Das neue Canyon Spectral CF wurde gemeinsam mit Joe Barnes und den Dudes of Hazzard entwickelt. Dabei war es dem Koblenzer Spezialisten für den Direktvertrieb wichtig, die richtige Mischung aus Traktion, Kontrolle, Handling und vor allem spielerischer Leichtigkeit in einer robusten Trailmaschine zu kombinieren. Die progressive Geometrie mit 150 mm Federweg vorn und 140 mm hinten soll Fahrspaß in Hülle und Fülle generieren und auch bergauf eine super Figur machen. Mit 27,5“ Laufrädern in 2,4“ oder 2,6“ Breite und der vom Sender abgeleiteten Hinterbaukinematik ist das neue Spectral die herstellerseitige Interpretation eines modernen Trailbikes. Nachdem wir die Vorgängerversion bereits ausgiebig getestet haben, ist nun das aktuelle Modell, das Canyon Spectral CF 9.0 Pro 2018 an der Reihe.

Canyon Spectral CF 9.0 Pro
Canyon Spectral CF 9.0 Pro

Das Canyon Spectral CF 9.0 Pro im Einzeltest

Erster Eindruck

Wenn ein sehr beliebtes Bike, wie das letzte Canyon Spectral, durch einen Nachfolger abgelöst wird ist die Erwartungshaltung groß. Die Fußstapfen sind tief, so muss sich das neue Spectral an einer ausgewogenen Geometrie, sehr guter Ausstattung und dem enormen Vortrieb der alten Version messen. Technisch wie optisch hat sich das Erfolgsmodell weiter entwickelt. Die Kinematik des Viergelenkers wurde überarbeitet, sodass das Bike nun sensibler ansprechen soll und mit dem Federweg effektiver umgeht. Optisch zu erkennen ist der nun waagerecht, statt senkrecht ins vordere Rahmendreieck integrierte Dämpfer. Auch an der Umlenkwippe ist auf den ersten Blick die geänderte Dämpferanlenkung auszumachen.

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Der neue Hinterbau des aktuellen Canyon Spectral CF 9.0 Pro ist aus Aluminium, der Hauptrahmen aus Carbon.

Weniger leicht zu entdecken sind die verbesserten und spezielle Dichtungen, welche Dreck von den Hinterbaulagern fernhalten sollen. Wer einmal auf den Trails von den Dudes of Hazard unterwegs war wird dies zu schätzen wissen, denn in den schottischen Highlands ist flüssige Matschepampe an der Tagesordnung. Wer sich wie Joe Barnes in die Kurven drücken möchte, den wird der neue, steifere Hinterbau mit dickeren Lagern und größerer Hauptachse freuen. Erhabene Funktion trifft eindrucksvolle Optik: Dies trifft beim Kabel-routing des neuen Canyon Spectral CF voll und ganz zu. Die Leitungen werden nicht wie beim Vorgänger durch die Carbon Rohre geführt, sondern verlaufen auf der Unterseite des Unterrohrs. Um diese dennoch versteckt und völlig klapperfrei verlegen zu können, befindet sich über den Leitungen ein Cover aus Kunststoff. Dieses Teil reicht über die gesamte Länge des Rohres und bietet als weitere Funktion einen wirkungsvollen Schutz gegen Steinschläge.

Canyon Spectral CF 9.0 Pro
Kabel-Abdeckung und Steinschlagschutz

Somit wird ein überaus cleanes Erscheinungsbild erreicht, welches mit der in den Rahmen integrierten Sattelklemme ein Krönchen aufgesetzt bekommt. Hier hat das Team aus Industriedesignern und Entwicklern wirklich sehr gute Arbeit geleistet.

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Die Sattelklemme des neuen Spectral ist im Rahmen integriert.

Weiterhin an Bord ist der Anschlagschutz auf dem Oberrohr um Gabel und Lenker bei heftigen Lenkeinschlägen und Stürzen vom Rahmen fern zu halten.

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Wieder mit dabei – der Anschlagschutz um den Rahmen vor heftigen Lenkeinschlägen zu schützen.

