27,5“ oder auch 650b genannt wurde in den letzten Jahren als der „neue“ Laufrad-Standard mit sehr viel Druck auf dem Markt etabliert. Außer in einem großen deutschen Forum, begeistert die Laufradgröße in der ganzen Welt… und dann kam der Winter. Ganzjahresfahrer mussten lange auf einen Spike-Reifen warten. Zur Eurobike 2014 hat Schwalbe den Ice Spiker Pro in einer 650b Variante vorgestellt. Als derzeit einziger Anbieter eines Spike Reifens in dieser Laufradgröße, obliegt Schwalbe (Stand 02/2015) das Monopol in diesem Segment. Wir haben ihn in der Evolution Ausführung getestet.

Ice Spiker Pro in 650b
Ice Spiker Pro in 650b

Produktvorstellung

Genau wie die 26“ Variante kommt der 650b Ice Spiker Pro in der Evolution (Faltreifen) und Performance (Drahtreifen) Line mit 361 Spikes und im Winter-Compound, allerdings nur in der Breite 2,25. Als Ausführungen stehen LiteSkin (Evolution) und RaceGuard (Performance) zur Verfügung.

Die beliebte SnakeSkin, TL Easy Ausführung steht nicht zur Verfügung. Auf Anfrage ob diese mit einer Modellpflege eingebracht wird, gab Schwalbe bis zur Artikel-Veröffentlichung keine Auskunft.

Wer seine 650b Ice Spiker dennoch tubeless fahren möchte, kann diese mittels Dichtmilch umrüsten. Schwalbe übernimmt im Gegensatz zu TL Easy Reifen keine Garantie, dass die Abdichtung auf jeden Fall funktioniert. So geht es aus der Beschreibung der LiteSkin Technologie auf der Schwalbe Homepage hervor. Im Gegensatz zu SnakeSkin, wird bei LiteSkin auf das vor Aufschlitzen schützende Gewebe in der Karkasse verzichtet. Hierdurch werden ca. 40-50g eingespart (Angabe Schwalbe). Beide Skins verfügen über den hochdruckstabilen Reifenkern.

Eine genaue Beschreibung der Technologien ist auf der Schwalbe Homepage zu finden. >>Link

650b ja, SnakeSkin und TL-Easy allerdings nein
650b ja, SnakeSkin und TL-Easy allerdings nein

In der Evolution Ausführung sorgen mit Aluminium ummantelte Wolframcarbit-Spikes für Grip auf Eis. Das spart nicht nur Gewicht, sondern auch Verschleiß, was den Reifen agil und sprintfreudig lässt. In der Performance Ausführung kommen Stahl-Spikes zum Einsatz, was u.a. zum Gewicht von über 1kg (Herstellerangabe) beiträgt.

Laut Herstellerangabe wiegt der  Evolution Reifen ca. 835gr, unsere Waage blieb bei 940gr stehen. Weitere 200gr kommen pro Laufrad für einen Schlauch hinzu (Schwalbe SV19 40/62-584-635).

Mittelgewichtsklasse
Mittelgewichtsklasse

Montage

Bei der Montage mit einem Schlauch sind keine Überraschungen zu erwarten. Ab 4bar Luftdruck ist der Reifen rund rum ordentlich in die Felgenflanke gesprungen. Trotz korrektem Sitz, hat der Reifen eine minimale Unwucht, welche aber im Rahmen bleibt und sich während der Fahrt nicht negativ bemerkbar macht.

Anders die Montage bei der tubeless Verwendung. Schwalbe typisch lassen sich die Reifen nur mit großhubigen Luftpumpen montieren, die mit einem Pumpenhub sehr viel Luft transportieren. Mit einer Standard Standpumpe hat man trotz massiven Einsatz von Seifenwasser keine Chance, genügend Luft zu transportieren, so dass der Reifen in die Felgenflanke springt. Alternativ kann ein Kompressor verwendet werden. Ist beides nicht verfügbar, bleibt nur der Gang zur Tankstelle, was im ungünstigen Fall, genau wie beim Kompressor, einen Adapter von Fahrrad (Sclaverand) auf Auto-Ventil erfordert.

Auf dem Trail

Bevor es auf den Trail geht, steht das Einfahren auf dem Programm. Schwalbe empfiehlt eine Strecke von 40km auf Asphalt abzuspulen, ohne dabei kräftig zu beschleunigen oder zu bremsen. Dies soll einen dauerhaften Halt der Spikes in den Stollen gewährleisten.

