Maximale Scheibenbremspower aus dem Hause SRAM trägt seit vielen Jahren den Namen Code. Während das letzte Modell immer noch unter der „alten“ Bremsenmarke AVID verkauft wurde, gab es dann Anfang 2017 mit der Einführung der komplett überarbeiteten SRAM Code Scheibenbremsen den konsequenten Wechsel auf den neuen Markennamen. Wie zuvor bietet SRAM die Code in zwei Varianten an. Während die Code RSC mit allen aktuellen technischen Features aus dem Hause SRAM aufzuwarten weiß, wird mit der Code R eine leicht vereinfachte Version zu einem dafür aber auch deutlich günstigeren Preis angeboten. Wie gut sich das einfachere Modell in der Praxis schlägt, zeigt unser Test.

SRAM Code R Bremssattel
SRAM Code R – Der massive Bremssattel wirkt vielversprechend

SRAM Code R – Die Fakten:

  • 4 Kolben Bremssattel mit 15 mm und 16 mm großen Bremskolben
  • Aluminiumbremshebel
  • 30 % mehr Bremsflüssigkeit im Vergleich zu SRAM Guide Bremsen
  • Bleeding Edge Technik zur einfacheren Entlüftung
  • DOT 5.1 Bremsflüssigkeit
  • Auslieferung mit Sintermetall Bremsbelägen
  • Griffweitenverstellung
  • MatchMaker kompatibel
  • Gemessenes Gewicht: 313 Gramm (Vorderradbremse inkl. Schelle ohne Bremsscheibe)

Wo liegen die Unterschiede zum Topmodell Code RSC?

Zuallererst im Preis! Während die unverbindliche Preisempfehlung der SRAM Code R (ohne Bremsscheiben) bei 170,- Euro liegt, ruft SRAM für die Code RSC noch einmal genau 100,- Euro mehr auf. Für diesen Preisvorteil verzichtet man allerdings zum einen auf die Möglichkeit den Druckpunkt zu verstellen und zum anderen auf den sogenannten SwingLink im Bremshebel. Bei diesem handelt es sich um einen kleinen Umlenkhebel zwischen Bremshebel und Geberkolben, der das Übersetzungsverhältnis von Bremshebelweg zu Geberkolbenweg bestimmt und damit laut SRAM einen verkürzten Leerweg bei gleichzeitig bestmöglicher Modulation ermöglichen soll.

Code R mit DirectLink Bremshebel
Im Gegensatz zur Code RSC verzichtet die Code R am Bremshebel auf den SwingLink und die Druckpunktverstellung

Ein weiterer Abstrich ist beim Material der Bremskolben zu machen. Während diese bei der Code RSC aus Phenoplast hergestellt werden, kommen bei der Code R Bremskolben aus Aluminium zum Einsatz. Im Vergleich zu Aluminium sollen die Phenoplast Kolben der teureren Code RSC über noch einmal bessere Wärmeleitungseigenschaften verfügen, wodurch Bremswärme besser abgeführt werden soll.

Montage und erster Eindruck:

Die Montage verlief ohne wilde Überraschungen, wenngleich mir persönlich eine Kleinigkeit bei der Montage der Bremssättel nicht so gut gefallen hat: Die Zugänglichkeit der unteren Schraube. Werden M6 Innensechskantschrauben verwendet, ist die untere Schraube dank des recht massiv ausgelegten Bremssattels je nach Werkzeug nicht ideal zu erreichen. Mit einem normalen Innensechskantschlüssel oder einem Drehmomentschlüssel mit Verlängerung ist es nicht möglich, die untere Schraube gerade zu erreichen. Versucht man es doch, sitzt der Schlüssel nicht korrekt im Schraubenkopf und es kommt unweigerlich zu Kontakt mit dem Bremssattel, was langfristig je nach Werkzeug zu Montagespuren am Bremssattel führen kann.

