Es gibt eine Handvoll Bikes, die auch uns in der Redaktion alles andere als kalt lassen. Bikes, auf die man sich einfach freut, sei es aus rein optischen Gründen, den technischen oder im besten Fall einer Kombination aus beidem. Zu letzterem gehört das Santa Cruz V10 CC, welches nicht nur einen ausgezeichneten Ruf durch das Syndicate Team hat, sondern auch dem Anfänger das Fahren durchaus erleichtern kann. Warum das so ist und was das V10 noch alles zu bieten hat, klärt unser Artikel.

Optik und Komponenten - Top !
Optik und Komponenten – Top !

Eins vorweg, wer im Bikepark lieber anonym bleiben möchte, sollte sich vielleicht kein Santa Cruz V10 kaufen. Bei unseren Testfahrten zog das Bike stets die Aufmerksamkeit auf sich und wir haben kaum eine Liftfahrt verbracht, ohne mit neuen Leuten ins Gespräch zu kommen.

Der in Carbon gefertigte feuchte Traum vieler abfahrtsorientierter Mountainbiker kommt in Gloss Blue & Mint daher. Darüber hinaus haben wir das Bike in der 370 g leichteren CC Variante, mit top Ausstattung (gefehlt haben nur die ENVE Laufräder) getestet. Das V10 ist eines dieser Bikes, welches bereits im Stand den Eindruck von Geschwindigkeit und neuen Möglichkeiten vermittelt.

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Das V10 ist in 2016 neben dem von uns getesteten Bike in Blue Gloss noch in „Gloss White & Red“ und „Black & White“ erhältlich. Die mintfarbenen Akzente durch Decals und Griffe ergänzen die hervorstechende Hauptfarbe des Rahmens. Der auffallende Fox Dämpfer mit oranger SLS Feder wird  durch die schwarzen Lackierungen der Hinterbauumlenkung und der schwarz lackierten Bereiche um die Dämpferaufnahme in das gesamte Farbkonzept des Rahmens eingebettet. Besondere optische Schmankerl bietet der Rahmen dann auch noch durch eingearbeitetes Sichtcarbon am Oberrohr, auf dem auch die Modelbezeichnung „V10 CC“ vermerkt ist.

Es sind die kleinen Details, die dem V10 verdammt gut stehen.
Es sind die kleinen Details, die dem V10 verdammt gut stehen.

Der Rahmen bietet viele technische Details, die einem das Herz höher schlagen lassen. Beispielsweise fügen sich die Federgabelanschläge harmonisch ins obere Rahmendreieck ein und dienen nebenbei als Zugführung. Die Schalt- und Bremszüge werden, entgegen des aktuellen Trends der im Rahmen verlegten Leitungen, beim Santa Cruz V10 nach alter Race-Manie extern verlegt, sodass man im Fall der Fälle schnell die Hinterradbremse, ohne lästiges Entlüften, wechseln kann. Zusätzlich bietet Santa Cruz die Möglichkeit an, die Hauptlager mittels einer handelsüblichen Fettpresse nachzuschmieren. Das alte Fett kann durch spezielle Lagerdichtungen nach außen entweichen und macht Platz für das frische Schmiermittel, dies beugt Verschleiß vor und garantiert dauerhaft das sanfte Ansprechverhalten des VPP Hinterbaus. Die konischen Lager, welche durch ein Steckachsensystem im Rahmen gehalten werden, sorgen neben dem Vollcarbon Rahmen für so viel Steifigkeit, dass sich das Bike wie ein Rasiermesser seinen Weg durch Steinfelder und Wurzelfelder bahnt.

