Pati Rupp und Paul Freudenmacher von der Fahrtechnikschule Mountainbike Trifelsland hatten in ihren letzten Sommerurlauben wenig Nachsehen vom Wettergott. Also beschlossen sie, diesen Sommer einfach solange in den Süden zu fahren bis es warm ist, die Sonne scheint und nur noch staubige Trails auf deren Erkundung warten. Ihre Reise führte die beiden ins französische Digne Les Bains, lest was sie dort erlebt haben:

Anfang des Jahres gab es einige kurze Berichte über einen neuen Bikepark in Südfrankreich. Er sollte mit Hilfe einer Crowdfounding-Kampagne finanziert werden, man könne dort angeblich das ganze Jahr über fahren und es gab Gerüchte, dass dies der Coast-Gravity-Park Europas sei. Als erste krasse Videos von Proridern, wie zum Beispiel Remy Metailler, im Netz auftauchten war der Entschluss schnell gefasst, diesem Park bei nächster Gelegenheit einen Besuch abzustatten. Kurz vor der Abreise stellten wir noch fest, dass es in dieser Gegend auch die berühmten Terres Noires gibt. Eine atemberaubende Landschaft, die ein bisschen an Utah erinnert, nur halt im Gegensatz dazu fast vor der Haustür zu finden ist. Hier sollte es also auch etwas für unsere Enduros geben.

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WOW! Terres Noires, atemberaubend!

Angekommen, Enduro ausgepackt, Gegend erkunden, schließlich hat der Bikepark nur Samstag bis Dienstag offen, wir hatten also noch 3 Tage. Ziel unserer ersten Tour war es die Terres Noires unter die Stollen zu nehmen. Wir schraubten uns eine lange Straße hinauf durch das idyllische Bergdorf Archail. Nach einigen vielen weiteren Höhenmetern waren wir endlich am Start unserer Abfahrt. Über einen kleinen Trail durch ein Kiefernwäldchen wurden wir direkt auf einen Kamm der Terres Noires ausgespuckt. Landschaftlich der Hammer, fahrtechnisch eine echte Herausforderung. Die Fahrspur war rund, schmal und links und rechts ging es wahnsinnig steil in die Tiefe. Hier wollte man besser nicht runter fallen. Skinnies fahren für Fortgeschrittene.

auf den ersten Blick ganz easy, bei Befahrung ganz hoher Gruselfaktor.
Auf den ersten Blick ganz easy, bei Befahrung ganz hoher Gruselfaktor.

Danach wurde uns leider die eindrucksvolle, zerklüftete Landschaft zum Verhängnis. Ein ständiger Wechsel von kurzen Abfahrten und knackigen, steilen, sowie steinigen Trails bergauf, die meistens nur schiebend und tragend bewältigt werden konnten, machten das Ganze eher zäh als vergnüglich. So wurde die rein von der Kilometer- und Höhenmeterzahl gemütlich wirkende Tour echt anstrengend und wir waren froh, irgendwo im nirgendwo einen Bach zu finden, der uns wieder mit ausreichend Trinkwasser versorgte um heim zu kommen, wo als Belohnung eine köstliche Pizza auf uns wartete.

Nach einem Ruhetag mit entspannter Wanderung durch ein Flussbett inklusive Planschvergnügen beschlossen wir, uns im Touribüro eine VTT-Karte zu besorgen.

Das Flussbett hat einige Highlights zu bieten...
Das Flussbett hat einige Highlights zu bieten…

Für 2€ bekommt man dort, oder auch auf dem Campingplatz, eine Karte mit eingezeichneten Touren rund um Digne les Bains. Doch auch hier hatten wir weniger Glück. Wieder jagte ein Anstieg den nächsten, steil, steinig, unfahrbar. Gefrustet beschlossen wir uns unseren eigenen Weg zu suchen und fuhren einfach auf gut Glück einen Hang der Terres Noires hinab. Für unsere Eigeninitiative sollten wir belohnt werden. Wir stießen auf ein Gebiet das man sonst nur in Utah vermutet: Natürliche Anlieger und gebaute Lines mit fetten Jumps – so macht Terres Noires Spaß!