Geometrie

Auch bei der Geometrie des Canyon Spectral wurde erwartungsgemäß Hand angelegt, wobei die Änderungen eher moderat ausfallen. Wenn auch die Hinterbaulänge unverändert bei kurzen 430 mm bleibt, ist der Reach leicht gewachsen. Während die Vorgängerversion bei unserer getesteten Größe M mit 430 mm an den Start ging, ist das aktuelle Model doch eher konservativ auf 440 mm gewachsen. Der Zuwachs dieses Maßes differiert Größenabhängig und ist bei den kleinen Rahmen am deutlichsten. Anzumerken ist, dass ein Joey Barnes mit 1,73 m Körpergröße auf ein Spectral in L (460 mm Reach) zählt und dennoch engste Kurven perfekt meistert (jaja, Profi und so…). Das erste Aufsitzen unseres 1,78 m Testfahrers entlockt spontan ein „Hui, kompaktes Bike“ und macht die Absicht eine breite Zielgruppe zu erreichen, ohne sich in Extremen zu verlieren, recht deutlich. Der um 7 mm gewachsene Stack und das 22 mm abgesenkte Tretlager sorgt gepaart mit einem Radstand von 1172 mm dennoch für ein ausgewogenes Fahrgefühl.

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1,78 m Körpergröße und Rahmen in M – das fühlt sich eher kompakt an.

Ausstattung

Der Koblenzer Hersteller ist bekannt dafür, überaus gute Komponenten an vergleichsweise „günstige“ Bikes zu schrauben. Günstig ist hier relativ zu sehen, denn mit 3.999,00 Euro ist das Canyon Spectral CF 9.0 Pro kein Schnäppchen – betrachtet man lediglich den Preis. Carbon- (Haupt-)Rahmen, eine komplette SRAM GX Eagle Gruppe, Mavic Systemlaufräder und das Highend Fahrwerk von Rockshox relativieren den Preis wieder wenn man bedenkt, dass andere Hersteller weitaus teurere Bikes nicht so derartig gut ausstatten.

Canyon Spectral CF
Das RockShox Fahrwerk bestehend aus Pike RCT3 Gabel…
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…und Deluxe RT3 Luft-Dämpfer

Canyons Clou: Wer weniger Geld zur Verfügung hat, kann ein Spectral mit einfacherer Ausstattung wählen. Los geht es mit den drei Alu-Modellen 5.0 bis 7.0. Die „Budget“ Version kommt im günstigsten Fall für 2.199,00 EUR mit einer XT/SLX 2-fach Ausstattung. Einen Carbon Hauptrahmen mit Alu Hinterbau erhält man ab Version 8.0 für 2.999,00 Euro. Wer es so richtig wissen will, bekommt für 4.999,00 Euro einen Vollcarbon Rahmen mit FOX Factory Fahrwerk und X01 Eagle. Für derartige Komponenten legt man bei manch anderen namenhaften Herstellern gern auch mal 7-8 Riesen auf die Theke.

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Das Cockpit von Renthal

Auf dem Trail

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen… wobei das neue Canyon Spectral CF 9.0 Pro auch im Uphill kein Spielverderber ist. Das Rad lässt sich antriebsneutral den Berg hinauf treten, so wie es sich für ein modernes Trailbike gehört. Weder übermäßiges Wippen, noch ein Versinken im Federweg machen lange Anstiege wie auch kurze Rampen zur Qual. Somit bleibt der RockShox Deluxe RT3 während des Tests in der offenen Position und wir sahen keinen Anlass dies zu ändern. Bergauf können die 2,4“ breiten Reifen ihre Vorteile in Punkto Traktion ausspielen. Kleine Kanten werden mühelos überrollt und auch gröbere Unebenheiten verlieren ihren Schrecken, nicht aber die Traktion. Für den Testzeitraum tauschten wir das serienmäßige 34er Kettenblatt gegen eine Version mit nur 32 Zähnen. Unserer Erfahrung nach ist dieses für unser Testrevier mit oft 500 hm am Stück und Touren jenseits der 1200 hm eine gute Ergänzung zur 10-50er Eagle Kassette. In Anbetracht der breiten Zielgruppe des Canyon Spectral wäre dieses kleinere Blatt ideal. Kurze Zwischensprints meistert das Trailbike bravourös und vortriebsstark. In steilen Rampen steigt das Vorderrad erst sehr spät an, kann dann mit beherzter Gewichtsverlagerung nach vorn sehr gut am Boden gehalten werden.

