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SRAM ROAM 60 Carbon
Carbon hier, Carbon da. Der Werkstoff ist längst kein neuer mehr im Bike Business, kein Grund also mehr, über für und wider zu diskutieren. Oder vielleicht doch?
Die Verwendung des schwarzen Werkstoffes für Rahmen lässt höchstens den ökologischen Fußabdruck schlecht aussehen, wobei Aluminium auch nicht unbedingt „Öko“ ist. Stabilität? Wer hat schon ernsthaft einen Carbon Rahmen durch Materialversagen geschrottet? Wir jedenfalls nicht.
Anders wiederum wird einem zumute, wenn die entsprechende Komponente aus Carbon unweigerlich fiesem Bodenkontakt ausgesetzt ist – wie beispielsweise eine Felge. Nahezu jeder der mit einem Mountainbike auch nur halbwegs Gas gibt, hat schon mal einen Felgenring zerstört – bei Aluminiumfelgen kostet der Austausch nicht die Welt – bei Carbon gern mehrere Hundert Euro.
Nachdem wir bereits die Tune Blackburner Carbon Laufräder durch den Test gejagt haben, folgt nun der SRAM ROAM 60 Laufradsatz. Ob die Teile die Saison überstanden haben und wie sie sich dabei geschlagen haben lest ihr im Test.
SRAM ROAM 60
Optisch machen die Laufräder richtig etwas her. Komplett in schwarz mit dezenten Decals würde man diese nicht unbedingt als absolutes Highend Produkt entlarven. Wer einmal einen ENVE Laufradsatz oder den Tune Blackburner in der Hand hatte der erkennt, dass diese Hersteller viel mehr Wert auf ein pompöses Aussehen legen. Uns gefällt das dezente Erscheinungsbild sehr. Technisch gesehen ist der SRAM ROAM 60 Laufradsatz auf allerhöchstem Stand. Es gibt ihn in allen gängigen Nabenstandards zu kaufen oder ganz einfach durch unterschiedliche Endkappen selbst umrüsten. Lediglich zwischen Boost und nicht-Boost muss man sich wirklich vor dem Kauf festlegen. Für die Fahrer von hauseigenen RockShox Gabeln sind natürlich auch Torque Caps im Lieferumfang enthalten. Diese Caps und auch die anderen Adaptionen werden auf die Achsen gesteckt und halten dort gut fest. Wie wichtig das ist, musste sicher nicht nur einer unserer Redakteure feststellen, welcher nach langer Anreise mit dem Auto beim Zusammenbau des Bikes ein gewisses Teil der Vorderradnabe vermisste.
Alle Lager sind genormte Industrielager und lassen sich austauschen. Im Großen und Ganzen eine runde Sache im Zeitalter verschiedener Standards. Unsere getestete 27.5“- Version kommt mit 24 Speichen an Vorder– und Hinterrad aus, die neu erhältliche Variante in 29“ benötigt allerdings 28 Stück. In beiden Fällen kommt das Laufrad mit einer zweifachen Kreuzung aus, wobei im gesamten Laufradsatz lediglich eine Speichenlänge verwendet wird. Dies ist durchaus ein sehr wichtiges Feature, denn so spart man sich verschiedene Ersatzspeichen im Gepäck.
SRAM wäre nicht SRAM, würden sie dem Nutzer keine ausführliche Wartungsanleitung zur Verfügung stellen. Top!
Die Innenbreite der Felge von 30 mm ist up-to-date und somit sind sämtliche aktuellen 27,5“ Reifen fahrbar und werden breit abgestützt. Burping oder das Herunterspringen des Reifen in der Kurve sollte damit kein Thema sein. Das hakenlose Profil der Felge macht einen guten Job und auch die Tubeless–Montage unserer Testreifen Maxxis Highroller, Minion Semislick und E*thirteen TRS gehen problemlos von statten. Eine geeignete Pumpe wie die Bontrager Flash-Charger oder ähnliches vorausgesetzt. Das hakenlose, bzw. „hookless-„ Felgen in der Realität hervorragend funktionieren, haben schon die getesteten Tune Blackburner Laufräder gezeigt. Carbonfelgen werden üblicherweise nach diesem Prinzip gefertigt, da ein nachträgliches Ausfräsen des Hakenprofils die Kohlenstoff Fasern schwächt und eine Berücksichtigung des Profils bereits beim Laminieren zu aufwändig ist.
Bei der Wahl des Freilaufes lässt der Hersteller dem Kunden die Wahl ob es der eigene XD Standard, oder ein herkömmlicher Rotor sein soll. SRAM statten den Freilauf mit 26 Zähnen und vier Sperrklinken aus, wobei lediglich immer nur zwei Sperrklinken in die Verzahnung greifen. Somit lassen sich 52 Rastpunkte mit einem Winkel von knapp unter 7° erreichen, welchen für einen schnellen Kraftschluss beim Antreten sorgen. Wer den Freilaufkörper austauschen möchte, muss lediglich die Endkappe von der Antriebsseite lösen und kann den Freilauf aus der Verzahnung ziehen. Bei unserem Praxistest war dies vor der ersten Fahrt auch locker möglich. Im Testverlauf ließ sich der Freilauf lediglich mit Gewalt aus der Verzahnung lösen. Nicht schön, aber da man sich gewöhnlich einmal auf ein System festlegt, war dies für uns kein Beinbruch.
