Im September lud die Firma KROSS zu einem Pressecamp im tschechischen Trailcenter Pod Smrkem ein. Unsere Redakteure Jakub und Thorsten machten sich auf den weiten Weg, um der polnischen Marke auf den Zahn zu fühlen. Was sie dort mit der in Deutschland eher unbekannten Marke erlebten, könnt ihr in unserem Reisebericht nachlesen. Den beiden haben die Räder so gut gefallen, dass sie noch vor Ort ein KROSS Moon 2.0 einpackten und für einen ausführlichen Einzeltest mit in die Redaktion brachten. Das Moon gibt es in drei Ausstattungsvarianten, wir entschieden uns für die mittlere (2.0).

KROSS MOON 2.0
KROSS MOON 2.0

Vorweg: Auf den ersten Blick waren wir etwas skeptisch, denn während die meisten Enduro Bikes für das Jahr 2017 immer leichter, und zudem meist aus Carbon gefertigt werden, kommt das KROSS Moon komplett aus Aluminium. Ein Gewicht von 14,9 Kg, welches bis vor wenigen Jahren noch Up-to-date war, ließ das Bike im ersten Eindruck nicht gerade als aktives und leichtfüßiges Gefährt erscheinen. Anders stellt sich hier die Geometrie dar, denn ein eher langer Reach von 436 mm und niedriger Stack von 587 mm (bei Größe M) versprechen schon auf dem Datenblatt: Das Ding ist zum schnell fahren gemacht! Der 440 mm Lange Hinterbau mit einem Federweg von 150 mm unterstreicht die Race-Gene zusätzlich.

Wer bei dem Hinterbau an eine Art „Mini-Gambler“ denkt, der hat sich durch die Links und Hebel des Moon täuschen lassen. Während das Scott Gambler bekanntlich ein Eingelenker ist, wurde der Hinterbau des KROSS als VPP (Virtual-Pivot-Point) ausgelegt. Die Firma nennt das ganze „RVS„: Revo Virtual Suspension. Dieses System soll laut Hersteller eine Unabhängigkeit von Kettenzug, Bremsmoment und Federung erzeugen. Beim Setup stellten wir penibel 30 % Sag ein. Warum? Unterhalb des Sagpunktes ist der Hinterbau eher degressiv ausgelegt um ein sehr gutes Ansprechen erhalten, und interne Reibungen durch Lager und Dichtungen (Federung) überwinden zu können. Ab dem Sagpunkt wird der Hinterbau dann zunehmend progressiv um ein Bottomless Feeling mit gutem Durchschlagschutz zu erzeugen. Stellt man den falschen Sag ein ist der Hinterbau nicht etwa zu hart oder weich, sondern kann nicht das Optimum aus der Federung herausholen. Das klingt in der Theorie alles sehr vielversprechend, doch wie verhält sich das KROSS Moon 2.0 auf dem Trail?

Das Heck kann schön entlastet werden
Das Heck kann schön entlastet werden

Nachdem der passende Sag an RockShox Monarch Plus RC3 und Pike RC SoloAir eingestellt ist, nimmt der Fahrer – in unserem Fall mit einer Körpergröße von 1,78 m – gut zentriert im Bike Platz. Dabei fühlt man sich nicht eingezwängt, sondern sportlich tief nach vorne orientiert. Durch diese Sitzposition bekommt man bei Anstiegen genug Druck aufs Vorderrad, sodass erst sehr spät mit einem steigenden Hinterrad zu rechnen ist, wenn es einmal richtig steil wird. Viele Hersteller versprechen, dass ihre Räder beim Pedalieren trotz offener Dämpferplattform nicht wippen. Die Definition dieser Aussage reicht dabei meist von minimaler Bewegung, bis zum gerade noch erträglichen Aufschaukeln der hinteren Federung im Antritt. Anders ist da das KROSS Moon. Wir sind ziemlich erstaunt darüber, dass im sitzen wirklich kein Wippen auftritt. Im Wiegetritt muss man schon arg unrund in die Pedale bolzen, dass der Hinterbau ernsthaft aus der Ruhe gelangt.

Auch im Wiegetritt bleibt der Hinterbau schön ruhig
Auch im Wiegetritt bleibt der Hinterbau schön ruhig

Trotz nahezu keinem Wippen ist der Hinterbau keinesfalls „tot“, denn er nimmt feinfühlig Unebenheiten wie Wurzeln, Steine und Bodenwellen auf. Diese pariert er unaufgeregt und ohne Nachwippen. Die Plattform des Monarch Plus wird in unserem Test lediglich dazu genutzt, in Anstiegen etwas höher im Federweg zu sitzen und damit den effektiven Sitzwinkel steil zu halten. So lässt es sich mit dem Bike auch – dem recht hohen Gewicht zum Trotz – effektiv und angenehm bergauf pedalieren.

Das MOON macht auch bergauf Spaß - dem Gewicht zum Trotze
Das MOON macht auch bergauf Spaß – dem Gewicht zum Trotze

Der Schaltungsmix aus Shimano SLX Schalthebeln, Tretkurbeln und einem XT Schaltwerk funktioniert gewohnt präzise und zuverlässig. Während unser Testbike mit einem 34er Kettenblatt stramme Waden verlangte, kommt es in Serie mit 32 Zähnen. In Kombination mit der 11-42er Kassette, ebenfalls aus der Shimano SLX Gruppe, passt die Übersetzung in den meisten Fällen recht gut. Weniger fitten Fahrern würden wir zu einem 30er Blatt raten. KROSS verwendet ein Pressfit Innenlager.