Einrollphase auf Asphalt
Einrollphase auf Asphalt

Hinweis, der Einsatz des Ice Spikers will geplant sein. Wir raten der Empfehlung von Schwalbe Folge zu leisten. Unser Tester Michael hat in der Vergangenheit die Empfehlung bei seinen 26“ Ice Spiker ignoriert und so nach wenigen Ausfahrten bereits mehrere Spikes verloren. Bis heute fehlen weder im Vorder- noch im Hinterreifen unserer Testmuster ein Spike. Wir sind der Meinung, dass die ausgedehnte Einrollphase auf Asphalt dazu beigetragen hat.

Technisch gibt es keinen Grund, die Ice Spiker nur auf gefrorenem Grund, Eis oder Schnee zu benutzen. Dank der Wolframcarbit-Spikes hält sich der Verschleiß in Grenzen. Allerdings bedingt durch die Spikes, entsteht ein extrem lautes Abrollgeräusch auf Asphalt. Im Wald relativiert sich der Geräuschpegel zwar aber auf Asphalt dringt er sogar durch die MP3-Player Kopfhörer.

Nun aber zu den Fahreigenschaften. Bei der Verwendung mit Schlauch und 1,8 / 1,9bar Luftdruck vo/hi ist die Dämpfung des Ice Spiker gering. Landungen oder Überrollen von kleinen Steinen bzw. Stöcken sind deutlich im Lenker zu spüren. Spikes, hochdruckstabilen Kern und Schlauch fordern hier ihren Tribut. Eine bessere Dämpfung wird durch die Umrüstung auf tubeless erreicht. Zum Test haben wir den Aufwand auf uns genommen, ob dieser es jedoch Wert ist, wenn der Reifen ausschließlich bei Frost betrieben wird, sei jedem selbst überlassen. Während die TL-Easy Reifen die Luft sogar mehrere Tage ohne Dichtmilch gehalten haben, können die LiteSkin Reifen nicht ohne betrieben werden. Wir haben drei Kellen von Stans notubes Dichtmilch verwendet.

Geht nicht ohne, nur mit viel Dichtmilch ist der Ice Spiker tubless zu betreiben
Geht nicht ohne, nur mit viel Dichtmilch ist der Ice Spiker tubless zu betreiben

Die Spikes greifen auf Eisplatten, gefrorenem Untergrund und festem Schnee extrem gut. Wer also in einer Abfahrt auf eine Eisplatte zusteuert, kann sich voll und ganz auf den Reifen verlassen und „stehen lassen“. Dank des grob stolligen und offenen Profils funktioniert die Selbstreinigung gut, so dass auch im tiefen Matsch kein Traktionsverlust entsteht. Optimale Voraussetzungen also, um den Ice Spiker als breit einsetzbaren Winterreifen zu betreiben. Zuvor genannte Geräuschkulisse außen vor gelassen. Dank Winter Compound funktioniert der Reifen auch bei niedrigen Temperaturen.

Einen unangenehm hohen Rollwiderstand lässt sich der Ice Spiker nicht nachsagen. Grip gibt es natürlich nicht umsonst, daher dürfen keine Racing Ralph Eigenschaften erwartet werden. Sowohl auf Asphalt, als auch im Wald nahmen wir den Reifen nicht negativ wahr.

Fazit

Endlich ist er da, der Schwalbe Ice Spiker Pro in 650b. Schade nur, dass Schwalbe an der SnakeSkin und TL Easy Technologie gespart hat. Dämpfungseigenschaften und aufwendige tubeless Umrüstung schmälern die Freude etwas. Für eine unverbindliche Preisempfehlung von 66,90€ (Performance) und 94,90€ (Evolution), hätten wir uns zumindest die gleichen Eigenschaften wie beim 26″ Bruder gewünscht.

Mit seinen 361 Spikes und dem offenen Profil sorgt der Reifen allerdings für ordentlich Grip auf Eis, gefrorenem Untergrund und Matsch. Trotz der leichten Kritikpunkte funktioniert der Ice Spiker über sein angestammtes Einsatzgebiet hinaus und lässt sich auch im Matsch sehr gut fahren.

Testfahrer Daten:

  • Gewicht 94kg fahrfertig (inkl. Winterbekleidung und Gepäck)
  • Fahrrad: Banshee Rune V2, 160mm Enduro, 650b
  • Tourenprofil: Enduro
  • Reifendruck vorn: 1,8bar
  • Reifendruck hinten: 1,9bar

Text und Bilder: Michael Klasen
Redaktion: Robin Krings

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