Vor kurzem haben wir über die Upside-Down Federgabel Intend Edge berichtet (>>Link zum Artikel). Inhaber und Entwickler der Kleinserienmanufaktur Intend BC ist Cornelius Kapfinger und wie das halt so ist mit einer Leidenschaft, meist gibt es kein Halten. So auch nicht im Portfolio von Intend BC. Mit der Infinity hat Cornelius eine 206 mm Upside-Down Federgabel entwickelt, die sich alleine optisch schon von der breiten Masse abhebt. Wie sie sich im Parkeinsatz schlägt, klärt unser Test.

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Hübsches Ding – Die Intend Infinity

Cornelius ist gelernter Ingenieur und großer Freund von Komponenten, bei denen das Zitat „Herzblut und die Machart spürbar ist“. Herzblutprodukte sind für ihn z.B. Ancillotti oder Nicolai Rahmen. Als selbst bezeichnender Technik-Nerd gibt es für Cornelius nichts interessanteres als hydraulisch-pneumatische Systeme. Was lag also näher, als die Entwicklung eigener Komponenten mit dem Ziel, die hohen Anforderungen in Sachen Reibung, Steifigkeit und Dynamik auf dem Trail bzw. im Park spürbar zu machen. Wie viel Leidenschaft Cornelius in seine Produkte legt, macht allein das mitgelieferte Zubehör deutlich.

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Allerhand Zubehör von Intend

Neben Kabelführungen, Kabelbindern, ein paar Aufklebern liegt sogar ein Zollstock zum Messen des SAGs bei. Ziel ist es, dass die Intend Produkte dem Käufer vom Auspacken über die Montage bis zum Einsatz Freude bescheren sollen. Dazu gehört für Cornelius, dass dem Produkt alles Notwendige zur Montage beiliegt. Auf Wunsch und gegen Aufpreis gibt es von ihm auch einen passenden Vorbau für die Infinity.

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Dank genügend Kabelführungen kann die Bremsleitung ordentlich verlegt werden

Der aufmerksame Biker hat festgestellt, dass ein konventioneller Gabelschaft bei der Infinity fehlt. Cornelius hat hier ein cleveres System entwickelt, welches zur Klemmung und zum Einstellen des Lagerspiels die beiden Gabelbrücken verwendet. Diese verfügen über kleine Stummel, welche wie ein Gabelschaft passgenau in die Steuerlager eingesetzt werden. Steuerrohre bis maximal 135 mm Länge sind kompatibel, weiter lassen sich die Brücken nicht auseinanderziehen. Über eine kleine Achse werden die Gabelbrücken von unten gespannt und so das Lagerspiel eingestellt. Der Vorteil liegt hier ganz klar auf der Hand: Gewichtsersparnis. Aber nicht nur wegen dem Klemmsystem waren wir von der Montage begeistert. Selten haben wir Gabelbrücken montiert, die so passgenau gearbeitet waren.

Apropos Montage: Charakteristisch für die Upside-Down Bauweise ist eine fehlende Gabelbrücke. Andere Hersteller lösen dies mit an den Ausfallenden montierte Tauchrohrschützer, welche über den Reifen verlängert und mit einer Gabelbrücke verbunden werden. Cornelius verzichtet aus Gewichtsgründen gänzlich auf einen Tauchrohrschutz. Oft erntet er hierfür Kritik, weil die empfindlichen Tauchrohre an exponierter Position nahe dem Boden arbeiten. Weder ihm, noch seinen Testfahrern ist bei der sturzfreien Benutzung ein Defekt, sprich Kratzer, an den Tauchrohren untergekommen. Bei Stürzen kann es natürlich dazu kommen, dass in den Gleitflächen Kratzer entstehen, wie bei jeder konventionellen Federgabel auch. Cornelius bietet in solchem Fall einen Crash Replacement Service in Höhe von 60,- € pro Tauchrohr an.

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Braucht es immer einen Schutz an den Tauchrohren

Was hat das jetzt mit der Montage zu tun? Aufgrund der fehlenden Verbindung und damit Führung der beiden Gabelrohre, bewegen diese sich unabhängig voneinander in alle Richtungen. Das erschwert den Einbau des Laufrads. Auch wenn Cornelius in der beiliegenden Anleitung großen Aufwand betrieben und eine sehr genaue Einbauerklärung geschrieben hat, brauchten wir den ein oder anderen Versuch, um das Laufrad einzubauen. Im Einsatz ist es dann leicht frustrierend, wenn der Reifen nach einem Platten geflickt ist und der Einbau des Laufrads sich durch die „Frickelei“ hinzieht.

Wir waren sehr gespannt, wie sich die Infinity im Downhill schlägt. Insbesondere hat uns natürlich das Ansprechverhalten und die Steifigkeit interessiert. Unser „Werkstatt-Setup“ sah wie folgt aus: gemäß der Anleitung haben wir pro Kilogramm Körpergewicht 0,9 – 1,0 PSI in die Gabel gefüllt. Bei fahrfertig 98 kg waren dies 89 PSI (98 x 0,9 PSI). Damit erreichten wir ca. 30 % SAG. Die Zugstufe haben wir nach den gängigen Methoden grob eingestellt, erwähnt sein will hier, dass die Zugstufe im Gegensatz zur Druckstufe keine Klick-Rasterung hat. Hier wird in ¼ Umdrehungen gemessen. Mit diesem Setup haben wir im Bikepark Winterberg erste zarte Gehversuche unternommen… zumindest für die ersten Kurven. Bereits im Werkstattsetup fühlt sich die Gabel gut an und zeichnete sich durch ein sehr zartes Ansprechverhalten aus. Auch grobes Korn dämpfte die Gabel bravourös weg, was die anfängliche Zaghaftigkeit verfliegen lies.

