Das Santa Cruz Heckler ist das erste E-Bike in der Firmengeschichte. Lange hat man sich Zeit gelassen und lange vermutete man, dass Santa Cruz sich gar komplett aus dem Bereich der E-Bikes heraushält. Aufgrund massiver Nachfrage nach E-Bikes konnte man sich diesem Marktsegment aber natürlich nicht dauerhaft entziehen. In unserem Einzeltest widmen wir uns der Top-Version X01 RSV mit Shimano Antrieb und Reserve Laufrädern.

santa cruz heckler
Yellowjacket ist eine der zwei verfügbaren Farboptionen.

Santa Cruz Heckler – Allgemeines

Das erste Heckler entstand 1996 als reines Trailbike und natürlich völlig ohne elektrische Unterstützung. Später verschwand es aus der Produktfamilie und der Name steht nun für das erste E-Bike von Santa Cruz. Da sich in den letzten Jahren viel in der Entwicklung in diesem Sektor getan hat, galt es natürlich direkt in die Vollen zu gehen und nicht einfach nur einen Akku samt Motor an ein bestehendes Konzept zu „basteln“. Kern des Hecklers ist der aktuelle Shimano Steps Motor. Das neue Heckler ist für 27.5 Zoll entwickelt.

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Santa Cruz Heckler – Übersicht

Das Heckler ist komplett aus Carbon gefertigt, was unter anderem auch eine Entscheidung aus Gewichtsgründen war. Zusätzlich lässt sich die Kinematik des bekannten VPP-Hinterbaus, der auch hier in der Lower-Link Position kommt, am besten mit den Materialeigenschaften von Carbon umsetzen. Eine Aluminium-Version gibt es nicht und alle drei verfügbaren Varianten (R, S und X01) bauen auf dem CC Rahmen auf.

Die Materialwahl sorgt vor allem optisch für einen wunderschönen Rahmen, mit nahtlos integriertem Akku und dem Shimano Motor. Nichts wirkt zu viel oder unnötig wuchtig. Ein Fakt, den sich das Heckler mit viel aktuellen High-End E-Bikes teilt. Vorbei sind die Zeiten von klobigen Bikes denen man einfach einen Akku an das Unterrohr geflanscht hat. Und das ist gut so. Die Komponentenauswahl ist sinnvoll und hochwertig. Wie bei anderen Modellen setzt man im aktuellen Modelljahr auch beim Heckler auf eine Kombination aus Fox und RockShox für das Fahrwerk.

Als Gabel kommt die aktuelle Fox 36 E-Float Factory mit 160 mm Federweg zum Einsatz. Am Heck sorgt der RockShox Super Deluxe Ultimate mit 150 mm Federweg für souveräne Kontrolle. Der Antrieb setzt auf SRAM´s X01 Schaltwerk samt Kassette. Kurbeln von SRAM sucht man vergebens, denn der Shimano Antrieb setzt logischerweise auf Kurbeln aus dem eigenen Hause. In diesem Fall XT Kurbeln. Gut, haltbar und sinnvoll, denn Carbon wäre an dieser Stelle ein unnötiger Preistreiber. Dieser Mix setzt sich weiter fort, denn gebremst wird mit den bekannten Code RSC die zwei 200er Scheiben bedient. Passend zum Schaltwerk kommt natürlich auch der Trigger von SRAM. Der Motor wird von der Shimano Steuereinheit bedient und darf seine Energie aus einem 504 Wh Akku ziehen.

Diese ist dank einem neuen Santa Cruz Carbon Lenker für E-Bikes nahtlos ins Cockpit integriert. Als Sattelstütze kommt die aktuelle RockShox Reverb Stealth zum Einsatz, Platz nehmen darf man auf einem WTB Silverado. Um dann schlussendlich richtig in die vollen zu gehen, setzt Santa Cruz bei den Laufrädern auf die hauseigenen Reserve Carbon. Vorne regulär und hinten die DH Variante der Felgen. Als Naben kommen die DT Swiss 350 zum Einsatz. Vorne sowie hinten sind Maxxis Minion DHR 2 EXO+ TR Reifen aufgezogen. In den Dimensionen 27.5 x 2.6 sollten sie jederzeit für massig Grip auf unterschiedlichen Untergründen sorgen.

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Das Kabel der Shimano Steuereinheit verschwindet unter dem linken Griff im Lenker.
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Die Austattungen aller drei Varianten in der Übersicht.

Santa Cruz Heckler – Bergauf

Gründe für den Kauf eines E-Bikes gibt es sicher viele. Bestimmt auch einige, die dagegen sprechen. Primär möchte man aber sicher mit einem E-Bike vor allem eines, nämlich entspannter bzw. mit weniger Kraftaufwand den Berg hoch kommen, oder schlichtweg längere Touren fahren. Das Santa Cruz Heckler kommt mit einem 504 Wh Akku, welcher rein von der Kapazität eigentlich locker einen Tag auskommen sollte. Die Reichweite eines E-Bikes ist natürlich von diversen Faktoren abhängig. Fahrstil, Gewicht des Fahrers, welcher Modus wird überwiegend genutzt und die Temperatur. All diese Faktoren spielen eine Rolle. Der primäre Faktor dürfte aber wohl die Wahl des Modus für die Unterstützung sein.