Technische Daten
Laufrad | 27,5″, 29″ |
Reihenfolge | 750 g Vorne – 875 g Hinten, (Herstellerangabe für die leichteste Konfiguration) |
Speichenanzahl | 24 (27.5″), 28 (29″) |
Speichenmuster | Zweifach gekreuzt |
Typ | Stahlverstärkt, Doppelt konifiziert, 2,0 bis 1,8 |
Farbe | Carbon, matt Schwarz |
Felgenform | Asymmetrisch |
Verwendete Felge | CARBON TUNED™ – Hakenlos |
Speichenlänge | SOLO SPOKE™ – nur eine Speichenlänge |
Externe Noppen | Aluminium |
Sonstige | Vorne: 15 x 100 mm und 20 x 110 mm Steckachsenkappen, TorqueCaps, BOOST™
Hinten: 12 x 142 mm und 12 x 148 mm Steckachsenkappen, BOOST™ |
Empfohlener Verkaufspreis | ca. 2.220,00 € |
Auf dem Trail
Nachdem wir die Laufräder die gesamte Saison 2017 über unsere Trails geprügelt haben und diese im steinigen Vinschgau einige Treffer einkassieren mussten, geben wir unser Fazit zum Roam 60 Carbon-Laufradsatz ab. Im Vergleich zu den Tune Blackburner Laufrädern, welche eine enorme Steifigkeit aufweisen, fährt sich das Pendant aus dem Hause SRAM fast schon komfortabel. Anstatt knochenhart jedes Feedback vom Untergrund an den Fahrer weiterzureichen, verhält sich der ROAM 60 eher als wäre er mit (vergleichsweise steifen) Aluminiumfelgen ausgestattet. So ergibt sich ein weiter Einsatzbereich vom Enduroracer, welcher die Leichtigkeit der Laufräder zu schätzen weiß, bis zum Trail- oder AllMountain Biker auf der Suche nach einem stabilen Laufradsatz mit gutem Restkomfort. Die Ersparnis der rotierenden Masse ist hier jedoch ein wenig überbewertet, denn das Gewicht wird nicht außen an den Felgen, sondern an Naben und Speichen gespart – dort wo es weniger auf die Beschleunigung drückt. Ganze 500 Gramm wiegt eine der Carbon Felgen, was sie nicht leichter macht als eine Version aus Aluminium. Der Vorteil zu einer Alu-Felge ist die Haltbarkeit, denn wir konnten, einiger Durchschläge und harter Brocken keine Beschädigung ausmachen. Was selbst eine ZTR-Flow MK3 nur mit Beulen übersteht, nimmt die ROAM 60 Felge mit gleichgültigem Achselzucken zur Kenntnis. Außer ein paar unansehnlicher Kratzer konnten wir nach Testablauf keinerlei Ausfälle feststellen, selbst die 24 Speichen hatten noch ausreichend Spannung, die Lager liefen leichtgängig.
Die 52 Einrastpunkte des Freilaufkörpers waren völlig ausreichend, um im rechtzeitigen Moment einen Kraftschluss herzustellen. Eine Industry Nine Nabe mit mehr als doppelt so vielen spricht hier jedoch eine andere Sprache – aber bringt das wirklich Vorteile?
Uns hat der Kompromiss aus Steifigkeit und Komfort der ROAM 60 Laufräder sehr gut gefallen, sodass sich unser Nicolai ION-G16 zielgenau steuern ließ. Auf losem Untergrund stellte sich ein gutes Gefühl von Grip ein, wobei auch schnell gefahrene Anlieger die verwendeten reifen breit genug abgestützt wurden und sich nicht abschütteln ließen. Den SRAM ROAM 60 Laufradsatz empfehlen wir jedem weiter, der auf ein ausgewogenes Fahrverhalten wert legt, ohne mit einem Skalpell durch die Prärie schneiden zu wollen. Die Ersatzteilversorgung und Kompatibilität ist sehr gut und der Service bei SRAM erfahrungsgemäß erst recht.
Fazit
Der SRAM ROAM 60 Laufradsatz hat uns sorglos durch die Saison gebracht und stets ordentlich abgeliefert. Keine Ausfälle, keine Schäden. Auch die Steifigkeit befindet sich auf angenehmen Niveau und bietet dabei guten Restkomfort – wie könnte man da ein schlechtes Fazit ziehen? Der Straßenpreis der leichtgewichtigen Rundlinge liegt meist deutlich unter dem empfohlenen VK und ist damit für Carbon- Laufräder nahezu ein „Schnäppchen“. Die Kompatibilität zu verschiedenen Einbaumaßen überzeugt über dies hinaus. Lediglich den BlingBling Effekt findet man bei Carbonlaufrädern anderer Hersteller eher – wer´s braucht?!
Redaktion: Thorsten Illhardt
Fotos: Jakub Reichhart, Thorsten Illhardt