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Volle Kanne schon nach wenigen Abfahrten

Die Kennlinie der Infinity verläuft sehr linear und wird zum Ende des Federwegs progressiv. In unserem ersten Setup neigte die Gabel zu Durchschlägen, also haben wir den Luftdruck auf 98 PSI erhöht, was der Empfehlung 1,0 PSI pro Kilogramm Körpergewicht entspricht. Mit nun ca. 25 % SAG wurde die Gabel agiler und Durchschläge wurden vermieden. Bei unserem Testmuster gab es noch nicht die Möglichkeit Token in die Luftkammer einzubauen. Cornelius hat uns aber bereits Prototypenbilder vorstellen können, so dass in den nächsten Revisionen der Gabel auch Token verbaut werden können.

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Kennlinie Infinity – Quelle: Intend BC

Nach ein paar Abfahrten entstand Armpump und die Federgabel schien bei schnell aufeinanderfolgenden Schlägen zu verhärten. Lösen konnten wir dieses Verhalten durch etwas weniger Zugstufendämpfung, wodurch der Federweg schneller wieder freigegeben wurde.

Genau wie bei der Edge kommt auch in der Infinity ein offenes Ölbad mit Bio-Öl als Dämpfungsöl zum Einsatz, welches vergleichbare Eigenschaften wie gewöhnliches Öl hat. Durch das offene Ölbad stellt sich so eine leichte Emulsion ein, also ein fein pasteurisierter Lufteinschluss von wenigen Prozent, wodurch das Öl minimal komprimierbar wird. Dies sorgt dafür, dass sich die Dämpfung nicht so harsch sondern geschmeidig anfühlt, da Kraftspitzen in der Dämpfung sanft abgefangen werden.

In der Tat spürt der Fahrer im Einsatz eine angenehme Dämpfung der Federbewegung, welche bereits durch einen Klick am Einsteller spürbar verändert wird.

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Puristischer Dämpfungseinsteller und 3D gedruckte Luftkammerabdeckung

Generell hat uns die Dämpfungs-Charakteristik sehr gut gefallen, da sie sehr kontrolliert arbeitet. Besonders deutlich wurde dies z.B. an Absprungkanten oder in Kompressionen, wo die Gabel nicht unkontrolliert durch den Federweg rauscht.

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Sackt auch beim Bremsen oder in Anliegern nicht weg

Die Dämpfung hat uns auf jeden Fall überzeugt, wie sieht es mit der Steifigkeit aus? Nein, die Infinity ist nicht so steif wie eine Fox 40. Auch ohne Messinstrumente können wir dies so festhalten. Wir hatten aber weder in Kurven, noch bei Sprüngen oder bei groben Untergrund das Gefühl, dass die Gabel eine zu geringe Steifigkeit aufweist. Präzise konnten wir in Anliegern oder Kurven die Richtung dirigieren und können der Infinity eine gute Spurtreue bescheinigen. Ein gewisser Flex in der Gabel kann auch von Vorteil sein, so geleitet die Gabel den Fahrer im Vergleich zu bocksteifen Gabeln komfortabler durch Steinfelder, da sie sich hier in die vielen verschiedenen Richtungen verwinden kann.

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Hält die Spur auch in groben Steinfeldern

Auch wenn es technisch keinen Einfluss hat möchten wir ein paar Worte über die Optik verlieren. Mit einer Intend Gabel fällt das Bike auf, egal ob mit der Edge auf dem Trail oder der Infinity im Park. Wir wurden sehr oft angesprochen, ob das die Gabel vom Cornelius sei. Die gedrehten Teile spiegeln Maschinenbaukunst vom Feinsten wieder und verleihen den Gabeln einen technisch aussehenden Look.

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Maschinenbaukunst

Fazit
Uns konnte die Intend BC Infinity Federgabel überzeugen. Die einzige Schwäche, wenn wir überhaupt von Schwäche reden können, ist der Einbau des Laufrads. Cornelius hat dieses Feedback bereits aufgenommen und so wie wir ihn kennen gelernt haben, wird er hier in naher Zukunft nachbessern.

Für einen Preis von 1.899,- € erhält der Käufer eine ca. 2.400 Gramm schwere Federgabel, auf technisch hohem Niveau. Für eine innovative Federgabel mit tollen Gimmicks wie dem fehlenden Gabelschaft ein akzeptabler Preis, schließlich handelt es sich bei Intend um eine Kleinserienmanufaktur.

Technisch hat uns die Federgabel durch die hervorragend arbeitende Dämpfung und das sensible Ansprechverhalten sehr begeistert. Abgerundet wird das Produkt durch den guten Service vom Hersteller wie dem kostengünstigen Crash Replacement der Tauchrohre im Defektfall.


Text und Redaktion: Michael Klasen und Robin Krings
Bilder: Michael Klasen
Weitere Informationen: Intend BC

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