5 1 Cycleholix
Steile Lines
Mega Anlieger
Mega Anlieger
Fette Jumps
Fette Jumps

Am nächsten Tag ging es dann endlich neugierig zum Evo Bikepark.

Der Park an sich ist super nett gemacht. Direkt an der „Station“ unten erwarten einen sehr gut geshapete Dirtjumps von klein bis riesig. Eine große Jumpline, ein Trickjump, ein gepflegter Pumptrack, eine Tableline und ein Airbag-Luftkissen.

Der Bikepark
Der Bikepark

Weiter gibt es ausreichend Möglichkeiten sein Bike und seinen Stuff aufzuhängen. Ein großer überdachter Tisch für die gemeinsame Mittagspause, in der das „Original-Gangsta-Menue“ oder das mitgebrachte Baguette (in Frankreich scheint man wirklich nichts anderes zu essen) verzehrt werden kann. Die Jungs dort sind tatsächlich selbst den ganzen Tag am shapen, mit dem Bagger am buddeln, selbst am Radeln oder eben abwechselnd am Shuttel fahren. Geshuttelt wird mit mehreren uralten Militär-Allrad-Bussen, oder mit einem Pickup. Einen Lift gibt es keinen, braucht es aber auch nicht. Ein Tagesticket kostet 29 € und muss vorher übers Internet reserviert werden.

Der Park bietet 4 Strecken:

Bleu – Dirty Wave:

Eine blaue Strecke, im Bikeparkvideo als Anfängerstrecke deklariert, kann in Frankreich an manchen Stellen auch schon mal dunkelrot sein. Die Strecke an sich ist schön und abwechslungsreich mit dem Bagger in den Hang gegraben. Große Anliegerkurven wechseln sich ab mit ruppigem Gelände und Steinpassagen. Ebenso sind mehrere Wellen eingebaut die abrollbar sind, aber auch von guten Fahrern als Double gesprungen werden können und teilweise wirklich groß sind. Dies färbt die Strecke dann kurzzeitig schwarz ein, aber macht sie dadurch für sehr fortgeschrittene Fahrer interessant und spaßig. Allerdings hat sie auch ein paar steile, ausgesetzte Kurven drin, die gepaart mit dem rutschigen Staub durch die lange Trockenheit, einen Anfänger auch schon mal überfordern können.

Rouge – Slate Line:

Zur roten Strecke gelangt man vom Shuttleplatz aus über ein kleines Transferstück, eben bis leicht bergauf. Im Gegensatz zur blauen ist die rote Strecke eher naturbelassen. Anfangs ziemlich flowig mit Pushwellen und kleineren Sprüngen führt sie raus auf die Terres Noires über ein langes Steilstück zurück in den Wald, wo sie sich mit steilen, engen und wurzeligen Kurven durch den Hang zirkelt. Interessant ist die Strecke für Downhillpiloten, die es gerne naturbelassen und ruppig mögen und kreativ ihre eigene Linie finden wollen.

Noire – Originale Gangster:

Die schwarze Strecke ist nicht wirklich schwieriger als die Rote. Sie schlängelt sich neben der blauen Strecke entlang und sorgt hier mit ihren teilweise heftigen Steilstücken für Abwechslung. Ähnlich wie auf der roten Strecke können sich hier fortgeschrittene Downhillpiloten ihre eigenen Linien durch das naturbelassene Gelände suchen und auf engen, steilen Kurven Richtung Tal zirkeln bis die Bremsscheiben glühen.

Fette Kicker!!
Fetter Double!!