Verwendet man hingegen Torx T25 Schrauben – wie am Vorderrad zu sehen – sieht es deutlich besser aus. Der passende Torx Schlüssel mit seinem vergleichsweise geringeren Querschnitt kann gerade angesetzt werden und passt ohne Kontakt am Bremssattel vorbei.

Bevorzugte Montage mit Torx T25 Schrauben
Bevorzugte Montage mit Torx T25 Schrauben

Für die Montage an einem Canyon Strive CF musste die Bremsleitung der Hinterradbremse durch den Rahmen verlegt, ein wenig gekürzt und anschließend die Bremse entlüftet werden. Bereits nach dem ersten Versuch stellte sich ein sehr positives Ergebnis ein: Sowohl an der vorderen als auch an der hinteren Bremse fühlte sich der Druckpunkt exakt gleich an und die Entfernung zwischen gezogenem Bremshebel und Lenker war bei beiden Bremsen identisch.

Die Ausrichtung der Bremssättel verlief ohne große Probleme, auch wenn es am Hinterrad drei bis vier Versuche gebraucht hat, bis die Bremsscheibe sich komplett schleiffrei durch die Bremsbeläge drehen lassen wollte.

Auch die Einstellung der Bremshebel ging schnell, wenn auch nicht ganz ohne Probleme, vonstatten. Mangels Druckpunktverstellung wurde die Hebelweitenverstellung genutzt, um den Druckpunkt in die bevorzugte Position – etwas näher an den Lenker – zu verschieben. Am rechten Bremshebel funktionierte die Hebelweitenverstellung tadellos. Am linken Bremshebel hingegen hakte der Versteller teilweise und musste erst mit einem beherzten Griff gelöst werden. Innerhalb der Gewährleistungszeit sollte sich das aber schnell mit einem Austausch aus der Welt schaffen lassen.

Hebelweitenversteller der Code R
Einer der beiden Griffweitenversteller hakte ab und an ein wenig

Auch ohne SwingLink ist kein zu großer Leerweg am Bremshebel zu spüren und dank des ausreichend großen Verstellbereichs für die Hebelweite, sollten sowohl Fahrer mit großen als auch mit kleinen Händen die Bremshebel auf ihre persönliche Vorliebe einstellen können.

Auf dem Trail:

Wie bei neuen Bremsen oder besser gesagt neuen Bremsscheiben und Bremsbelägen üblich, braucht es ein paar Bremsvorgänge, bis die volle Bremsleistung zur Verfügung steht. Hier gab es auch bei der Code R mit den serienmäßig verbauten Sintermetall Belägen keine Überraschung. Auf den ersten Metern Straße bis zum Trail waren nur wenige Bremsvorgänge notwendig, bis die Code mehr und mehr zeigen konnte, wie kräftig sie zupacken kann. Im Vergleich zu der vorher auf dem Strive montierten SRAM Guide RSC ist unmittelbar ein deutliches Plus an Bremsleistung zu spüren. Auch der Druckpunkt wirkt etwas knackiger im Vergleich zur Guide, bietet dabei aber immer noch subjektiv sehr viel Kontrolle, wenn es darum geht die Bremskraft gezielt und mit Gefühl einzusetzen.

In Sachen Bremskraft möchte ich sogar so weit gehen, dass die Code R für ein Enduro Bike selbst bei schwereren Fahrern mehr als genug Bremskraft zur Verfügung stellt.

Wenn es darum geht, mit möglichst wenig Kraft am Bremshebel die maximale Verzögerung zu erzielen, sehe ich die Code R im direkten Vergleich mit anderen Downhill-Bremsen nicht ganz vorne. In Sachen Modulation bzw. Kontrolle der Bremskraft spielt die Code hingegen ganz weit oben – wenn nicht sogar ganz oben – bei den Top-Scheibenbremsen mit.

