahrungen mit 1×11 Antrieben ist uns bekannt, dass die Schaltperformance so lange sehr gut ist, wie der Abstand zwischen Kassette und Schaltröllchen durch die B-Tension Schraube exakt nach Vorgabe eingestellt ist. In der Vergangenheit haben wir diesen stets umständlich mit Zollstock und Lampe eingestellt, plus minus 1 mm. Bei einer exakten Herstellervorgabe von wenigen Millimetern, kann 1 mm Toleranz unter Umständen über performant oder nicht performant entscheiden. Dem Eagle Schaltwerk liegt eine Einstell-Lehre bei, welche die Einstellung dank genauer Markierungen vereinfacht und so den Komfort zum Einstellen des Abstands deutlich erhöht. Nachdem der Abstand mittels der Lehre eingestellt war, funktionierte die Schaltung bereits im Montageständer perfekt.

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Ein Segen für die Montage: die Einstel-Lehre

Auf dem Trail
Im Einsatz schaltet die Eagle genauso präzise und perfekt wie im Montageständer. Wie oft mussten wir trotz perfekter Performance im Montageständer die Schaltung nach oder sogar während der ersten Tour erneut justieren. Hier macht sich in unseren Augen die gute Anleitung und vor allem die mitgelieferte Einstell-Lehre bezahlt. Selbst nach mehreren Touren bei Wind und Wetter, inkl. Schlammpackung hat sich an der Präzision nichts verändert, was uns sehr beeindruckt hat. Trotz der schrägen Kettenlinie fällt die Kette auch beim Rückwärtstreten auf dem 50er Blatt nicht runter.

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Trotz extrem schrägem Kettenlauf ist die Schaltperformance die aktuelle Benchmark

Ein weiterer Punkt der uns begeistert ist die Geräuschkulisse. Sie ist quasi nicht vorhanden. Dank Type 3 gedämpften Schaltwerk schlägt die Kette selbst im ruppigen Downhill nur minimal. Ein weiterer Geräuschfaktor der entfällt, ist die Kettenführung. Die Zähne des X-Sync Kettenblatts sind länger und geformt wie bei einem Sägeblatt. Hiermit konnte SRAM einen höheren Wirkungsgrad im Antrieb erzielen. Dank der abwechselnd dünn und dick ausgelegten Zähne, in Verbindung mit dem Type 3 gedämpften Schaltwerk, wird ein Abspringen der Eagle-Kette effektiv verhindert. Wichtig sei an dieser Stelle erwähnt, das Ganze funktioniert nur als Gesamtsystem. Ketten von Fremdherstellern können unter Umständen abspringen. Uns ist trotz der fehlenden Kettenführung zu keiner Zeit die Kette verloren gegangen. Weder bei harten Landungen, noch in ruppigen Steinfeldern oder Wurzelteppichen.

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Dank fehlender Kettenführung flüsterleise und dennoch hält die Kette dank X-Sync Verzahnung

Die von uns gewählte Kombination aus 34er Kettenblatt und Eagle Kassette geht voll auf. Bergauf haben wir genügend Reserven, um selbst steilste Rampen zu erklimmen und im Downhill treten wir auch im Sprint nicht ins Leere. Nicht nur auf den äußeren Ritzeln hat sich die Kombination bewährt. Die gesamte Abstufung der Kassette fährt sich rund. Während wir bei 2×10 oft einen Gang übersprungen haben -weil die passende Übersetzung erst hier gefunden war-, sind wir bei der Eagle stets um nur einen Gang gesprungen. Die Schaltvorgänge verlaufen Butterweich. Angefangen vom leicht bedienbaren Shifter bis zum Umsetzen der Kette auf der Kassette. Teilweise haben wir den Shifter bedient und den Schaltvorgang überhaupt nicht bemerkt. So komfortabel dies auch ist, könnte das Schaltgefühl für unseren Geschmack etwas knackiger sein.

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Reicht für alles, die 34 Zähne haben sich als goldene Wahl erwiesen

Der X01 Trigger bietet wie gewohnt die Möglichkeit, den Shifter auf die eigenen Bedürfnisse einzustellen. Mittels einer kleinen 3 mm Innensechskantschraube kann die Klemmung gelöst und der Shifter in einem Bereich von insgesamt 60° (minus bis plus 30°) verstellt werden. Für unsere Daumenspanne hat die Einstellung im Auslieferungszustand von 0° genau gepasst.

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Butterweiches Schalten, vielleicht ein wenig zu weich

Fazit
Soviel Technik hat natürlich ihren Preis. Mit ca. 1200,- € (plus ca. 200,- € für das 34er Kettenblatt und XD Freilauf) ist die Eagle Schaltgruppe gewiss kein Schnäppchen. Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja wann ein 1×12 Antrieb auf GX Preisniveau erscheint. Davon ab erhält der Käufer eines der beiden Topprodukte aus SRAMs MTB Antriebsegment.

Die X01 Eagle lässt aufgrund der enormen Bandbreite von 500%, ihrer unglaublich leisen und der präzisen Betriebsart keinerlei Wünsche offen. Weitere Vorteile sind wie bei allen 1x Antrieben die Gewichtsersparnis und die Möglichkeit für Rahmenhersteller ihre Rahmen auf ein Kettenblatt zu optimieren, mit dem Unterschied, dass dank dem 50er Kettenblatt der Fahrer mehr Reserven für steile Anstiege hat.


Text und Bilder: Michael Klasen
Weitere Infos: SRAM

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