Santa Cruz heckler
Auf Knopfdruck geht´s los!

Das Heckler bietet hier drei Modi zur Auswahl, die sich bequem über die zwei Taster am linken Griff bedienen lassen. Angezeigt werden diese dann im Display rechts neben dem Vorbau, welches auch weitere nützliche Infos über die aktuelle Geschwindigkeit oder die gefahrenen Kilometer anzeigt.

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Über das Display hat der Fahrer alles im Blick

Die drei Modi sind Eco, Trail und Boost. Wobei letzter die volle Unterstützung des Motors freigibt, welche E-Bike typisch bis 25 km/h genutzt werden können. Bei Boost ist der Name Programm und man stürmt bei jeder getesteten Steigung mit wenig eigenem Krafteinsatz auf den Gipfel zu. Da ist es auch ziemlich egal ob man den Forstweg nimmt, oder einen Trail mit dem ein oder anderen Hindernis nimmt. Nachteil ist natürlich, dass man in diesem Modus den Akku mit Abstand am schnellsten leer lutscht. Hier dürfte ein halber Tag bereits schwer werden. Als effizient kann dieser Modus also zumindest von uns nicht unbedingt bezeichnet werden.

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Präzise Schaltperformance aus dem Hause SRAM.

Interessant wird es bei Trail und Eco. Vor allem im Eco-Modus haben wir die meisten Anstiege gerne in Angriff genommen. Zum einen garantiert dieser die längste Laufzeit und zum anderen ist selbst die leichteste Unterstützung eigentlich schon völlig ausreichend. Eigentlich zumindest dann, wenn man selbst auch noch etwas schwitzen möchte nachdem man oben angekommen ist. Denn mit Eco tritt sich das Rad bergauf ungefähr so wie ein vergleichbares Trailbike ohne Motor. Man könnte auch sagen das der Eco-Modus das Mehrgewicht des Systems negiert. In dieser Einstellung sind wir z.B. dreimal den kompletten Feldberg im Taunus hoch und hatten immer noch mehr als die Hälfte der Kapazität übrig.

Möchte man den Weg nach oben über Trails nehmen, empfiehlt sich die Wahl des Trail-Modus. Grade auf verblockten Trails kommt man so einfach entspannter über Hindernisse und kommt vor allem in den Genuss des berühmten Uphill-Flows. Tatsächlich immer noch ein komisches Wort, aber es kommt tatsächlich Flow und Spaß auf, wenn man so den Trail Bergauf nimmt. Möchte man mit derartiger Geschwindigkeit auf einem normalen Bike den Trail hoch, dann kostet das schon einiges an Körnern. Wir konnten mit einem Mix aus Eco und Trail problemlos den ganzen Tag fahren.

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Dieses Foto drückt das bergauf fahren mit dem Heckler perfekt aus. Entspannt!

Dabei sitzt man relativ gut integriert auf dem Heckler und kommt so mühelos jede Steigung hoch. Auch Anlieger lassen sich so bergauf gut fahren. Das Fahrwerk arbeitet dabei vor allem am Heck in der gewohnt souveränen VPP-Manier. Sehr selten war der Griff zur Plattform nötig, und wenn dann wurde die mittlere Position gewählt. Sehr steile Anstiege erfordern etwas mehr Druck auf die Front, dank Größe L kann man sich allerdings wunderbar auf dem Heckler positionieren. Das Wechseln der drei Modi ist übrigens problemlos während der Fahrt möglich.

Santa Cruz Heckler – Bergab

Nachdem man (je nach Modus) entspannt den Weg nach oben gemeistert hat, folgt spätestens jetzt die Abfahrt. Und spätestens jetzt sollte man auch prüfen ob man nicht noch im Boost Modus ist, denn sonst könnte der nächste Antritt vor einem Sprung oder Table buchstäblich über das Ziel hinaus gehen. Die Unterstützung also entweder ganz aus, oder in den Eco Modus wechseln.

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Auf dem Trail macht sich dann als erstes das Gewicht von knapp über 21 kg bemerkbar. Positiv sowie auch negativ. Positiv ist, dass man dank des Gewichts jederzeit ausgesprochen satt auf dem Trail liegt. Und zwar mit einer Souveränität, wie man sie sonst eigentlich nur von schweren DH Bikes oder Freeridern kennt. In Kombination mit dem exzellent arbeitenden Fahrwerk kann man so also ziemlich die Sau raus lassen. Vor allem der Hinterbau lässt das berühmte „bottomless“ Feeling des VPP Hinterbaus aufkommen. Mit knappen 25 % SAG, welchen wir auch an der Front gefahren sind, arbeitet der Super Deluxe fabelhaft über den gesamten Federweg und gibt dabei nur das Feedback an den Fahrer weiter, welches er auch benötigt. In Kombination mit den breiten Maxxis Reifen hatten wir in keiner Situation Probleme Grip zu finden, es sei denn wir haben es bewusst provoziert.