SRAM Code R auf dem Trail
Auch auf Laub und Steinen lässt sich die Bremskraft gut dosieren

Neben der sehr guten Dosierbarkeit konnte die Code ebenso mit Zuverlässigkeit und Standfestigkeit punkten. Einen wandernden Druckpunkt oder sogar nachlassende Bremsleistung konnte ich selbst an langen Tagen im Bikepark nicht feststellen. Eine Druckpunktverstellung habe ich dank des wirklich konstant bleibenden Bremsverhaltens zu keinem Zeitpunkt vermisst.

Einzig bei nassen Bedingungen hat die Code ab und an von sich hören lassen. Insbesondere nach längeren Anstiegen oder Tretpassagen ohne Bremsvorgänge, wurde es beim ersten Griff zum Bremshebel ab und an etwas lauter, was aber im Vergleich zu vielen anderen Scheibenbremsen nicht negativ ins Gewicht fällt. Nach den ersten ein bis zwei stärkeren Bremsvorgängen war dann aber auch Ruhe.

Ist denn jetzt eine Code R mit vorne und hinten 200 mm Bremsscheiben an einem Enduro eventuell schon zu viel des Guten? Es ist für viele Fahrer bestimmt mehr als eigentlich notwendig. Insbesondere am Hinterrad würde auch eine 180 mm große Bremsscheibe mehr als ausreichen.

Dank der guten Modulation oder besser gesagt der guten „Dosierbarkeit“ ist es aber auch kein Problem die hohe Bremsleistung zielgerichtet und sicher einzusetzen, was gerade in der nass-kalten Jahreszeit und bei viel rutschigem Laub in unseren Wäldern eine wichtige Rolle spielt.

Fazit:

Während des gesamten Tests zeigte sich die SRAM Code R als sorgloses „set and forget“ Produkt. Für etwa 50 Gramm Zusatzgewicht pro Bremse im Vergleich zu einer SRAM Guide R, erhält man ein ordentliches Plus an Bremspower, was vor allem an Enduro und Downhill Bikes aber auch an E-Bikes ein willkommenes Upgrade darstellt. Einmal eingestellt liefert die Code R mit ihrem konstanten Druckpunkt mehr als genug Bremspower in allen Lebenslagen. Auch wenn andere Bremsen brutaler zupacken können, ist es die hervorragende Dosierbarkeit mit der die Code besonders punkten kann.

Mit den zusätzlichen Features der teureren Code RSC wie der Druckpunktverstellung, den Bremshebeln mit SwingLink und den Phenoplast-Kolben, lässt sich die Leistung der Bremse bestimmt noch ein wenig weiter steigern. In Anbetracht der Erfahrung mit der Code R, ist dies aber ganz klar „nice to have“. Wer ausreichend und sehr gut kontrollierbare Bremskraft mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis sucht, ist mit der Code R sehr gut beraten.


Text: Robin Krings
Bilder: Robin Krings
Weitere Informationen:
SRAM

4 Kommentare

  1. Hi Robin
    Danke für die ausführliche Beschreibung. Es muss nicht immer der Griff in die teure Schublade sein um ein Topprodukt zu bekommen. Leider wird immer öfter Kaufkraft mit sinnarmen Details wie Aluschrauben mit weichen Köpfen abgegriffen. Oft sind die Räder dann so teuer, dass sie nicht mehr artgerecht bewegt werden.
    Gruss
    Ingo

    • Hallo Ingo,
      besten Dank für Deinen Kommentar! Zum Glück gibt es heute recht viele Produkte, bei denen wir für relativ kleines Geld eine wirklich gute Performance bekommen können.
      Wenn Komponenten dann noch leichter werden müssen, sollte dies aber auf keinen Fall zu stark die Haltbarkeit beeinflussen.
      Beste Grüße
      Robin

  2. Top Test! Echt klasse das ihr das günstigere Modell getestet habt, da das am Markt wesentlich mehr Relevanz als die teure RSC Variante haben wird.

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