Double Noire – Double Black Mamba:

Zu Recht durch ein Vorhängeschloss abgesperrte Strecke, darf diese nur befahren werden nachdem man an der Bikestation Bescheid gegeben hat. Und das ist auch gut so! Dann allerdings erhält man eine persönliche Führung eines Locals, der einen über die abartig riesigen Sprünge zieht – wenn man sich traut. Schon beim ersten Einblick vom Shuttleplatz in die Strecke wird einem klar, dass hier fette Sprünge angesagt sind: 7 m Stepdown, 8 m Stepdown und ein 10 m Double, der über einen 3 m hohen Kicker angefahren wird. Eine Umfahrung gibt es nicht. Die Strecke an sich war einfach krass gut gebaut. Die Sprünge super aufeinander abgestimmt. Man konnte sich sicher sein, wenn ein Sprung save gelandet war, ist der nächste ebenfalls zu schaffen. Weiter erwarten einen riesige Anliegerkurven, Sprünge von einer Kurve in die Nächste, Transfers aus den Kurven raus, riesige Step-Ups, ettliche Step-Down, ein mega hohes Roadgap, ein Sprung durchs Gebüsch, Steilabfahrten über die Terres Noires bis man unten nach insgesamt gut 20 Sprüngen über einen fast schon gemütlichen Singletrail wieder aus der Black Mamba ausgespuckt wird.

Unterkunft und sonstiges:

Nächtigen kann man hervorragend auf dem 5 Minuten entfernten Campingplatz: Camping de Bourg. Dieser ist günstig, die Betreiber super freundlich und hilfsbereit und man kann sich auf Englisch  mit Ihnen verständigen. Weiter ist alles vorhanden was man braucht, von der Dusche über Waschmaschine, Bikewaschstation, Campingbus-Refill und Entleerungsstation, Grillecke, Brötchenservice, Rotwein und  Pizzabäcker (allerdings ist die Pizza in Digne wesentlich besser).
Ebenfalls kann man sich für 10€ direkt im Campingplatz Klettergurt und Helm für den Klettersteig ausleihen. Bei uns in Deutschland hätten wir sicherlich eine 2-stündige Einführungsrunde absolvieren müssen, hier in Frankreich gibt es eine kurze Einweisung, die Wegbeschreibung zur Via Ferrata und den guten Wunsch viel Spaß zu haben. Und den hatten wir: Abenteuerliches Felsgekraxel, wackelige Skinnies aus Holz und zwei lange Seil-Brücken in schwindelerregender Höhe waren die Mühe, den gut 30 Minuten Aufstieg dorthin zu bewältigen, allemal wert.

Vom Campingplatz ebenfalls nur 5 Minuten mit dem Rad entfernt liegt das beschauliche französische Städtchen Digne Les Bains. Hier gibt es alles was man braucht: Supermarkt, Touribüro mit freiem Wlan, einen tollen Wochenmarkt mit traditionellen regionalen Leckereien, Restaurants und sogar ein Biolädchen in dem man außer Baguette auch gescheites Brot bekommt.

Digne Les Bains...
Digne Les Bains…
...und sein schöner Wochenmarkt.
…und sein schöner Wochenmarkt.

Fazit:

Landschaftlich sind die Terres Noires der Hammer.  Überraschend gut fanden wir das Klima dort, tagsüber schön trocken warm mit leichtem Wind und nachts erfrischend kühl. Hier lässt es sich aushalten.
Toll campen kann man auf dem Camping de Bourg, der nur 5 Fahrradminuten von dem schönen Städtchen Digne les Bains entfernt liegt und als super Ausgangspunkt für Touren in die Terres Noires liegt. Auch zum EVO-Bikepark sind es nur wenige Minuten.
Wirklich gute Endurotouren haben wir leider nicht gefunden. Hier bietet es sich eher an in ein Gebiet der Terres Noires zu fahren und sich dann vor Ort auszutoben, Lines zu erkunden und Sprünge zu bauen.
Der Bikepark ist definitiv nur für fortgeschrittene Fahrer geeignet, die dann hier aber voll auf ihre Kosten kommen. Die Double Black Mamba ist die beste uns bekannte Jumpline und alleine schon eine Reise wert, vorausgesetzt man traut sich drüber. Ansonsten kann man sich, außer auf den Strecken, auch sehr gut im unteren Bereich auf den Dirtjumps, dem Pumptrack oder dem Airbag austoben (Dirtbike unbedingt mitnehmen!).


Text und Fotos: Patricia Rupp, Paul Freudenmacher
http://www.mountainbike-trifelsland.de
https://www.facebook.com/vertical.ride

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