Lenker und Vorbau kommen aus dem Hause KROSS. Deren schlichtes Erscheinungsbild passt gut zum Moon 2.0. Die Lenkerbreite von 780 mm ist modern, der 50 mm lange Vorbau mit 35er Klemmung absolut passend gewählt. Der Sattel stammt, wie die 30 mm breiten Felgen von WTB. Auch nach einigen harten Einschlägen verzeichnen die Felgen weder Dellen noch sonstige Beschädigungen.

Lenker und Vorbau aus eigener Produktion
Lenker und Vorbau aus eigener Produktion
Der WTB Sattel ist überaus bequem
Der WTB Volt Comp Sattel ist überaus bequem

Wie schlägt sich solch ein Bike nun bergab? Der lange Reach bringt den Fahrer richtig schön in eine zentrale Angriffsposition – wenn man sich darauf einlässt! Wir fanden es sehr leicht uns im Sweetspot zu positionieren und konnten damit super agil auf dem verwinkelten Trail um enge Kurven zirkeln und spielerisch das Heck ausbrechen lassen. Die Schwalbe HansDampf Bereifung ist am Hinterrad durchaus sinnvoll, vorne würden wir jedoch einen Vertreter mit mehr Seitenhalt montieren (passend z.B.: Schwalbe MagicMary).

Auf kurvigen Trails kann man gut Druck machen. Photo by: Piotr Staron
Auf kurvigen Trails kann man gut Druck machen (Foto: Piotr Staron)

Mittels tiefer Lenkzentrale hatten wir dennoch stets massig Grip auf dem Vorderrad und konnten somit mächtig Gas geben. Probiert man das Rad jedoch über das Heck zu fahren, wird man mit eher trägem Lenkverhalten und wenig Grip an der Front bestraft. Die Pike arbeitet gewohnt feinfühlig, sodass man keine große Eingewöhnung brauchte.

Stumpf ist Trumpf - für das KROSS MOON 2.0 kein Problem
Stumpf ist Trumpf – für das KROSS MOON 2.0 kein Problem

Das wahre Sahnestück des KROSS Moon ist jedoch der VPP… verzeihung… RVS Hinterbau. Dieser erfreut den Fahrer mit einer enormen Sensibilität am Federwegsbeginn und gutem Support im mittleren Bereich. Somit lässt sich das Enduro angenehm neutral fahren, versumpft nicht im Federweg und bleibt stets aktiv. Gegen Ende des Dämpferhubes wird die Federkennlinie sehr progressiv, sodass wir bei harten Einschlägen und Bodenwellen zwar den gesamten Federweg öfters genutzt haben, aber keinen harten Durchschlag verspürten. Wir merkten dies lediglich am Gummiring auf dem Dämpferkolben. Mit dieser Auslegung ließ sich das Moon selbstbewusst und ohne große Rücksicht auf Verluste auch gern in härtere Linien steuern.

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Nicht sauber – aber machbar!

Was uns außerdem sehr positiv auffiel ist die Steifigkeit des Rahmens. Diese kennen wir so eigentlich nur von aktuellen Carbon Bikes. Augenscheinlich macht sich beim Moon hier die pure Masse an Aluminium bezahlt. Während übrigens die Hydraulikleitung der RockShox Reverb intern verlegt ist, werden Schaltzug und Bremsleitung am Unterrohr entlang geführt. Dies kommt einem cleanen Bild nicht zugute, aber dafür ist ein Austausch im Defekt ohne Fummelei möglich.

Ausstattung:

Federweg Vorne / Hinten: 160 / 150 mm
Gabel: RockShox Pike RC SoloAir
Dämpfer: RockShox Monarch Plus RC3 200×51 mm
Naben: Modus Naben, VR 15×100 mm, HR Boost
Felgen: WTB STP i29 Felgen, 27.5″, Tubeless Ready
Reifen: Schwalbe HansDampf Performance 27.5″, 2.35″
Schaltwerk: Shimano XT
Shifter: Shimao SLX 1×11
Kassette: Shimano SLX 11/42
Kurbel: Shimano SLX 1-fach, 32er Blatt
Bremse: Sram Guide R
Sattelstütze: RockShox Reverb 150 mm Hub
Lenker: Kross, 780 mm
Vorbau: Kross, 35 mm
Sattel: WTB Volt Comp
Verfügbare Größen: S, M, L
Gewicht: 14,90 Kg

KROSS Moon 2.0 mit RockShox Fahrwerk. (Foto: Piotr Staron)
KROSS Moon 2.0 mit RockShox Fahrwerk. (Foto: Piotr Staron)

Fazit:

Obwohl das KROSS Moon 2.0 nicht das leichteste Bike ist, stellt es sich als sehr aktives und schnelles Enduro heraus, welches auch so bewegt werden möchte. Während sich der Hinterbau bergauf erfreulich antriebsneutral und unauffällig verhält, entfaltet dieser bei der Abfahrt erst sein wahres Potenzial: Schluckfreudig, präzise, steif und mit gutem Support im mittleren Federwegsbereich – dies sind Dinge, die den Fahrer zu einem selbstbewussten und direkten Fahrstil verhelfen. Ein modernes Enduro Bike, auch wenn auf den Werkstoff Carbon durchgehend verzichtet wurde.
Die gewählten Komponenten funktionieren gewohnt gut und sind einem Verkaufspreis von um die 2.699 € durchaus gerecht. Bleibt ein kleines Manko, der Vertrieb: Während das Verkäufernetz im umliegenden Ausland ausgebaut ist, sind KROSS Bikes in Deutschland eher schwer erhältlich. Wir hoffen, dass sich dies ändert und werden die polnische Marke weiter beobachten.

Weitere Infos zu KROSS: http://www.kross.pl/de

Piotr Staron: http://staronphoto.com/

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