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Steinfelder verlieren ihren Schrecken. Das Fahrwerk arbeitet sehr aktiv und schluckfreudig.

Auch ein Trailbike ist für Fahrspaß bergab konzipiert und bei Canyon hat man nichts dem Zufall überlassen. 66° Lenkwinkel stellen für gewöhnlich einen guten Kompromiss zwischen Laufruhe und Wendigkeit her und passen auch in diesem Fall sehr gut zum Spectral. Der Hinterbau ist entgegen des Vorgängermodells progressiver geworden und lässt den Piloten selbstbewusst in heftige Passagen ballern. Wo früher mit teuren Volumenspacern nachgeholfen werden musste, passt beim aktuellen Modell das Standard Setup. Danke Canyon! Dies führt unter anderem dazu, dass man gern mit lachendem Gesicht in die Kreissäge rennt – oder besser gesagt, den poppigen Hinterbau dazu nutzt, an allen möglichen und unmöglichen Stellen abzuziehen. Wieselflink zirkelt man mit dem Canyon um enge Kurven, was unserer Meinung allerdings zu Lasten der Souveränität auf schnellen und verblockten Passagen geht. Hier schlich sich hin und wieder das Gefühl ein, auf einem zu kleinen Bike zu sitzen. Wir raten, nach Möglichkeit vorher auszuprobieren und im Zweifel eine Nummer größer zu kaufen. Getrübt wird der Trailspaß von den Mavic Quest Pro Reifen. Durchschlagschutz und Kurvenhalt lassen Luft für Verbesserungen seitens Mavic, bzw. Potenzial zur Nachrüstung seitens Kunde.

Canyon Spectral CF 9.0 Pro

Fazit

Das Canyon Spectral CF 9.0 Pro 2018 ist ein Trailbike wie es im Buche steht. Angenehm fährt es bergauf, ohne dabei überdurchschnittlich Kraft zu verschlingen. Der antriebsneutrale Hinterbau und die komfortablen Reifen erlauben auch locker Touren mit vierstelligen Höhenmetern. Auf dem Trail bergab geht es verspielt und wendig zu, wobei dies ein Wenig zu Lasten der Laufruhe geht. Der Hinterbau arbeitet im Partymodus stets aktiv und hält im Gegensatz zum Vorgänger genügend Reserven in petto, auch wenn man eine Linie verpatzt oder auf dem Trail Airtime findet. Die Ausstattung des Spectrals befindet sich auf Top-Niveau und funktioniert erwartungsgemäß gut, wobei die Reifen die Schwachstelle sind.
Erfreulich: Nahezu jede Einkommensklasse findet „ihr“ Spectral. Von der Einstiegsversion von knapp über 2000 Euro, bis zum Topmodell für 5000 Euro. Die Geometrie bleibt dabei stets identisch. Fahrer zwischen zwei Größen, oder mit Vollgas-Genen empfehlen wir, gegebenenfalls eine Nummer Größer als empfohlen zu kaufen. Ein weiteres Plus des Canyon Spectral CF 9.0 Pro ist dessen Geräuschkulisse beim Fahren – nämlich nahezu keiner. Nachdem die Züge am Lenker auf übliche Art miteinander verbunden sind, fährt sich das Bike frei von Klappern und Kettenschlagen.


Geometrie, Ausstattungsvarianten und weitere Infos: CANYON

Redaktion: Thorsten Illhardt
Fotos: Thomas Kappel, Thorsten Illhardt

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