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In engen Passagen ist das 800 mm Cockpit zu viel des guten.

Einen Nachteil hat das aber natürlich auch, denn so ein 21 kg Koloss entwickelt völlig andere Fliehkräfte als ein 13 kg Trailbike. Vor allem schnelle Wechselkurven sind also hier mit Körpereinsatz des Piloten verbunden und gehen bei weitem nicht so locker von der Hand wie mit besagten Trailbikes. Satt liegt das Heckler aber auch dann und wenn mal etwas einen eigenen Kopf entwickelt, dann ist es das Heck. Vor allem auf trockenem Untergrund wollte das Hinterrad dann wohl aufgrund der Lastwechsel durchaus mal einen lockeren Drift hinlegen. Nichts Dramatisches und wenn man sich daran gewöhnt hat sogar durchaus spaßig.

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eher technische oder kniffelige Passagen sind aber dennoch gut machbar.

Der Federweg des Heckler lässt diverse Sprünge zu und die gelbe Wuchtbrumme bleibt dabei herrlich stabil in der Luft. Verpatzte Sprünge, die man etwas zu übereifrig angegangen ist, schluckt das Fahrwerk überwiegend gut weg. Einen Durchschlag konnten wir nie verzeichnen, obwohl wir es das ein oder andere Mal darauf angelegt haben.

Kommt man in richtig enge Passagen, wie wir sie teilweise im Pfälzer Wald gefahren sind, dann ist das 800 mm breite Cockpit etwas zu viel des guten. Vor allem in kniffligen Sektionen mit Felsen zur einen und Bäumen zur anderen Seite des Lenkers gilt es die Breite im Hinterkopf zu behalten.

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Das Fahrverhalten des Heckler kann durchaus als stabil bezeichnet werden

Unser Testfahrer hätte das Cockpit wohl auf 780 mm oder weniger gekürzt, was immer noch völlig ausreichend für eine gute Kontrolle ist. Diese Änderungen kann aber schnell und von jedem Käufer oder Händler vorgenommen werden.

Etwas überrascht waren wir von der verbauten Code RSC, die wir eigentlich als recht potente Bremse kennen. Sie hatte vor allem in schnellen und steilen Bereichen oft gefühlt etwas zu wenig Bremsleistung und brauchte einfach etwas länger um das Heckler zu stoppen. Das brachte uns in keine gefährliche Situation, war aber wie eingangs erwähnt überraschend.

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Abschließen ist das Heckler also genau das, als was es verkauft bzw. vermarktet wird. Ein Trailbike mit elektrischer Unterstützung. Genau aus diesem Grund bringt es auf Trails auch eine sehr gute Performance mit leichten Reserven in der Hinterhand. Was das Heckler nicht ist, das ist ein Enduro. Es kann viel, aber wenn die Trails zu verblockt und ruppig werden, dann kommt das Heckler auch durchaus an seine Grenzen.

Santa Cruz Heckler – Nice 2 know

Wir wurden einmal nach dem Anschaltes des Heckler mit dem Fehlercode „W013“ im Display konfrontiert. Nichts ging mehr und die erste Vermutung war ein Defekt. Eine kurze Recherche im Internet ergab die Lösung. Schaltet man das Heckler ein und hat dabei einen Fuß auf dem Pedal, aktiviert man den Drehmomentsensor im Antrieb und löst eben diesen Fehlercode aus. Die Lösung ist denkbar einfach. Absteigen, ausschalten, anschalten, alles gut. Solltet ihr also einmal mit dieser Fehlermeldung auf dem Trail stehen… gerne geschehen :)

 

Fazit

Das Santa Cruz Heckler kann bergauf sowie bergab völlig überzeugen. Dabei liefert es die gewohnte Erweiterung der üblichen Hausrunden dank Unterstützung. Für das erste E-Bike aus dem Hause Santa Cruz kann man also nur beide Daumen nach oben geben.

Es ist ein Bike für Trails mittlerer Härtegrade und genau dort sollte es unserer Meinung nach auch eingesetzt werden. Darunter kann es langweilig werden, darüber kann das Konzept auch schnell an seine Grenzen kommen.

Die Verarbeitung ist in gewohnt hoher Qualität, VPP funktioniert auch im Bereich E-Bike hervorragend und generell kann man vor allem bergauf eine durchaus neue Dimension von Spaß erfahren. Das ist allerdings ein Punkt, der an nahezu alle aktuellen E-Bikes geht und dem Konzept zugrunde liegt. Die einzige Schwäche leistet sich das Heckler im Bereich der Bremse, wo wir etwas Biss vermisst haben.

Wertungsfrei lassen wir den Preis 11.199 € (UVP) für die Topversion, da die Meinungen hier teilweise stark voneinander abweichen.


Text und Redaktion: Patrick Frech, Robin Krings
Fotos: Philipp Kargel, Patrick Frech
Weitere Infos: Santa Cruz 

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