Der VPP Hinterbau ist optisch direkt zu erkennen
Der VPP Hinterbau ist optisch direkt zu erkennen

Die Geometrie des Rahmens ist bekanntlich Renn-orientiert ausgelegt und durch Peaty und Co. Renn-erprobt. Santa Cruz bietet Rahmengrößen in S, M, L, XL, und XXL an.  Der von uns getestete L-Rahmen fällt im Verhältnis recht kurz aus. Mit einem Reach von 423,8 mm und einer 440 mm langen Kettenstrebe ist er handlich und verspielt. Wer jedoch auf lange Hauptrahmen steht, sollte in Betracht ziehen den Rahmen eine Nummer größer als gewohnt zu kaufen. Mit dem XXL Rahmen bietet Santa Cruz dem Kunden die Möglichkeit ein waschechtes Worldcup Bike zu fahren. Hier wurde der Reach auf 475 mm und die Kettenstrebe auf 451 mm verlängert.

Der Dämpfer ist von allen Richtungen gut zugänglich positioniert
Der Dämpfer ist von allen Richtungen gut zugänglich positioniert

An der unteren Dämpferaufnahme ermöglicht ein Flip-Chip das Bike entweder in einer tiefen oder einer hohen Einstellung zu fahren und die Geometrie je nach Streckengegebenheiten und persönlichen Vorlieben anzupassen. Somit lässt sich beispielsweise der Lenkwinkel von 64° auf 63,5° und damit auch das Tretlager von 360 mm auf 353,5 mm absenken.

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1 high 2 Low

Santa Cruz verbaut im V10 von 2016 weiterhin den bewährten VPP Hinterbau mit 216 mm Federweg. Mit einer etwas weniger progressiver ausgelegten Federkennlinie als beim Vorjahresmodell, um die Dämpfungsperformance des Fox DHX 2 über den gesamten Federweg aufrecht zu erhalten, bietet man dem Fahrer eine sehr souveräne Hinterbauperformance. Der Hinterbau mit virtuellem Drehpunkt hat hauptsächlich zwei Vorteile gegenüber anderen Rahmen-Konzepten. Erstens ist er sehr antriebsneutral, da die horizontal eingebrachte Kraft durch den Zug der Kette den Hinterbau quasi mechanisch blockiert. Krafteinflüsse die hingegen von vorne/unten kommen, werden direkt vom Hinterbau angenommen, an den Dämpfer weitergeleitet und weggeschluckt. Weiterhin sorgt die Raderhebungskurve des V10’s dafür, dass das Hinterrad Schlägen nach hinten/oben ausweicht, sich somit die Kettenstrebe verlängert und damit dem Fahrer Zeit verschafft um das Hindernis zu überrollen.

Der gesamte Rahmen, also auch Kettenstrebe und Umlenkung, sind aus Carbon gefertigt. Durch einen optimierten Einsatz des Carbon Fasergewebes und einer Optimierung des Rahmendesigns konnte der Materialeinsatz bei gleicher Steifigkeit deutlich reduziert werden. Das eingesparte Material wurde zum Teil dafür genutzt den Rahmen an kritischen Punkten zu verstärken. So wurde beispielsweise der Hinterbau massiver ausgelegt, womit, als netter Nebeneffekt, der im letzten Model zusätzlich angebrachten Fender zum Schutz des Dämpfers nicht mehr benötigt wird. Der neue Boost Standard sorgt zusätzlich für mehr Steifigkeit am Hinterbau.

Der WTB High Tail sorgt für Kontakt wenn er benötigt wird
Der WTB High Tail sorgt dafür, dass es keinen Kontakt zwischen Reifen und Sattel gibt

Die Ausstattung liest sich bis auf die Laufräder wie das „Who is Who“ der Downhill Parts. Ein Zustand, wie man ihn bei einem Bike für 8.999 € aber auch erwarten kann. Bei den Laufrädern wird nicht auf einen Systemlaufradsatz zurückgegriffen, sondern eine feine Kombination aus stabilen Felgen und leichten Boost kompatiblen Naben zusammengesucht. Santa Cruz kombiniert hier in Zusammenarbeit mit DT Swiss die 240er Naben mit den für alle Schandtaten geeigneten FR 570 Felgen, mit einer inneren Maulweite von 27,5 mm. Die Laufräder werden von Werk mit Schlauch ausgeliefert, können aber problemlos auf tubeless umgerüstet werden, da sämtliches benötigtes Zubehör dafür dem Komplettrad beiliegt.

Die Kraft aus den Beinen bringt man beim V10 ebenfalls über feinstes Carbon, nämlich die Race Face SIXC Kurbel mit 165 mm Kurbelarmlänge und den SRAM X01 DH 7-Speed auf die Straße. Für den Downhill-Einsatz die perfekte Kombination aus Gewicht, Schaltperformance und Style. Normalerweise wird das Santa Cruz mit dem hauseigenen Carbon Lenker ausgeliefert. Unser Bike war mit dem Race Face SIXC Lenker ausgestattet. Obwohl dieser natürlich sehr gut zur Kurbel passt und uns auch vom Backsweep und der Kröpfung gefallen hat, waren wir doch am Konkurrenzprodukt aus dem Hause Santa Cruz interessiert. Verzögert wird mit der SRAM Guide RSC, die während unseres Tests gute Arbeit verrichtet hat. Nur am Ende eines langen Tages im Bikepark, beim starken Bremsen auf Bremswellen aus voller Fahrt haben wir den Bremspunkt zum Wandern gebracht. Da dieser aber stets nach außen gewandert und nicht verschwunden ist, sind wir dadurch in keine brenzligen Situationen geraten.

Mit absoluter Präzision geht das V10 in die Anlieger
Mit absoluter Präzision geht das V10 in die Anlieger

Im Grunde ist das Santa Cruz wie ein Custom Bike aufgebaut. Schaltung aus dem Hause SRAM, Fahrwerk von Fox, Cockpit und Kurbel von Race Face. Das macht aber auch den Scharm dieses Santa Cruz V10 aus. Um den Custom Bike Look abzurunden, hätten wir lediglich eine andere Bremse gewählt. Wir sind der Meinung, dass eine Magura MT7 oder eine Hope V4 das Bild des ansonsten traumhaft ausgestatteten Bikes nicht nur optisch abgerundet hätte, sondern auch der Bremsperformance im Grenzbereich gut gestanden hätte.

Steinfelder ob klein oder groß werden zum schnellen Spaß
Steinfelder ob klein oder groß werden zum schnellen Spaß

Der VPP Hinterbau des V10 hat ein unglaublich sanftes Ansprechverhalten. Selbst im Auslieferungszustand saugt sich der Hinterbau förmlich am Boden fest. Das super softe Ansprechverhalten des Hinterbaus ist jedoch fast etwas gewöhnungsbedürftig. Beim ersten Aufsitzen hatten wir das Gefühl auf einem Bike mit zu weich eingestelltem Heck zu sitzen. Nachdem wir uns aber versichert hatten, dass der SAG bei den normalen 30% liegt und wir genügend Druckstufe eingestellt hatten, sind wir ab auf die Strecke und haben uns von der ganzen Performance des Hinterbaus überzeugen lassen. Nach den ersten Abfahrten haben wir das Fahrwerk  zu schätzen gelernt. Man gewinnt sehr schnell Vertrauen auf dem Santa Cruz V10 und muss aufpassen, dass man sein eigenes Fahrkönnen nicht überschätzt, denn stürzen kann man bekanntlich mit jedem Bike. Es ist einfach eine Sicherheit, die dem Fahrer durch das V10 vermittelt wird, die in unseren Augen dafür sorgen kann, dass man eben auch als Anfänger schnell Fortschritte machen kann. Das Fahrwerk schluckt so ziemlich alles an Wurzeln und Steinen weg, was sich einem in den Weg stellt. Kleinere Schläge gibt es nur minimal oder gar nicht an den Fahrer weiter und auch bei härteren Landungen bleiben dem V10 genügend Reserven, um spurtreu durch heftige Passagen zu fahren.

Und bei Bedarf lässt sich das V10 im Tieflug über die Tables bewegen
Und bei Bedarf lässt sich das V10 im Tieflug über die Tables bewegen

An der Front arbeitet die Fox 40 Factory zuverlässig und wird hervorragend durch den DHX 2 am Heck ergänzt. Beide Federelemente harmonieren ausgezeichnet, schlucken kleine Unebenheiten mit einer Leichtigkeit weg, sacken bei Stufen oder schnellen Anliegern aber nicht durch. Hier verrichtet die Low-Speed Druckstufe der Federelemente einfach überragende Arbeit. Aber nicht umsonst gilt das Fox Fahrwerk als absolutes Referenzprodukt in unserer Redaktion.

Richtig wohl haben wir uns auf schnellen Downhillstrecken gefühlt, da das V10 hier absolut in seinem Element war. Hier kann der Hinterbau des V10’s seine Stärken hervorragen ausspielen. Auf Strecken mir engeren Kurven und Anliegern brauchten wir, trotz des recht kurzen Reach und der hohen Rahmeneinstellung, ein wenig mehr Energie, um das Bike in die richtige Richtung zu manövrieren. Aber auch das hat sich nach einiger Zeit eingeschliffen und war kaum mehr spürbar. Unter dem Strich gilt, je härter und schneller man das V10 auf der Strecke bewegt, umso einfacher scheint es seinen Fahrer über die Hindernisse zu befördern. Grund genug sich immer vor Augen zu halten, dass Fahrfehler in diesen Regionen schmerzhaft bestraft werden können, denn auch mit einem V10 kann man wunderbar aus dem Anlieger fliegen, wenn man es übertreibt.

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Fazit:

Sehr teuer, sehr schnell, umwerfend schön und (fast) tadellos ausgestattet. So könnte man das Santa Cruz V10 einfach beschreiben. Wer die knapp 9.000 Euro investiert, der erhält ein Bike, welches mit seiner Performance auf der Strecke Maßstäbe setzt. Optimieren würden wir wohl nur die Bremse, das aber auch nur, um im Grenzbereich das kleine Etwas mehr Bremsperformance zu haben. Wir sind uns sicher, dass viele andere Fahrer mit der Guide RSC bestens bedient sind. Trifft man die Entscheidung für ein V10 ist allerdings eines absolut klar: das Material ist definitiv nicht mehr der limitierende Faktor. Es ist eines dieser wenigen Bikes, mit denen sich andere messen müssen, denn der sehr gute Ruf des V10 kommt nicht von ungefähr.

 

4 Kommentare

  1. Ist zwar gut dreieinhalb Jahre alt der Test, aber mich interessiert denoch wie groß der Testfahrer war. Rahmengröße L geht laut Herstellerempfehlung bis zu einer Körpergröße von 180 cm. Laut Hersteller wird bei einem Fahrergewicht von 85 kg eine 525er Feder empfohlen. Da frag ich mich wir ihr in eurem Test bei 85 kg in Verbindung mit einer 450er Feder auf 30% Negativfederweg kommt?! Würde mich über eine Rückmeldung freuen.

    • Hi, Moritz ist knapp 1,85m und wir lagen damals soweit ich weiß knapp unter 30% SAG. Die Federhärte die wir angegeben haben stimmt so auch, warum SC offiziell eine 525er angibt wissen wir nicht. Die Empfehlungen sind übrigens grundsätzlich auch einfach nur Empfehlungen. Ich persönlich fahre lieber L, obwohl ich mit 1,75 n nahezu immer bei M einsortiert werde. Moritz würde primär XL fahren, das Testbike war damals aber eben auch nur in L verfügbar. Ich hoffe ich konnte dir soweit helfen.

      Beste Grüße, Patrick

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